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Sich fügen, heißt Lügen..

Unserer mehrteiligen Reihe über den Anarchisten, Schriftsteller, Bohemien, Revolutionär, Initiator und Mitglied der Münchner Räterepublik Erich Mühsam kann eine weitere Sendung hinzugefügt werden: Das Hamburger Duo „Sokugayu“ hat Mühsam vertont und wurde (2007) von Sylvia Necker (FSK Hamburg) interviewt. Hier der Link zur Sendung.

In Erinnerung an Hunter S. Thompson

Vor wenigen Tagen, am 20. Februar, jährte sich der Todestag von Hunter S. Thompson zum zehnten mal. In Deutschland ist er vor allem durch den Roman „Fear and Loathing in Las Vegas“ und dessen Verfilmung von Terry Gilliam bekannt geworden. Dabei lohnt es sich doch vor allem sich auch das journalistische Werk des Begründers des Gonzo-Journalismus zu vergegenwärtigen. Thompson hat bewiesen, dass es möglich ist, über politisches Tagesgeschehen oder gar über Sportereignisse zu schreiben und dabei gleichzeitig radikal, treffsicher, feindselig, witzig und unterhaltsam zu sein. Die heutigen linken Schreiberlinge könnten sich mal etwas davon abschauen. Aus diesem Grund dokumentieren wir zwei Beiträge, die an Hunter S. Thompson erinnern.

1.) The Crazy Never Die

Im Jahr 2011 hat Deutschlandradio Kultur eine Lange Nacht über Hunter S. Thompson gesendet. Das rund dreistündige Feature von Tom Noga ist ein ausführliches Portrait von Thompson, das die verschiedenen Phasen des Schriftstellers durchgeht und dabei die Hoffnungen und Wirren der 60’er Jahre und ihrer Nachwehen eindrücklich hörbar macht. Es sind zahlreiche O-Töne zu hören, sowie Interviews mit Thompson und mit einigen seiner Freunde und Zeitgenossen. Das Ganze ist mit zahlreichen Auszügen aus Thompsons eigenen Texten illustriert und mit 60’er-Jahre-Musik unterlegt.

    Download: via NDR | via Mediafire (mp3; 197.4 MB; 2:48:15 h)

2.) 10. Todestag: Gonzo-Erfinder Hunter S. Thompson

Ein kürzeres Feature wurde anlässlich des 10. Todestages von Hunter S. Thompson auf Radio RaBe gesendet. Das Feature enthält mehrere Interview-Auszüge, es geht um den Gonzo-Journalismus, um Thompsons Wahlkampf für Freak Power und vor allem wird ein Fokus auf seine politische Betätigung gelegt. Im Feature wird auch deutlich, dass Thompson gegen Ende seines Lebens zu Verschwörungstheorien neigte und die Sicherheit im politischen Urteil eher verlor (etwa beim Vergleich George W. Bushs mit Hitler) … – was auch für antideutsche Ideologiekritiker kein Grund sein sollte, die frühen Texte von Hunter S. Thompson zu verschmähen (schließlich war Thompson immer auf der Suche nach dem american dream).

Am 20. Februar 2015 jährt sich der Todestag von Hunter S. Thompson, U.S. amerikanischer Schriftsteller und Journalist. Vor zehn Jahren erschoss er sich 67-jährig in seinem Haus in der Nähe von Aspen, Colorado. Berühmt wurde er für seinen verfilmten Reportage-Roman „Fear and Loathing in Las Vegas“. Mit seiner kritischen Politikberichterstattung half er unter anderem mit, das legendäre Magazin „Rolling Stone“ zu etablieren. Zudem wird ihm hoch angerechnet, dass er es mit seinem von ihm erfundenen Gonzo-Stil geschafft hatte, die Grenze zwischen Journalismus und Literatur zu verwischen. Eine Hommage an Hunter S. Thomspon von Michael Spahr. [via]

    Download: via FRN (mp3; 30 MB; 13:04 MB)

Utopie und Kritik

Wir dokumentieren drei Beiträge, die sich auf verschiedene Weise mit dem Verhältnis von utopischem Denken und Gesellschaftskritik auseinandergesetzt haben:

1.) Utopie – Zwischen Bilderverbot und Möglichkeitssinn

Alexander Neupert (Mitglied bei der Initiative zur Förderung gesellschaftskritischer Inhalte und Bildungsreferent bei den Trierer Falken) hat am 18.06.2014 auf Einladung der Erfurter Falken einen wissenschaftlichen Vortrag über Utopien gehalten. Er hat zunächst verschiedene Utopie-Typen kategorisiert und die Beziehung von Marx und Engels zum Frühsozialismus etwas beleuchtet, um dann zentral über „politische Utopien“ zu sprechen, wofür er vor allem einige Thesen von Gustav Landauer dargelegt hat. Ein wichtiger Part seines Vortrags handelte außerdem von der Utopie-Debatte im frühen 20. Jahrhundert, die von einigen kritischen Wissenschaftlern geführt wurde – unter anderem von Ernst Bloch, Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Karl Mannheim (er verweist auch auf das Radiogespräch zwischen Bloch und Adorno). Zuletzt klopft er einige aktuelle politische Motive auf ihren utopischen Gehalt ab und gibt einen Vorschlag, wie das Verhältnis von Utopie und Kritik zu fassen wäre.

Linke Utopiedebatten, wie sie in Krisenzeiten aufleben, sind eine Geschichte voller Mißverständnisse. Zunächst gilt es zu unterscheiden, worüber eigentlich zu reden ist: Zukunftsromane? Siedlungspläne? Das Prinzip Hoffnung? Die Unterscheidung von literarischen, frühsozialistischen und politischen Utopien ist daher grundlegend und macht den einführenden Teil dieses Vortrags aus.

Wird Utopie nicht als ausgefeilter Gesellschaftsentwurf verstanden, sondern als utopisches Bewusstsein, so ist die Frage nach dem Verhältnis zu kritischem Bewusstsein zentral. Seit Marx führen radikale Linke gegen Utopie ins Feld, dass nicht subjektive Vorstellungen eines Besseren, sondern die Auseinandersetzung mit den objektiv bestehenden Verhältnissen das Geschäft der Kritik ist.

So betont z.B. Theodor W. Adorno, Utopie stecke “wesentlich in der bestimmten Negation”, also in der Kritik des Bestehenden, da positive Aussagen über das ganz Andere nicht möglich sind. Andererseits nennt er als Aufgabe von Utopie heute, “daß man konkret sagen würde, was bei dem gegenwärtigen Stand der Produktivkräfte der Menschheit möglich wäre”.

Utopisches Bewusstsein im Sinne kritischer Negation zeichnet sich durch sein Verhältnis zur Gegenwart aus: Auch ohne den Aufbauplan einer neuen Gesellschaft bleibt die utopische Intention auf Veränderung wichtig. Gegen das Auspinseln abstrakter Utopien steht die skizzenhafte Konkretion vorhandener Möglichkeiten. Utopien zeigen Optionen auf und dienen der Motivation.

Eine kritische Debatte um Utopie kann also nicht bei entweder Utopieverzicht oder Utopiebegeisterung stehenbleiben, sondern hat zu unterscheiden: Was sind Funktionen utopischer Denkfiguren, die für den Kampf um Emanzipation unverzichtbar sind? Über diese Frage und mögliche Antworten wird an diesem Abend vorgetragen und beraten.

Es spricht Dr. phil. Alexander Neupert. Er lehrte von 2010 bis 2013 politische Philosophie an der Universität Osnabrück und ist seit 2014 Bildungsreferent der Falken in Trier. 2013 erschien sein Buch “Staatsfetischismus”, 2015 folgt der Band “Utopie” im Schmetterlingsverlag. [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 85.7 MB; 1:33:34 h)

2.) Utopien und Dystopien in der neueren deutschen Literatur

Das Bildungskollektiv Erfurt hat im Juni und Juli 2014 eine Veranstaltungsreihe über Utopien und Dystopien in aktuellen Kontexten organisiert. Bernd Löffler (BiKo) hat in diesem Rahmen einen Vortrag gehalten, in dem er Utopien und Dystopien in der neueren deutschsprachigen Literatur untersucht hat. Nach einer Einleitung über die Abwesenheit der Utopie und den Trend zum Dystopischen in der Literatur stellt er mehrere utopische bzw. dystopische Romane vor – von Reinhard Jirgl („Nichts von euch auf Erden„), Dietmar Dath („Feldeváye – Roman der letzten Künste„) und Volker Braun („Die Werkzeugmacher„, „Die hellen Haufen„). Bernd Löffler nimmt auch mehrmals Bezug auf das Hegel-Essay von Peter Bürger, das hier dokumentiert ist.

Utopische Literatur gehört seit langem zum Ensemble lite­rarischer Gattungen. Dabei wechselten sich mehrfach uto­pische und dystopische Ansätze ab. Erinnert sei an »Planet der Habenichtse«, »1984«, »Schöne neue Welt« und viele Beispiele mehr. In letzter Zeit häufen sich im deutschspra­chigen Raum jedoch vor allem dystopische Ansätze. Warum dies so ist und welche utopischen Bücher dagegen halten, soll an diesem Abend vorgestellt und diskutiert werden.

    Download: via AArchiv (mp3; 57:03 min; 52.2 MB)

3.) Kann Hoffnung enttäuscht werden?

Wir dokumentieren die Antrittsvorlesung von Ernst Bloch, die er am 17.11.1961 an der Universität Tübingen gehalten hat. Dort hatte Bloch eine Gastprofessur angenommen, nachdem er in der DDR aus politischen Gründen emeritiert worden war und in die BRD übergesiedelt ist. In der Vorlesung gibt er einerseits einen Überblick über das Vorhaben der Vorlesungsreihe. Andererseits nimmt er die Frage „Kann Hoffnung enttäuscht werden?“ zum Ausgangspunkt, um eine kritische Bestimmung des Begriffs der Hoffnung zu unternehmen – wobei er fundierte, kundige Hoffnung von bloßer Zuversicht oder Schwärmerei unterschieden wissen will. Enttäuschung hingegen ist ein Moment fundierter Hoffnung, indem sie diese mit der Objektivität bekannt und dadurch klug macht. Die Begriffe „konkrete Hoffnung“ und „konkrete Utopie“ korrelieren miteinander in den Ausführungen Blochs.

    Download: via Mediafire (mp3; 22,5 MB; 24:35 min)

„Voller Entsetzen, aber nicht verzweifelt“. Über Mihail Sebastian

Wie in allen großen Werken der Literatur erzeugt Sebastians Tagebuch eine eigene Aktualität. Es heute, mehr als ein halbes Jahrhundert nach seiner Entstehung, zu entdecken und zu lesen, ist ein erschütterndes und überwältigendes Erlebnis.“ (Claude Lanzmann)

Nach einigen Sammelbeiträgen veröffentlicht das Audioarchiv mal wieder eine einzelne Radiosendung. Es handelt sich um eine ältere Aufzeichung vom FSK aus Hamburg, die das Leben und Werk vom rumänischen Victor Klemperer, Mihail Sebastian, thematisiert. Melanie Baer (Redaktion „Bühnenworte„), Jorinde Reznikoff and Klaus-Peter Flügel (neopostdadasurrealpunkshow) sprachen aus Anlass einer szenischen Lesung im Jahr 2010 im Politbüro mit Berthold Brunner und Thomas Ebermann. Auszüge der Lesung sind in der Sendung zu hören.

Aus der Ankündigung der Lesung mit Ebermann und Robert Stadlober:

Die erst vor wenigen Jahren veröffentlichten Tagebücher von Mihail Sebastian erhielten begeisterte Kritiken u.a. von Philip Roth, Arthur Miller und Claude Lanzmann. Robert Stadlober, Thomas Ebermann und Berthold Brunner haben eine szenische Lesung aus den Tagebüchern erstellt. Sebastian schildert eindrucksvoll die politischen Verhältnisse der 30er und 40er Jahre in Rumänien. Als Literaturkritiker, Autor und Übersetzer in der KünstlerInnenszene von Bukarest erlebt er die Zuspitzung der antisemitischen Propaganda und den Terror der faschistischen »Eisernen Garde«. Einige seiner engen FreundInnen werden zu überzeugten AnhängerInnen des Faschismus.

Mihail Sebastian beschreibt die sich steigernden antisemitischen Maßnahmen der Regierung des Marschalls Antonescu minutiös, von der Erhöhung der Mieten für Jüdinnen und Juden und der Beschlagnahme seiner geliebten Ski und des Radiogeräts, bis zu den Razzien und Deportationen. Die Tagebücher bieten einen Blick in den Alltag aus Diskriminierung und Furcht, aber auch in Momente der Hoffnung und literarischer Leidenschaft.

»Mihail Sebastian war ein junger Mann im Aufstieg, ein 28-jähriger rumänischer Jude, dessen Talent ihm von der Provinz in die besten Künstlerkreise Bukarests getragen hatte. Er schrieb Romane und Essays. Er schriebt Stücke. Er trank Champagner in Cafés und kostete jeden fiebernden Moment seiner Liebesaffairen voll aus. Er füllte umfangreiche Tagebücher mit ungestümen Urteilen und genauen Beobachtungen. (…). Er ist beides, idealistisch und ehrgeizig. Er versucht manchmal den Zyniker zu spielen, doch seine intellektuellen Skrupel hindern ihn daran. Die besten Tagebücher verbergen nicht die Risse und Abbrüche in unseren Leben. Sie verstecken nicht unsere Beteiligung an dem, das nach dem Urteil der Geschichte Engstirnigkeit und Egoismus genannt wird. Sebastian macht sich Sorgen: Was ist mit meiner Karriere? Meiner abflauenden Liebesaffaire? Ist es richtig, das Schicksals meines Theaterstücks zu betrauern, während Europa beinahe zusammenbricht?

Sebastian zeigt uns, wie das Unbedeutende und das Gewichtige sich mischen. Die Politik kappt nicht so schnell die alten Verbindungen. Der Krieg löscht den Egoismus nicht aus. Seine Ehrlichkeit gehört zu den stärksten Aspekten, die am meisten berühren. Wieder und wieder weigert er sich, seine Reaktionen vereinfacht abzubilden: So edle Motive vorzuschieben, wo er ehrgeizig ist, oder edlen Zorn, wo er sicher ist, all dem Verrat und den entsetzlichen Behandlungen wirklich entgegentreten zu können.« (New York Times)

    Download: via AArchiv (mp3; 87.2 MB; 54:25 min)

Je me souviens. Über Georges Perec

Georges Perec war Mitbegründer der Gruppe Oulipo, der Werkstatt für potentielle Literatur, einem Zusammenschluss von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die mit sprachlichen Formen experimentieren und sich selbst willkürliche Regeln auferlegen. In seinem Roman La Disparation verzichtete Perec etwa ganz auf den Buchstaben E. Eine Sendung des FSK macht sich auf die Suche nach den Spuren der Geschichte in Perecs Werk und den Spuren, die er selbst hinterlassen hat. Dabei wird ein Feature und ein Ausschnitt aus dem sogenannten Kostprobenabend der Vers- und Kaderschmiede des Hamburger Polittbüros dokumentiert.

    Download: via AArchiv (mp3)

Ausgehtipp: Im Frühjahr 2014 wird das Hamburger Polittbüro eine szenische Lesung aus Georges Perecs Werk auf die Bühne bringen.

Literaturtipps: Judith Heckel/Olaf Kistenmacher: Im Labyrinth der Wörter. Das Leben und Werk des französischen Schriftstellers Georges Perec und Philipp Böhm: Topographie einer versehrten Welt.

Filmtipp: Im Jahr 1973 verfilmte Perec gemeinsam mit dem Regisseur Bernard Queysanne sein Buch Ein Mann der schläft.

Hysterie

Der Wahnsinn des Weibes – oder: Sternstunden patriarchaler Wissenschaft

Das Krankheitsbild der Hysterie und seine Geschichte geben ein eindrückliches Beispiel von den sexistischen Gehalten männlich dominierter Wissenschaft, wurde der Hysterie und somit der Gebärmutter doch alles zugeschlagen, was am »Weib« vermeintlich unerklärlich und/oder krankhaft war. Die folgenden Beiträge aus dem Öffentlich-Rechtlichen zeichnen die Geschichte der Hysterie mit unterschiedlichen Schwerpunkten nach.

1. Die wandernde Gebärmutter – Eine Kulturgeschichte der Hysterie (2012)

Diesmal führt die Reise von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, immer auf den Spuren eines medizinischen Irrglaubens – in die Welt gesetzt von Männern, zu Lasten der Frauen.

Download: via br.de (0:24 h, 21 MB)

2. Hysterie – Die Geschichte eines Krankheitsbildes (2012)

„Die Gebärmutter ist ein Tier, das glühend nach Kindern verlangt. Bleibt es lange Zeit unfruchtbar, so erzürnt es sich und erzeugt allerlei Krankheiten!“ So heißt es bei Platon. Vom griechischen Wort für Gebärmutter ist die Bezeichnung Hysterie abgeleitet. Die Hysterieforschung brachte Freuds Psychoanalyse hervor. Autorin: Ulrike Rückert

Download: br.de (0:11 h, 9 MB)

3. Theatrum Hystericum. Der Siegeszug/kurze Glanz eines Nervenleidens (2013) Hörenswert

Das SWR2-Feature von Christine Wunnicke legt den Schwerpunkt auf das fin de siècle, eine Zeit, in der die Hysterie eine Art kulturellen Hype erlebte und regelrecht zur Kunstform avancierte. Sehr schön gestaltet und hörenswert!

In den 1880er-Jahren öffnete die neurologische Abteilung des Hôpital de la Salpêtrière in Paris ihre Pforten für die Öffentlichkeit: Jeden Dienstag führten die hauseigenen Hysterikerinnen vor Publikum ihr ansehnliches Leiden vor. Professor Charcot erklärte; Dr. Tourette assistierte; Dr. Duchenne elektrisierte und nahm Lichtbilder auf. In hypnotischen Tableaus inszenierte man die Krankheit der Epoche. Sie konnte jeden ereilen; neuerdings auch Männer. Die Hysterie, eben noch mit rustikalen Theorien über wandernde Gebärmütter assoziiert, wurde plötzlich zur Befindlichkeit à la mode, zur Muse der Künste, zum Schatten der Belle Époque.

Download: via swr.de (0:54 h, 75 MB)

»Sehr, sehr unviktorianisch«

Beiträge über Virginia Woolf

Wer sich mit feministischer Theorie und der Geschichte des Feminismus auseinandersetzt, wird um eine Autorin nicht herumkommen: Virginia Woolf. In einem ihrer bekanntesten Texte, dem Essay »A Room of one’s own«, fordert sie – so sehr ihr Horizont ein bürgerlicher bleibt – auf bezwingend materialistische Weise, dass Frauen, wenn sie literarisch produktiv sein wollen, zum einen ein eigenes Zimmer haben müssen, in dem sie von allen reproduktiven Ansprüchen unbehelligt bleiben können und zum anderen über eigenes Geld verfügen können müssen. Gleichwohl ist ihr Wirken nicht auf den politischen oder literarischen Feminismus zu reduzieren – ihre Romane und Erzählungen haben stilbildend den inneren Monolog in der modernen englischen Literatur zur Anerkennung gebracht und stehen in Erzählkunst und Wagnis einem Marcel Proust oder James Joyce in nichts nach. Wir machen im Folgenden auf vier Beiträge zu Werk und Leben von Virginia Woolf aufmerksam:

1. »Sehr, sehr unviktorianisch« – Virginia Woolf – Pionierin der literarischen Moderne

Erst kürzlich ist im Hörspiel-Pool des Bayrischen Rundfunks ein biographisches Feature über Virginia Woolf erschienen. Der Erzählung ihres Lebensweges sind, neben Zeugnissen ihrer Zeitgenossen, zahlreiche Ausschnitte aus ihren Werken beigegeben. [Call: Die Datei auf dem Server von BR2 ist über weite Strecken hin beschädigt – wenn jemand im Besitz einer nichtbeschädigten Version ist – her damit!]

Bereits mit ihrem ersten Roman „Die Fahrt hinaus“ (The Voyage Out, 1915) setzte sich Virginia Woolf über die literarischen Konventionen ihrer Zeit hinweg und veranlasste ihren Freund, den Schriftsteller Lytton Strachey, zu dem Ausruf: „Oh, es ist sehr, sehr unviktorianisch!“ Das könnte als Motto über dem Leben von Virginia Woolf stehen, aber nur als eines von vielen, denn ihr Werk als Schriftstellerin und Biographin, als Essayistin, Literaturkritikerin und Verlegerin war vielschichtig und facettenreich. Virginia Woolf wurde 1882 als Tochter eines angesehenen Intellektuellen und einer viktorianischen Dame der gehobenen Mittelklasse geboren. Schulbildung für Mädchen lehnte ihre Mutter ebenso ab wie Studium, Beruf und Wahlrecht für Frauen. Sich von dieser viktorianischen Knebelung zu befreien, war eines der Ziele von Virginia Woolfs Schreiben. Sie begann ihre Laufbahn mit literarischen Rezensionen, dann folgten Prosawerke und zahlreiche Essays. Sie machte sich auf, den Roman zu revolutionieren, und die Gattung der Biographie gleich mit. Keine klar strukturierten Handlungsverläufe, keine deutliche Personencharakterisierung, keine allwissende Erzählstimme. Stattdessen tauchte sie ein in die Innenwelten ihrer Figuren, erzählte fragmentarisch von ganz normalen Ereignissen an ganz normalen Tagen. In wunderschön komponierter rhythmischer Sprache, in poetischen Bildern und Metaphern, mit Witz, Ironie und mit Wut auf den Militarismus und den Krieg, das patriarchale System und die Unterdrückung von Frauen. Zwischen 1922 und 1931, der produktivsten Zeit in ihrem Leben, veröffentlichte Woolf fünf experimentelle Werke: die Romane Jacobs Zimmer (Jacob’s Room), Mrs. Dalloway (Mrs. Dalloway), Zum Leuchtturm (To the Lighthouse), Die Wellen (The Waves), die fiktive Biographie Orlando. Daneben zahlreiche Essays, darunter den wegweisenden Ein Zimmer für sich allein (A Room of One’s One). Mit diesen Werken wurde sie zur angesehenen Schriftstellerin und zur bedeutendsten englischen Autorin der Moderne. Virginia Woolf erlebte in jungen Jahren den sexuellen Missbrauch durch ihre Halbbrüder und den Tod ihrer engsten Familienangehörigen. Zu diesen belastenden Erfahrungen kam der Ausbruch einer psychischen Krankheit, unter der sie ein Leben lang litt. Als sie 1941 befürchten musste, wahnsinnig zu werden, nahm sie sich am 28. März 1941 das Leben. / Realisation: Mira Alexandra Schnoor / BR 2013

    Hören: via BR | Download via BR2

2. »Ein eigenes Zimmer«

In der BR2-Mediathek steht außerdem ein weiteres, etwas kürzeres, aber ebenfalls hörenswertes biografisches Feature zur Verfügung, in dem einige literarische Motivie Woolfs beleuchtet werden.

Zu Ende des 19. Jahrhunderts in die Ober-und Bildungsschicht des spätviktorianischen Londons hineingeboren, begann sie früh, sich schreibend mit der Innen- und Außenwelt zu befassen. Traditionelle Erzähltechniken aufbrechend, wurde Woolf zur wichtigsten Vertreterin der literarischen Moderne. Die „Bloomsbury Group“, ein Kreis Kreativer, gilt als Inbegriff kreativer Lebens- und Arbeitsform. Trotz ihrer körperlichen und psychischen Labilität arbeitete Virginia Woolf mit großer Intensität an ihrem Werk. Die Abwendung von patriarchalen Werten, die Selbstreflexion und Betonung der weiblichen Sicht, machten sie zur Gallionsfigur der Frauenbewegung und zum Vorbild weiblicher Selbstentfaltung unter erschwerten Bedingungen.

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3. Jacobs Zimmer

Beim Bayrischen Rundfunk werden meines Erachtens zur Zeit einige der besten zeitgenössischen Hörspiele produziert – im letzten Jahr wurde dort der Roman Jacobs Zimmer von Virginia Woolf als Hörspiel in vier Teilen gesendet. Der Roman ist eine Charakterstudie an dem Protagonisten Jacob Flanders, wobei dessen innere Vorgänge permanent mit den Eindrücken kontrastiert werden, die andere Personen um ihn herum von ihm haben. Thema ist die Sinnlosigkeit und das Scheitern eines Lebens kurz vor und im Zuge des ersten Weltkriegs.

Eine Schriftstellerin um die Vierzig im Prozess, ihren scharfen Blick auf die Welt, deren Politik und innere Mechanik in erfahrungsnaher Literatur darzustellen. Eine untergehende Gesellschaftsform im England der (Vor-)Kriegszeit und ein junger Mann, der im Ersten Weltkrieg stirbt, noch bevor er seine Persönlichkeit voll entfalten konnte. Virginia Woolf, ihr Gegenstand und der Wunsch nach einem neuen, unmittelbaren Ausdruck: Das sind die äußeren Koordinaten des Romans Jacobs Zimmer, der 1922 erschien und ein wenig bekanntes Meisterwerk der Moderne ist.

Aus der inneren Logik des Romans entsteht eine faszinierende literarische Erfahrung, eine multisensorische Folge von atmosphärischen Ausschnitten, kurzen Einblicken, vielstimmigen Einschätzungen, die lose chronologisch aneinandergereiht sind. Wir begegnen Jacob als Kleinkind am Strand, erhaschen Eindrücke aus seiner Schulzeit, seinem Studentenleben in Cambridge, sehen ihn durchs nächtliche London zu einer Geliebten gehen oder nach Griechenland reisen. Das Unerhörte daran: Jacob selbst spricht nie und genau das war Virginia Woolfs Schlag gegen die viktorianische Erzählkonvention, in der sie sozialisiert wurde, und deren autoritäre Vorgaben sie zeitlebens angriff. Ihre gelungene Romanerfindung arbeitet erstmals mit einer Art fotografischer Schnitttechnik und zeigt, dass Jacob durchaus da ist: heraufbeschworen, nicht aus der Aufzählung von charakterbestimmenden Fakten und gedrechselten Sätzen eines allwissenden Erzählers, sondern auf geisterhafte Weise in Facetten gespiegelt: in den Blicken, Gedanken- und Gesprächsfetzen seiner Umgebung. Es ist, als blättere man mit angehaltenem Atem durch das Fotoalbum eines Fremden.

So stehen wir heutzutage im Leben, meinte Woolf, so erfahren wir die Welt: Wir gleiten durch eine Abfolge von symbolischen Räumen, durch sprechende Atmosphären, angerissene Szenen und Gesprächsfetzen, und wenn wir sie lesen lernen, verstehen wir vielleicht ein bisschen besser, wer wir sind.

Virginia Woolf ist bekannt für ihre schonungslose Selbstkritik, doch mit Jacobs Zimmer, das die Reihe ihrer berühmten Romanexperimente einleitete, war sie durchaus zufrieden: „Ich habe keinen Zweifel mehr, dass ich (mit 40!) herausgefunden habe, wie ich die Dinge in meiner eigenen Stimme ausdrücken kann“, notierte sie beim Erscheinen des Romans in ihr Tagebuch.

    Hören: via BR2 | Download: Teil 1; Teil 2; Teil 3; Teil 4 (via BR2)

4. Orlando

Orlando ist meines Erachtens einer der lesenswertesten Romane Woolfs, der vielleicht auch leichter zugänglicher ist, als viele andere ihrer Romane. Der Roman erzählt die Lebensgeschichte eines adeligen Jünglings, die sich über vier Jahrhunderte erstreckt und innerhalb derer sich auf rätselhafte Weise eine Geschlechtsumwandlung des Protagonisten vollzieht. Das Hörspiel wird auf Bayern 2 ab dem 14.07.2013 um 15:00 Uhr in insgesamt sechs Teilen ausgestrahlt.

„Ich will die Biographie über Nacht revolutionieren!“ notierte sich Virginia Woolf spät im Jahr 1927 euphorisch ins Tagebuch und der Funke war gezündet. Begeistert stürzte sie sich in das „Projekt Orlando“, das zum „Rückgrad ihres Herbstes“ wurde, ein Buch, das sie leichthändig „vor dem Abendessen schreiben“ konnte. Es machte ihr unendlich viel Spaß! Den Lesern übrigens auch, wie die Verkaufszahlen der ersten drei Wochen zeigten, die selbst die kühnsten Erwartungen übertrafen. Orlando war von Anfang an Legende. Was die energetische Dynamik anging, war dieses Buch ein Glücksfall für Woolf. Zwar floss bei dieser Autorin immer Privates mit Beruflichem zusammen, doch jetzt war sie angefeuert von der engen Beziehung, Begeisterung und Liebe zu einer schillernden Abenteurerin, der adeligen Vita Sackville-West. Als schönsten Liebesbrief der Literaturgeschichte hat man Orlando bezeichnet. Und sicher: Sackville-West stand ihrer Freundin in vielem Modell für diese Fantasie. Fakten wurden mit Fiktivem vermischt, zu symbolischen Szenen verdichtet, mit Goldstaub überzogen.

Trotzdem greift die Beschreibung vom Liebesbrief zu kurz. Denn vor allem gelang es Woolf hier unaufgeregt und verspielt, gesellschaftspolitisch und kulturhistorisch relevante Themen aufzugreifen. Die Stellung der Frau, die Aggression des Empire, die rückwirkende Deutung von Geschichte aus machtpolitischen Gründen. Alles, was Virginia Woolf als Denkerin ausmacht, finden wir hier. Scheinbar Unverrückbares wird funkelnd und satirisch zugleich demontiert: Stand, Status, Geschlecht und Geschichtsschreibung, Macht, Posen und Konventionen. Besonders viel Sorgfalt verwendet Woolf auf die Darstellung der Relativität von Zeit und Begebenheit.

Neben ihrer Begeisterung für Sackville-Wests Person, behandelt Orlando eine weitere Leidenschaft Woolfs: ihre Liebe zur Biographie als Genre. Als Leserin verschlang sie diese Bücher und reflektierte in ihren Notizen über die Form. Woher kam der oft anmaßende, allwissende Ton der Autoren? Woher der Glaube, die Figur so gut fassen zu können? Wieso erfahren wir oft mehr über Zeit und Moral des Biographen, als über die Person, die zur Debatte steht? Wieso erstickte oft eine buchhalterische Sprache jedes Gefühl für einen Menschen, der vor langer Zeit sehr lebendig war. Und, ganz zentral: wer legt eigentlich fest, dass Phantasie und Dichtung in einer Biographie nichts zu suchen haben. Woolf selbst gibt in Orlando vielen Positionen eine Stimme.

    Alle Sendetermine finden sich im Überblick hier. Die Audiodateien werden zu gegebener Zeit hier verlinkt.

    Teil 1: via BR2

Empfohlen sei abschließend der Film The Hours, in dem das Leben Virginia Woolfs (gespielt von Nicole Kidman) mit den Handlungen ihres Romans Mrs Dalloway verquickt wird – auch wenn mir das unvermeidliche Ende auf fragwürdige Weise aufgeladen scheint.

Nordseekrabben

Eine Kurzgeschichte von Bertolt Brecht

Bertolt Brecht hat 1927 in den Münchner Neuesten Nachrichten eine eigenwillige Kritik des Bauhaus veröffentlicht — dies in Form einer Kurzgeschichte mit dem Titel »Nordseekrabben oder Die moderne Bauhauswohnung«. Die Figur Müller, die in mehreren Geschichten Brechts auftritt, gestaltet darin die modern ausgestattete Wohnung seines ehemaligen Gefährten und Kriegsveteranen Kampert nach seinem eigenen Geschmack um. In einem lesenswerten Text haben Magdalena Gerwien und Peter Schulz diese Geschichte in der dritten Ausgabe der Broschüre »Kunst, Spektakel, Revolution« interpretiert, mit der Freundschaft zwischen Brecht und Benjamin enggeführt und auf die spezifische Situation der Zwischenkriegszeit in den 1920’er Jahren bezogen. Der Text ist seit kurzem online verfügbar. Aus diesem Anlass habe ich einmal die genannte Kurzgeschichte eingesprochen und übergebe sie der hörenden Aufmerksamkeit der Audioarchiv-Nutzer_innen:

    Download: via AArchiv (mp3; 19:46 min; 19 MB)

HYLE – Ein Traumsein in Spanien

Hörspiel nach einem Roman von Raoul Hausmann

In der Mediathek des Bayrischen Rundfunks steht bereits seit längerer Zeit die Hörspielbearbeitung eines Romans von Raoul Hausmann zur Verfügung. Hausmann war eine wichtige Figur im Kreis der Dadaisten, von ihm stammt u.a. das »Pamphlet gegen die Weimarische Lebensauffassung« und in einer nicht unproblematischen Beziehung war er langjähriger Lebenspartner von Hannah Höch. Der lesenswerte Blog Golem hat dieses Hörspiel kommentiert und plädiert für eine Eigenständigkeit des auditiven Reizes vom Visuellen:

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bieten – neben zahlreichem Feuilletonistischem, das weit mehr über die Freude der Vortragenden, sich selbst reden zu hören, als über den behandelten Gegenstand selbst verrät, sowie der Hofierung diverser meist unsympathischer Vertreter_innen des parlamentarischen Betriebs – auch von Zeit zu Zeit kleine hörenswerte Stücke der Hörspielkunst. Exemplarisch dafür steht beispielsweise die vergleichsweise neue Bearbeitung des Ulysses von James Joyce, die über die Weihnachtsfeiertage auf Deutschlandradio gesendet wurde, und anhand derer die weitreichenden Möglichkeiten dieser spezifischen und (meiner Meinung nach) unterschätzten Kunstform deutlich werden. Wer nicht gerade eine gut sortierte öffentliche Bibliothek in seiner Nähe weiß, dem würde ich den Hörspielpool des Bayerischen Rundfunks nahelegen, wo dankenswerterweise sämtliche Produktionen und Features zum Herunterladen zur Verfügung stehen.

Desweiteren gibt er eine kurze Beschreibung des Hausmann-Hörspiels:

Hausmann ist vor allem als dadaistischer (Anti-)Künstler und Monteur zahlreicher Fotocollagen bekannt geworden. Weniger bekannt ist sein Projekt Hyle – ein Roman, an dem er bis in die 1960er Jahre arbeitete. Dieser ›autobiographische Mythos‹, wie ihn Hausmann selbst nannte, ist zwar zeitlich in den Exiljahren auf Ibiza 1933 bis 1936 verortet, folgt aber innerhalb dieser Eckpfeiler nur der freien Assoziation: Perspektiven wechseln, die Zeit fließt und erstarrt wieder. Viel von Hausmanns spöttischem Ton lässt sich auch hier wiederfinden, doch darin geht der Text nicht auf. Er pendelt vielmehr zwischen den Themen Traum und Sinnverlust, Vereinzelung, Flucht und der Unerkennbarkeit der Welt – und ist damit zugleich Nachsinnen über die konkrete Erfahrung der politischen Verfolgung durch den Faschismus sowie des generellen Erfahrungsverlusts des modernen Subjekts. [via]

Die Handlung dreht sich um das Leben im Exil auf einer spanischen Insel, wo Gal, Ara und eine Person, die nur „die Kleine“ genannt wird, eine seltsame Dreiecks-Beziehung führen, die voll von Verbohrungen, Verachtung und Unausgesprochenem ist (ganz so frei assoziiert scheint mir die Handlung nicht zu sein). Das Geschehen spielt sich dabei vor allem auf einer psychologischen Ebene ab – oft ist nicht klar, was ausgesprochen und was nur gedacht ist -, während die Landschaft des Exils der öde Hintergrund der Auseinandersetzungen bleibt. Bis die Wirklichkeit des Krieges auch in Ibiza eintrifft…

Hören & Download: BR2
Download: via RS (75,6 MB)

In der Welt ist eine kurze Rezension der Neuflage des Romans zu lesen, in der auch deutlich Hausmanns Sexismus hervorgekehrt wird, mit dem sich auch Hannah Höch konfrontiert sah. Ein Portrait Hausmanns zum lesen gibt es hier.

Die Schreckensmänner

Ein Radio-Essay von Arno Schmidt

Gestern, am 18. Januar, wäre Arno Schmidt 99 Jahre alt geworden. Der Alterszyniker und Meister des inneren Monologs (denen zu empfehlen, die etwa auch einen Zugang zu Thomas Bernhard oder James Joyce finden können) hat in der Nachkriegszeit neben zahlreichen Erzählungen und seinem Hauptwerk Zettels Traum auch einige Radio-Essays produziert – eine Hörform, die heute fast gänzlich ausgestorben ist. Gerade in seinen Radio-Essays wird die umfassende Kenntnis deutlich, die Schmidt von der gesamten deutschen Literatur gehabt hat, wobei er sich mit Vorliebe vergessenen und nicht wieder aufgelegten Literaten gewidmet hat. In seinem Radio-Essay Die Schreckensmänner von 1958 erzählt Schmidt die düstere Lebensgeschichte des Schriftstellers und Freimaurers Karl Philipp Moritz und bespricht dessen Hauptwerk, den (zum Teil autobiografischen) Roman Anton Reiser. Dabei stellt Schmidt die beengten deutschen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts mit ihrem Hang zu Quietismus, verbohrter Innerlichkeit und Leibesfeindlichkeit äußerst plastisch dar.

Download: via Mediafire

pw:

kathelbaum

Lorettas Leselampe

Sie gehört zu den anspruchsvollsten Sendungen der deutschsprachigen freien Radios. Seit Mitte der 1990er Jahre werden unter ihrem Licht Veröffentlichungen besprochen, die von den Hörern und Hörerinnen sonst potentiell nicht wahrgenommen werden würden. Immer wieder gelang es mit ihr Positionierungen aufzuzeigen und Scheuklappen zu lüften. Ihre klare Position gegen den Antisemitismus in der Linken und ihre Vorliebe für die Kritische Theorie, hoben sich angenehm von vielen anderen Produktionen der freien Radios ab. Auch weil sich die Produktionsbedingungen für sie in den letzten Jahren verschlechtert haben (die Redaktion verkleinerte sich und die verbliebenen Mitglieder verteilen sich auf unterschiedliche Städte), soll sie im Folgenden gewürdigt werden: Lorettas Leselampe vom Freien Sender Kombinat Hamburg.

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Denkstoffe

Beim Schweizer Radio DRS gab es in der Sendung Reflexe eine interessante Reihe zu KlassikerInnen der Kulturwissenschaften im 20. Jh. In je etwa halbstündigen Gesprächen mit KennerInnen des besprochenen Werkes geht u. a. um Horkheimer/Adorno, H. Arendt, M. Foucault, J. Butler, J. Derrida und N. Luhmann. (Backup via MF)

Libertärer Literat und Lebemann #3

Glos­sen von und über Erich Müh­sam

5.) Die Psychologie der Erbtante: Wir nähern uns nun langsam dem literarischen Vermächtnis Erich Mühsams, wobei es sich doch bei seinem Buch »Die Psychologie der Erbtante« (1905) um eine streng wissenschaftliche Abhandlung handelt, zu der sich Mühsam durch eine chronische Finanznot getrieben sah. In alphabetischer Reihenfolge präsentiert uns Mühsam die Ergebnisse empirischer Forschung über das Erbtantenwesen und lotet von Fall zu Fall die Möglichkeiten der – dann doch immer misslingenden – Erberschleichung aus…

Wir verweisen auf zwei Versionen:

  1. Gelesen von Wolfram Huke, mit Musik von Robert Elvin und Richard Walker: via etwas ist immer (zip, 136 min, 150 MB) | via Mediafire
  2. Gelesen von Herbert Schäfer, via DSR 2: Teil 1 (33:20 min; 30,7 MB), Teil 2 (34:56 min; 32,1 MB), Teil 3 (33:17 min; 31 MB), Teil 4 (34:00 min; 16,1 MB) | via Mediafire

6.) Die Affenschande: Auch die Kurzgeschichte »Die Affenschande« (als Text via zeno.org: Teil 1 | Teil 2) handelt von Familien-Verhältnissen, wobei es eher um die Verwandschaft zwischen Menschen und Affen geht: Nelly Pritschke, eine empirisch forschende Zoologin, überredet ihren künftigen Gatten, den asketischen Moralisten Felix Klötschipper, dazu, an einem zoologischen Experiment zur Erforschung der Ähnlichkeit von Menschen und Affen teilzunehmen. Ein Experiment mit unerwarteten Folgen… Die Geschichte ist ein spöttischer Schlag gegen die Naturforscher der Rassenhygiene. Hier gelesen von Steffen Lukas:

    Download: via Vorleser.net (mp3; 19,9 MB; 21:41 min) | via Mediafire