Schlagwort-Archive: Hörspiel

Aspekte der Traurigkeit

1.) Zur Verteidigung der Traurigkeit

Schon 2012 hat Bettina Fellmann (AK Zweifel und Diskurs) ein Essay unter dem Titel Zur Verteidigung der Traurigkeit – über Verwertung und Erfahrung veröffentlicht. Der Text stellt einige philosophische und historische Überlegungen über (Selbst)Entfremdung, Depression, Verhärtung und Vernichtung an und bezieht sich u.a. auf Adorno, Horkheimer, Freud, Alice Miller, Ilse Bindseil und Clemens Nachtmann. Der Text ist aber immer wieder auch eine Reflexion eigener Alltagserfahrungen und versucht beide Ebenen miteinander zu vermitteln. Radio Corax hat das Essay Anfang dieses Jahres in leichter Bearbeitung vertont:

    Download: via FRN (mp3; 52 MB; 38:02 min)

2.) Wir sind nicht depressiv, wir streiken!

In ihrem Text hat Bettina Fellmann das Pamphlet Der kommende Aufstand des Unsichtbaren Komitees erwähnt. Fellmann zitiert diesen Text ablehnend – allerdings enthält er seinerseits einige Überlegungen zum gesellschaftlichen Phänomen der Depression. Entsprechende Auszüge sind enthalten in einer Weihnachts-Sondersendung von Radio Corax aus dem Jahr 2015. In der Collage-Sendung sind außerdem Auszüge aus dem Text Wir sind nicht depressiv, wir streiken von Franza Ranner enthalten (der Titel des Textes ist ebenfalls ein Zitat des Unsichtbaren Komitees). Darüber hinaus enthält die Sendung einige geschichtsphilosophische Überlegungen zum Katastrophismus. Zuletzt sind enthalten ein prosituationistisches Hörspiel und ein Gleichnis von Franz Jung. Siehe auch hier.

    Download: via AArchiv (mp3; 96.1 MB; 1 h)

3.) Scheitern

Bereits hier und hier haben wir auf das Buch Grenzsteine – Beiträge zur Kritik der Gewalt (Edition Text und Kritik) hingewiesen. Der darin enthaltene Beitrag der Mitherausgeberin Theodora Becker ist mit dem schlichten Titel Scheitern überschrieben. Der Text verbindet eine Reflexion individuellen Scheiterns mit Überlegungen zum Scheitern der Frauenbewegung – darüber hinaus denkt er über Sexualität und Sexarbeit nach. Ähnlich wie im Text von Bettina Fellmann ist hier die kritische Theorie auf konkrete, eigene Erfahrungen bezogen. Ein Auszug des Textes ist in einer Sondersendung von Radio Corax über das Zweifeln aufgenommen worden:

    Download: via AArchiv (mp3; 18 MB; 11:16 min)

Zu Depression und weiblicher Erfahrung siehe auch den Vortrag von Katharina Zimmerhackl hier.

Futuristische Hörspiele

Freispiel ist eine Sendung auf Radio Corax, ein Podium für Ungewöhnliches im Radio, das sich früher möglicherweise Hörspiel nannte. In der Freispiel-Sendung vom 20.09.2015 ging es um die Ursprünge der akustischen Kunst – als sich das Geräusch von der literarischen Vorgabe löste und zum eigenständigen Bestandteil der Komposition wurde. Ralf Wendt (Radio Corax) leitete die Hör-Beispiele ein und Klaus Schöning (Studio Akustische Kunst, WDR) nahm eine historisch-wissenschaftliche Einordnung vor. Zu hören waren u.a. Marinetti, Russolo, Walter Ruttmann, Kurt Schwitters und Raoul Hausmann. Zuletzt wurden aktuelle Beispiele der Hörkunst vorgestellt. Eine hörens-werte Sendung. Der in der Sendung angekündigte Ausschnitt aus John Cages Roaratorio von 1979 ist in dem uns vorliegenden Mitschnitt der Sendung leider nicht enthalten. Roaratorio kann aber vollständig hier oder untenstehend angehört werden. Wer diesen Klängen etwas abgewinnen kann, dem sei die Schallplatten-Serie „An Anthology of Noise & Electronic Music“ empfohlen – schön gestaltet und mit kurzen, informativen Instruktionen zu den sorgsam ausgewählten Stücken.

    Download: via AArchiv (mp3; 75.7 MB; 47:14 min)

Weiterlesen

Sonnenblumenhaus

Während in diesen Tagen die Kinos mit dem furchtbaren „Wir sind stark. Wir sind jung“ werben, ein kleines Gegengift über die Ereignisse 1992 in Rostock-Lichtenhagen: Ein Hörspiel des FSK (von Dan Thy Nguyen und Iraklis Panagiotopoulos) dokumentiert die Ausschreitungen und verarbeitet die Sicht der belagerten Menschen.

»Sehr, sehr unviktorianisch«

Beiträge über Virginia Woolf

Wer sich mit feministischer Theorie und der Geschichte des Feminismus auseinandersetzt, wird um eine Autorin nicht herumkommen: Virginia Woolf. In einem ihrer bekanntesten Texte, dem Essay »A Room of one’s own«, fordert sie – so sehr ihr Horizont ein bürgerlicher bleibt – auf bezwingend materialistische Weise, dass Frauen, wenn sie literarisch produktiv sein wollen, zum einen ein eigenes Zimmer haben müssen, in dem sie von allen reproduktiven Ansprüchen unbehelligt bleiben können und zum anderen über eigenes Geld verfügen können müssen. Gleichwohl ist ihr Wirken nicht auf den politischen oder literarischen Feminismus zu reduzieren – ihre Romane und Erzählungen haben stilbildend den inneren Monolog in der modernen englischen Literatur zur Anerkennung gebracht und stehen in Erzählkunst und Wagnis einem Marcel Proust oder James Joyce in nichts nach. Wir machen im Folgenden auf vier Beiträge zu Werk und Leben von Virginia Woolf aufmerksam:

1. »Sehr, sehr unviktorianisch« – Virginia Woolf – Pionierin der literarischen Moderne

Erst kürzlich ist im Hörspiel-Pool des Bayrischen Rundfunks ein biographisches Feature über Virginia Woolf erschienen. Der Erzählung ihres Lebensweges sind, neben Zeugnissen ihrer Zeitgenossen, zahlreiche Ausschnitte aus ihren Werken beigegeben. [Call: Die Datei auf dem Server von BR2 ist über weite Strecken hin beschädigt – wenn jemand im Besitz einer nichtbeschädigten Version ist – her damit!]

Bereits mit ihrem ersten Roman „Die Fahrt hinaus“ (The Voyage Out, 1915) setzte sich Virginia Woolf über die literarischen Konventionen ihrer Zeit hinweg und veranlasste ihren Freund, den Schriftsteller Lytton Strachey, zu dem Ausruf: „Oh, es ist sehr, sehr unviktorianisch!“ Das könnte als Motto über dem Leben von Virginia Woolf stehen, aber nur als eines von vielen, denn ihr Werk als Schriftstellerin und Biographin, als Essayistin, Literaturkritikerin und Verlegerin war vielschichtig und facettenreich. Virginia Woolf wurde 1882 als Tochter eines angesehenen Intellektuellen und einer viktorianischen Dame der gehobenen Mittelklasse geboren. Schulbildung für Mädchen lehnte ihre Mutter ebenso ab wie Studium, Beruf und Wahlrecht für Frauen. Sich von dieser viktorianischen Knebelung zu befreien, war eines der Ziele von Virginia Woolfs Schreiben. Sie begann ihre Laufbahn mit literarischen Rezensionen, dann folgten Prosawerke und zahlreiche Essays. Sie machte sich auf, den Roman zu revolutionieren, und die Gattung der Biographie gleich mit. Keine klar strukturierten Handlungsverläufe, keine deutliche Personencharakterisierung, keine allwissende Erzählstimme. Stattdessen tauchte sie ein in die Innenwelten ihrer Figuren, erzählte fragmentarisch von ganz normalen Ereignissen an ganz normalen Tagen. In wunderschön komponierter rhythmischer Sprache, in poetischen Bildern und Metaphern, mit Witz, Ironie und mit Wut auf den Militarismus und den Krieg, das patriarchale System und die Unterdrückung von Frauen. Zwischen 1922 und 1931, der produktivsten Zeit in ihrem Leben, veröffentlichte Woolf fünf experimentelle Werke: die Romane Jacobs Zimmer (Jacob’s Room), Mrs. Dalloway (Mrs. Dalloway), Zum Leuchtturm (To the Lighthouse), Die Wellen (The Waves), die fiktive Biographie Orlando. Daneben zahlreiche Essays, darunter den wegweisenden Ein Zimmer für sich allein (A Room of One’s One). Mit diesen Werken wurde sie zur angesehenen Schriftstellerin und zur bedeutendsten englischen Autorin der Moderne. Virginia Woolf erlebte in jungen Jahren den sexuellen Missbrauch durch ihre Halbbrüder und den Tod ihrer engsten Familienangehörigen. Zu diesen belastenden Erfahrungen kam der Ausbruch einer psychischen Krankheit, unter der sie ein Leben lang litt. Als sie 1941 befürchten musste, wahnsinnig zu werden, nahm sie sich am 28. März 1941 das Leben. / Realisation: Mira Alexandra Schnoor / BR 2013

    Hören: via BR | Download via BR2

2. »Ein eigenes Zimmer«

In der BR2-Mediathek steht außerdem ein weiteres, etwas kürzeres, aber ebenfalls hörenswertes biografisches Feature zur Verfügung, in dem einige literarische Motivie Woolfs beleuchtet werden.

Zu Ende des 19. Jahrhunderts in die Ober-und Bildungsschicht des spätviktorianischen Londons hineingeboren, begann sie früh, sich schreibend mit der Innen- und Außenwelt zu befassen. Traditionelle Erzähltechniken aufbrechend, wurde Woolf zur wichtigsten Vertreterin der literarischen Moderne. Die „Bloomsbury Group“, ein Kreis Kreativer, gilt als Inbegriff kreativer Lebens- und Arbeitsform. Trotz ihrer körperlichen und psychischen Labilität arbeitete Virginia Woolf mit großer Intensität an ihrem Werk. Die Abwendung von patriarchalen Werten, die Selbstreflexion und Betonung der weiblichen Sicht, machten sie zur Gallionsfigur der Frauenbewegung und zum Vorbild weiblicher Selbstentfaltung unter erschwerten Bedingungen.

    Hören: via BR2 | Download: via BR2

3. Jacobs Zimmer

Beim Bayrischen Rundfunk werden meines Erachtens zur Zeit einige der besten zeitgenössischen Hörspiele produziert – im letzten Jahr wurde dort der Roman Jacobs Zimmer von Virginia Woolf als Hörspiel in vier Teilen gesendet. Der Roman ist eine Charakterstudie an dem Protagonisten Jacob Flanders, wobei dessen innere Vorgänge permanent mit den Eindrücken kontrastiert werden, die andere Personen um ihn herum von ihm haben. Thema ist die Sinnlosigkeit und das Scheitern eines Lebens kurz vor und im Zuge des ersten Weltkriegs.

Eine Schriftstellerin um die Vierzig im Prozess, ihren scharfen Blick auf die Welt, deren Politik und innere Mechanik in erfahrungsnaher Literatur darzustellen. Eine untergehende Gesellschaftsform im England der (Vor-)Kriegszeit und ein junger Mann, der im Ersten Weltkrieg stirbt, noch bevor er seine Persönlichkeit voll entfalten konnte. Virginia Woolf, ihr Gegenstand und der Wunsch nach einem neuen, unmittelbaren Ausdruck: Das sind die äußeren Koordinaten des Romans Jacobs Zimmer, der 1922 erschien und ein wenig bekanntes Meisterwerk der Moderne ist.

Aus der inneren Logik des Romans entsteht eine faszinierende literarische Erfahrung, eine multisensorische Folge von atmosphärischen Ausschnitten, kurzen Einblicken, vielstimmigen Einschätzungen, die lose chronologisch aneinandergereiht sind. Wir begegnen Jacob als Kleinkind am Strand, erhaschen Eindrücke aus seiner Schulzeit, seinem Studentenleben in Cambridge, sehen ihn durchs nächtliche London zu einer Geliebten gehen oder nach Griechenland reisen. Das Unerhörte daran: Jacob selbst spricht nie und genau das war Virginia Woolfs Schlag gegen die viktorianische Erzählkonvention, in der sie sozialisiert wurde, und deren autoritäre Vorgaben sie zeitlebens angriff. Ihre gelungene Romanerfindung arbeitet erstmals mit einer Art fotografischer Schnitttechnik und zeigt, dass Jacob durchaus da ist: heraufbeschworen, nicht aus der Aufzählung von charakterbestimmenden Fakten und gedrechselten Sätzen eines allwissenden Erzählers, sondern auf geisterhafte Weise in Facetten gespiegelt: in den Blicken, Gedanken- und Gesprächsfetzen seiner Umgebung. Es ist, als blättere man mit angehaltenem Atem durch das Fotoalbum eines Fremden.

So stehen wir heutzutage im Leben, meinte Woolf, so erfahren wir die Welt: Wir gleiten durch eine Abfolge von symbolischen Räumen, durch sprechende Atmosphären, angerissene Szenen und Gesprächsfetzen, und wenn wir sie lesen lernen, verstehen wir vielleicht ein bisschen besser, wer wir sind.

Virginia Woolf ist bekannt für ihre schonungslose Selbstkritik, doch mit Jacobs Zimmer, das die Reihe ihrer berühmten Romanexperimente einleitete, war sie durchaus zufrieden: „Ich habe keinen Zweifel mehr, dass ich (mit 40!) herausgefunden habe, wie ich die Dinge in meiner eigenen Stimme ausdrücken kann“, notierte sie beim Erscheinen des Romans in ihr Tagebuch.

    Hören: via BR2 | Download: Teil 1; Teil 2; Teil 3; Teil 4 (via BR2)

4. Orlando

Orlando ist meines Erachtens einer der lesenswertesten Romane Woolfs, der vielleicht auch leichter zugänglicher ist, als viele andere ihrer Romane. Der Roman erzählt die Lebensgeschichte eines adeligen Jünglings, die sich über vier Jahrhunderte erstreckt und innerhalb derer sich auf rätselhafte Weise eine Geschlechtsumwandlung des Protagonisten vollzieht. Das Hörspiel wird auf Bayern 2 ab dem 14.07.2013 um 15:00 Uhr in insgesamt sechs Teilen ausgestrahlt.

„Ich will die Biographie über Nacht revolutionieren!“ notierte sich Virginia Woolf spät im Jahr 1927 euphorisch ins Tagebuch und der Funke war gezündet. Begeistert stürzte sie sich in das „Projekt Orlando“, das zum „Rückgrad ihres Herbstes“ wurde, ein Buch, das sie leichthändig „vor dem Abendessen schreiben“ konnte. Es machte ihr unendlich viel Spaß! Den Lesern übrigens auch, wie die Verkaufszahlen der ersten drei Wochen zeigten, die selbst die kühnsten Erwartungen übertrafen. Orlando war von Anfang an Legende. Was die energetische Dynamik anging, war dieses Buch ein Glücksfall für Woolf. Zwar floss bei dieser Autorin immer Privates mit Beruflichem zusammen, doch jetzt war sie angefeuert von der engen Beziehung, Begeisterung und Liebe zu einer schillernden Abenteurerin, der adeligen Vita Sackville-West. Als schönsten Liebesbrief der Literaturgeschichte hat man Orlando bezeichnet. Und sicher: Sackville-West stand ihrer Freundin in vielem Modell für diese Fantasie. Fakten wurden mit Fiktivem vermischt, zu symbolischen Szenen verdichtet, mit Goldstaub überzogen.

Trotzdem greift die Beschreibung vom Liebesbrief zu kurz. Denn vor allem gelang es Woolf hier unaufgeregt und verspielt, gesellschaftspolitisch und kulturhistorisch relevante Themen aufzugreifen. Die Stellung der Frau, die Aggression des Empire, die rückwirkende Deutung von Geschichte aus machtpolitischen Gründen. Alles, was Virginia Woolf als Denkerin ausmacht, finden wir hier. Scheinbar Unverrückbares wird funkelnd und satirisch zugleich demontiert: Stand, Status, Geschlecht und Geschichtsschreibung, Macht, Posen und Konventionen. Besonders viel Sorgfalt verwendet Woolf auf die Darstellung der Relativität von Zeit und Begebenheit.

Neben ihrer Begeisterung für Sackville-Wests Person, behandelt Orlando eine weitere Leidenschaft Woolfs: ihre Liebe zur Biographie als Genre. Als Leserin verschlang sie diese Bücher und reflektierte in ihren Notizen über die Form. Woher kam der oft anmaßende, allwissende Ton der Autoren? Woher der Glaube, die Figur so gut fassen zu können? Wieso erfahren wir oft mehr über Zeit und Moral des Biographen, als über die Person, die zur Debatte steht? Wieso erstickte oft eine buchhalterische Sprache jedes Gefühl für einen Menschen, der vor langer Zeit sehr lebendig war. Und, ganz zentral: wer legt eigentlich fest, dass Phantasie und Dichtung in einer Biographie nichts zu suchen haben. Woolf selbst gibt in Orlando vielen Positionen eine Stimme.

    Alle Sendetermine finden sich im Überblick hier. Die Audiodateien werden zu gegebener Zeit hier verlinkt.

    Teil 1: via BR2

Empfohlen sei abschließend der Film The Hours, in dem das Leben Virginia Woolfs (gespielt von Nicole Kidman) mit den Handlungen ihres Romans Mrs Dalloway verquickt wird – auch wenn mir das unvermeidliche Ende auf fragwürdige Weise aufgeladen scheint.

Peter Weiss: Abschied von den Eltern

Es zählt ohne Frage zu den wichtigsten Büchern des 20. Jahrhunderts: Die Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss, der auf knapp 1000 Seiten in alten Mythen nach Strategien sucht, um sich in einer mörderischen Geschichte zu behaupten und dabei immer wieder an Utopien, Träume, Irrtümer, Narben wie Verbrechen der Emanzipationsbewegung erinnert. Ein Buch das weiterhin seine Relevanz besitzt; in einer Zeit, da der nun eingetretene Fortschritt diese Versuche auf den Müll der Geschichte werfen und am liebsten der Erinnerungslosigkeit preisgeben will. (Weiteres zum Buch ist mit Hilfe einer Besprechung von Lorettas Leselampe hier zu erfahren)
Der Bayrische Rundfunk hat sich nun dankenswerterweise an einer Hörspielfassung eines weiteren Werkes von Peter Weiss versucht: Abschied von den Eltern. Dabei wird der Tod der Eltern für den Erzähler Auslöser zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich. Das äußerst gelungene Hörstück wird von Robert Stadlober gelesen und musikalisch von The Notwist bearbeitet.

Abschied von den Eltern, erstmals 1961 erschienen, handelt von dem Zauber und den Abgründen der Kindheit, von den schmerzhaften Prozessen des Wachsens, der unausweichlichen Loslösung von Vater und Mutter, der Suche nach einem eigenen Leben. Sprunghaft und dennoch kunstvoll gewebt, mit einer gleichermaßen soghaften wie präzisen Sprache breitet Weiss ein Netz aus Momentaufnahmen aus und entwirft eine Ausdeutung seiner Vergangenheit, die in seine Entwicklung zum Künstler mündet. Der Erzähler berichtet von der frühen Kindheit und den ersten prägenden Eindrücken seiner Heimatstadt, schildert die sublimen Machtspiele unter Kindern und seine ersten sexuellen Erfahrungen. Er berichtet von Friederle, dem Nachbarsjungen, der ihn beständig drangsaliert und darüber, wie ausgeschlossen er sich nicht nur gegenüber Gleichaltrigen, sondern auch innerhalb seiner Familie fühlt. Die Beziehungslosigkeit der autoritären Eltern und ihre unantastbare Dominanz erzeugen für ihn den Eindruck als Fremder unter Fremden zu leben und den Wunsch nach Wärme und Zugehörigkeit. Als die geliebte Schwester Margit stirbt, beginnt für ihn die allmähliche Auflösung seiner Familie, die begleitet wird durch die lange Flucht vor den Nationalsozialisten ins schwedische Exil über London und Prag. Schließlich führt die Möglichkeit, eigene Ausdrucksformen in Malerei und Literatur zu finden, zu freiheitlicher Selbstbestimmung und innerer Unabhängigkeit. Eine Entwicklung, der seine Eltern durch eine Lehre im Warenhaus vergeblich versuchen, entgegen zu wirken. „Und die Unruhe, die jetzt begonnen hatte, ließ sich nicht mehr eindämmen, nach Wochen und Monaten langsamer innerer Veränderungen, nach Rückfällen in Schwäche und Mutlosigkeit, nahm ich Abschied von den Eltern.“
Abschied von den Eltern erscheint als erster Teil einer autobiografischen Künstlerprosa, die in Fluchtpunkt (1962) ihre Fortsetzung findet. Obwohl Peter Weiss immer sehr nah an seinen persönlichen Erfahrungen bleibt, bekommen seine Schilderungen etwas entwicklungspsychologisch Allgemeingültiges. Gleichzeitig schafft er durch die differenzierte Beschreibung des Einflusses von Familie auf das Individuum auch eine kritische Betrachtung des konservativen Bürgertums Mitte des 20. Jahrhunderts, wodurch seine Erzählung zu einem wichtigen Werk für die Jugendprotestbewegung von 1968 wurde.
Peter Weiss, geb. 1916 in Nowawes (heute Potsdam). Sohn eines jüdische Textilfabrikanten ungarischer Herkunft und einer deutschen Schauspielerin. Deutsch-schwedischer Schriftsteller, Maler, Filmemacher und Illustrator. 1934 Tod der Schwester Margit und Emigration über London nach Prag. Studium der Malerei an der Prager Kunstakademie. 1938 Aussiedlung über die Schweiz ins Exil nach Schweden. Trotz Annahme der schwedischen Staatsbürgerschaft bleibt das Gefühl des nicht Dazugehörens. Durch intensiven Briefwechsel mit seinem Idol Hermann Hesse Bestärkung zur künstlerischen Arbeit. In den 30er – 40er Jahren vorrangig Beschäftigung mit expressionistischer Malerei. Ab den 50er Jahren erste kleinere Erfolge als Experimentalfilmer. 1960 Durchbruch mit Der Schatten des Körpers des Kutschers und Aufnahme in die Künstlerverbindung Gruppe 47. Auf die surrealistische Prosa folgen politische Werke analytisch-dokumentarischen Charakters. Zentral ist dabei die vergangenheitspolitische Aufarbeitung Europas in der Kunst. Weiss propagiert, Kunst und Leben nicht zu trennen. 1982, im Jahr seines Todes, sollte Weiss mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt werden, er erhält die Auszeichnung posthum.

Part 1+2

    Download: via AArchiv (mp3; 93:21 min; 86 MB)

Part 3

    Download: via AArchiv (mp3; 48:14 min; 44 MB)

Part 4

    Download: via AArchiv (mp3; 49:50 min; 44 MB)

Part 5

    Download: via AArchiv (mp3; 50:13 min; 46 MB)

Part 6

    Download: via AArchiv (mp3; 52:59 min; 49 MB)

HYLE – Ein Traumsein in Spanien

Hörspiel nach einem Roman von Raoul Hausmann

In der Mediathek des Bayrischen Rundfunks steht bereits seit längerer Zeit die Hörspielbearbeitung eines Romans von Raoul Hausmann zur Verfügung. Hausmann war eine wichtige Figur im Kreis der Dadaisten, von ihm stammt u.a. das »Pamphlet gegen die Weimarische Lebensauffassung« und in einer nicht unproblematischen Beziehung war er langjähriger Lebenspartner von Hannah Höch. Der lesenswerte Blog Golem hat dieses Hörspiel kommentiert und plädiert für eine Eigenständigkeit des auditiven Reizes vom Visuellen:

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bieten – neben zahlreichem Feuilletonistischem, das weit mehr über die Freude der Vortragenden, sich selbst reden zu hören, als über den behandelten Gegenstand selbst verrät, sowie der Hofierung diverser meist unsympathischer Vertreter_innen des parlamentarischen Betriebs – auch von Zeit zu Zeit kleine hörenswerte Stücke der Hörspielkunst. Exemplarisch dafür steht beispielsweise die vergleichsweise neue Bearbeitung des Ulysses von James Joyce, die über die Weihnachtsfeiertage auf Deutschlandradio gesendet wurde, und anhand derer die weitreichenden Möglichkeiten dieser spezifischen und (meiner Meinung nach) unterschätzten Kunstform deutlich werden. Wer nicht gerade eine gut sortierte öffentliche Bibliothek in seiner Nähe weiß, dem würde ich den Hörspielpool des Bayerischen Rundfunks nahelegen, wo dankenswerterweise sämtliche Produktionen und Features zum Herunterladen zur Verfügung stehen.

Desweiteren gibt er eine kurze Beschreibung des Hausmann-Hörspiels:

Hausmann ist vor allem als dadaistischer (Anti-)Künstler und Monteur zahlreicher Fotocollagen bekannt geworden. Weniger bekannt ist sein Projekt Hyle – ein Roman, an dem er bis in die 1960er Jahre arbeitete. Dieser ›autobiographische Mythos‹, wie ihn Hausmann selbst nannte, ist zwar zeitlich in den Exiljahren auf Ibiza 1933 bis 1936 verortet, folgt aber innerhalb dieser Eckpfeiler nur der freien Assoziation: Perspektiven wechseln, die Zeit fließt und erstarrt wieder. Viel von Hausmanns spöttischem Ton lässt sich auch hier wiederfinden, doch darin geht der Text nicht auf. Er pendelt vielmehr zwischen den Themen Traum und Sinnverlust, Vereinzelung, Flucht und der Unerkennbarkeit der Welt – und ist damit zugleich Nachsinnen über die konkrete Erfahrung der politischen Verfolgung durch den Faschismus sowie des generellen Erfahrungsverlusts des modernen Subjekts. [via]

Die Handlung dreht sich um das Leben im Exil auf einer spanischen Insel, wo Gal, Ara und eine Person, die nur „die Kleine“ genannt wird, eine seltsame Dreiecks-Beziehung führen, die voll von Verbohrungen, Verachtung und Unausgesprochenem ist (ganz so frei assoziiert scheint mir die Handlung nicht zu sein). Das Geschehen spielt sich dabei vor allem auf einer psychologischen Ebene ab – oft ist nicht klar, was ausgesprochen und was nur gedacht ist -, während die Landschaft des Exils der öde Hintergrund der Auseinandersetzungen bleibt. Bis die Wirklichkeit des Krieges auch in Ibiza eintrifft…

Hören & Download: BR2
Download: via RS (75,6 MB)

In der Welt ist eine kurze Rezension der Neuflage des Romans zu lesen, in der auch deutlich Hausmanns Sexismus hervorgekehrt wird, mit dem sich auch Hannah Höch konfrontiert sah. Ein Portrait Hausmanns zum lesen gibt es hier.

Angst und Abscheu in der BRD

Auf ein schönes Hörstück hat uns Thomas hingewiesen: Zwei »Gonzo-Journalisten« machen sich in dem Hörspiel »Angst und Abscheu in der BRD« auf eine Feld-, Wald- und Wiesenforschung in die Safari Ost- und Westdeutschlands, sowie in die »Diskurs-Szene« und entdecken dabei Merkwürdiges bis Kurioses. Es geht um deutsche Ideologie – und das ist trotzdem auf sympathische Weise an vielen Stellen ziemlich lustig.

    Download via WDR | via Mediafire | via RS (mp3; 58,9 MB; 51:29 h)

Zur Rezension von Beatpunk: Weiterlesen

Buße & Strafe

1. Eine weitere sehr hörenswerte Sendung von 17Grad beschäftigt sich mit der Todesstrafe. Die Hörer_innen erhalten einige statistische Informationen und erfahren Hintergründe über die Geschichte der Todesstrafe in Deutschland (hierbei interessant, dass einerseits bereits 1947 Todesurteile wieder durch deutsche Richter verhängt und durch Scharfrichter vollstreckt wurden, die schon vor ’45 diese Ämter innehatten und dass andererseits ein wichtiger Grund für die Abschaffung der Todesstrafe in Deutschland, die Abwendung von Todesurteilen gegen NS-Verbrecher war). Außerdem behandelt die Sendung das Vorkommen von Todesstrafen in deutschen Volksmärchen und ihre rechtshistorischen Parallelen und die Geschichte der Zunft der Scharfrichter. Musikalisch wird die Sendung von Johnny Cash begleitet.

    Download: via Mediafire (mp3; 82 MB; 59:41 min)

2. Nicht erst die Abschaffung der Todesstrafe, sondern bereits die Verlagerung ihrer Vollstreckung in nicht-öffentliche Räume, steht nach Michel Foucault für eine Tendenz der Strafe weg von einer Gerichtetheit auf den Körper, hin zu einem »körperlosen« Strafsystem. Eine Eigentümlichkeit der vormodernen Strafe als Marter des Körpers, ist die Sanftmütigkeit, das Mitleid und das Verständnis, welches die geistlichen Begleiter der Zeremonie gegenüber den Gemarterten an den Tag legten: so küsst etwa der Pfarrherr von Marsilly den gemarterten Damien auf die Stirn, dessen Hinrichtung Foucault auf den ersten Seiten von »Überwachen und Strafen« beschreibt. Auch der Rabbi Aser Abarbanel, der in der Geschichte »Die Marter der Hoffnung« von Comte de Villiers de L’Isle-Adam gefangen in einem Folterkeller sitzt, erfährt diese seltsame Sanftmut: als man ihn über sein Todesurteil informiert, wird er sowohl vom Großinquisitor, als auch vom zuständigen Foltermeister und seiner Begleitung umarmt und geküsst. Die Geschichte steht hier in einer Hörspielversion von Radebass zur Verfügung.

    Download: via Mediafire (zip; 24,2 MB)

pw:

Hoppmart

Die Abschaffung der Arten

Dem entwickelten Kapitalismus entspricht eine historisch spezifische Kultivierung und Zurichtung der fünf menschlichen Sinne: Kulturindustrie bedeutet auch eine Hierarchie der Sinne, in der Sehen und Hören an der Spitze stehen, während Tast-, Geruch- und Geschmackssinn untergeordnete Rollen spielen. Betrachtet man wiederum das Gefälle von Sehen und Hören näher, wird man feststellen, dass das Gehör in den meisten Fällen nur in Kombination mit dem Gesichtssinn angesprochen wird: das audiovisuelle Signal. Die eigene sinnliche Qualität des Hörens findet jedoch, ausgenommen in wenigen, spezialisierten Kreisen, kaum eine Beachtung – Musikbeschallung als Hintergrundgeräusch einer Welt, die nicht mehr antwortet1, der Ton als Zugabe zu den bewegten Bildern. Vor diesem Hintergrund scheint es mir gerechtfertigt zu sein, im Audioarchiv nicht nur theoretische Auseinandersetzungen zum Hören zur Verfügung zu stellen, sondern auch auf eine der kultiviertesten Formen des Hörens zu verweisen: das Hörspiel. Seit Kurzem steht nun eine hochwertige Hörspielproduktion von und mit dem Essayisten, Journalisten und Roman-Autoren Dietmar Dath zur Verfügung:

Die Abschaffung der Arten

Es handelt sich um eine aufwendige und liebevolle Bearbeitung von Daths gleichnamigen Roman, der 2008 erschienen ist. Die Handlung spielt in einer zukünftigen, posthumanen Gesellschaft, in der die Gente (sprechende und intelligente Tiere) die Borniertheit der menschlichen Zivilisation überwunden haben und nun über die Gestaltung der Gesellschaft, sowie über philosophische und ethische Fragen verhandeln – was sich keineswegs als konfliktfreie Angelegenheit darstellt. Die Produktion stand unter der Regie von Ulrich Lampen, die Band Mouse on Mars hat Musik und Geräusche beigesteuert.

Die Ära der Langeweile ist vorbei, Menschen gibt es fast keine mehr und die biologischen Arten sind abgeschafft. Dietmar Daths Roman spielt 500 Jahre in der Zukunft, nach der Befreiung, in einer Welt, in der sprechende und intelligente Tiere, die Gente, den Übergang der Evolution von der Naturgeschichte zur gestalteten Geschichte geschafft haben.

Fähig zur ständigen Verwandlung, bestimmen sie selbst, in welcher Tiergestalt sie auftreten und mit welcher Art sie sexuellen Verkehr pflegen. Kommunikation funktioniert telepathisch über Geruchsstoffe und Foren verbreiten raumübergreifend die aktuellen Nachrichten und Diskussionen. In den drei labyrinthischen Städten Landers, Kapseits und Borbruck sind die wenigen Menschen, die es noch gibt, der neuen Zivilisation Untertan oder letzte zu bekämpfende Spezies.

Politische Verhandlungen gestalten die Libelle Philomena und die Fledermaus Izquierda, militärische Aktionen plant die Dachsin Georgescu, Bankgeschäfte steuert der Fuchs Ryuneke, Kunstfragen behandelt der stotternde Esel Storikal, Forschungsprojekte betreiben der Zander Westfahl und das Laufschwein Herbert Loskauf und diplomatische Reisen unternimmt der junge Wolf Dmitri Stepanowitsch. Dies alles im Dienste des Löwen: Cyrus Iemelian Adrian Vinicius Golden. Er ist auratischer und ideologischer Herrscher und wird gerade deshalb angreifbar. Auf dem ehemaligen Kontinent Amerika stellt sich ihm die Macht der Keramikaner, Wesen zwischen Gente und Maschinen, unter der Führung Katahomenleandraleal entgegen, provoziert innerpolitische Spaltungen bei den Gente und ein gewaltiges Kriegsszenario.

Die Zivilisation der Gente wird vernichtet, unter der Führung der Tochter des Löwen, Lasara, gelingt lediglich ein paar wenigen der Exodus auf Venus und Mars. Die beiden Planeten, auf denen die Neuankömmlinge erst ihren Lebensraum erobern müssen, werden Heimat und Wirkungsstätte der Nachfolgegeneration der Gente, derer sich diese nur noch über tradierte Erzählungen und Legenden erinnert.

Zwei Nachkommen, die Eidechse Padmasambhava und der Prinz Feuer werden auf die Mission vorbereitet, die Überreste der vorhergehenden Population auf der Erde auszukundschaften und dort zueinanderzufinden. Die Geschlechter wandelnd und sich schließlich als Geschwister begegnend, landen die beiden in einer Art Paradies, in dem die Zeit angehalten ist und historische oder evolutionäre Kreisläufe durchbrochen sind.

Dietmar Daths Roman Die Abschaffung der Arten aus dem Jahr 2008 ist ein Hybrid: Fabel, Science Fiction, utopischer Roman, postmodernes Gedankenexperiment, philosophisches Szenario. In der Tradition von Platon, Thomas Morus, Arno Schmidt, George Orwell, H.G. Wells u.a. breitet Dath einen Kosmos aus, der von unzähligen und unergründlichen Figuren bevölkert ist, dessen Handlung sich unüberschaubar verzweigt und in dem er erfindungsreich und politisch zugleich der Frage nachgeht, warum der Mensch sich selbst abgeschafft und seine Umwelt vernichtet hat.

In bester dialektischer Manier spekuliert er darüber, ob eine posthumane Gesellschaft friedlicher und gerechter sein könnte. Gekennzeichnet von einer poetischen wie akademischen, lyrischen wie wissenschaftlichen, reichen wie kryptischen Sprache zugleich fasziniert und überfordert der Roman seine Leser und polarisierte seine Kritiker. Die 12-teilige Hörspieladaption des Bayerischen Rundfunks in der Regie von Ulrich Lampen und mit dem Sound von mouse on mars macht die schillernden Charaktere, die Sprachgewalt des Textes, die oppulente klanglich-musikalische Dimension des Romans und das politische Engagement des Autors akustisch erfahrbar.

  1. vgl. Hartmut Rosa: Kritik der Zeitverhältnisse. Beschleunigung und Entfremdung als Schlüsselbegriffe der Sozialkritik, in: Rahel Jaeggi und Tilo Wesche: Was ist Kritik?, Frankfurt am Main 2009. [zurück]

Candide oder Hoffen lernen nach Voltaire

Wenige Jahre nachdem der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz seine grundsätzliche Überlegung publiziert hatte, dass diese Welt trotz all ihrer Übel die beste aller möglichen Welten sei, wurde Lissabon 1755 von einem verheerenden Erdbeben zerstört, bei dem es zu 100.000 Toten kam. Dieses Ereignis verarbeitete der französische Aufklärer Voltaire in einer seiner bekanntesten Erzählungen „Candide oder der Optimismus„. Der optimistische Protagonist Candide wird in dieser Geschichte mit den grausamsten Übeln der Welt konfrontiert – und kann trotzdem nicht aufhören zu hoffen. Es handelt sich bei dieser Erzählung um einen satirischen Schlag gegen Leibniz und den metaphysischen Optimismus – in ihrer beißenden Ironie ist es eine Klage gegen vermeidbares Leiden und eine Polemik gegen die unkritische Genügsamkeit der Philosophen, denen, egal unter welchen Umständen, immer nur einfallen will, alles auf einen zureichenden Grund zurückzuführen. 1982 hat die Berliner Schaubühne eine grandiose Hörspielbearbeitung von Candide produziert – auf witzigste Art und Weise werden hier aktuelle weltpolitische Ereignisse in die Handlung integriert und haufenweise Zitate und Verweise versteckt: von griechischen Sagenfiguren, über romantische Motive, bis zu Karl Marx und dem Existentialismus.

Aergernis hat vor einiger Zeit einen Auszug des Hörspiels gepostet, in dem Candide bei Utopia strandet:

Das ganze Hörspiel gibt es hier:

Download: via RS [36.9 MB, 1.20 h]

Franz Kafka – Der Process

Mehreren Hörspielproduktionen des Bayrischen Rundfunks liegt nicht, wie üblich, die von Max Brod zusammengestellte Version des Kafka-Romans „Der Prozess“ zu Grunde, sondern die unbearbeiteten, fragmentarischen, handschriftlichen und nicht nummerierten Konvolute, die nach Kafkas Tod unvollendet gefunden wurden. Die einzelnen Hörspiele ermöglichen damit einen Blick in Kafkas Prozess jenseits der posthumen Bearbeitung, die das Bild Kafkas lange Zeit geprägt hat. Äußerst spannend und hörenswert. Weitere Informationen zur Hörspielbearbeitung hier.

Download
: via BR online, als Zip-Paket via Megaupload (insg. 324.5 MB)

Das Foucaultsche Pendel

Der Roman »Das Foucaultsche Pendel« von Umberto Eco handelt von vier Schriftstellern, die sich damit Geld verdienen, indem sie Verschwörungstheorien erfinden und diese an einen Verlag verkaufen. Im Laufe der Handlung verstricken sie sich jedoch zunehmend selbst in die Phantasien ihrer eigenen Erfindungen. Der Roman gibt somit auf spannende Weise einen Einblick in die Anatomie verschwörungstheoretischen Denkens und ist eine subtile und kritische Auseinandersetzung mit Esoterik, Okkultismus und Mystik. Hier eine Hörspielbearbeitung des Romans:

Download (via MF; 4 Dateien; insg. 100,76 MB)