Schlagwort-Archive: Romantik

Die Schreckensmänner

Ein Radio-Essay von Arno Schmidt

Gestern, am 18. Januar, wäre Arno Schmidt 99 Jahre alt geworden. Der Alterszyniker und Meister des inneren Monologs (denen zu empfehlen, die etwa auch einen Zugang zu Thomas Bernhard oder James Joyce finden können) hat in der Nachkriegszeit neben zahlreichen Erzählungen und seinem Hauptwerk Zettels Traum auch einige Radio-Essays produziert – eine Hörform, die heute fast gänzlich ausgestorben ist. Gerade in seinen Radio-Essays wird die umfassende Kenntnis deutlich, die Schmidt von der gesamten deutschen Literatur gehabt hat, wobei er sich mit Vorliebe vergessenen und nicht wieder aufgelegten Literaten gewidmet hat. In seinem Radio-Essay Die Schreckensmänner von 1958 erzählt Schmidt die düstere Lebensgeschichte des Schriftstellers und Freimaurers Karl Philipp Moritz und bespricht dessen Hauptwerk, den (zum Teil autobiografischen) Roman Anton Reiser. Dabei stellt Schmidt die beengten deutschen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts mit ihrem Hang zu Quietismus, verbohrter Innerlichkeit und Leibesfeindlichkeit äußerst plastisch dar.

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kathelbaum

Lost Tapes #6

Seite A: Alexander Mitscherlich – »Wie zeitgemäß ist Toleranz?« (1969) – Alexander Mitscherlich (u.a. »Die Unfähigkeit zu trauern«) spricht über den Begriff der Toleranz, den er aus kulturhistorischer, anthropologischer, vor allem aber aus psychoanalytischer Perspektive einkreist. Als Zeitdokument ist dieser Radiovortrag bspw. interessant, wenn Mitscherlich einige Vorbilder der Gegenwart anführt und dabei Che Guevara, Frantz Fanon, Lenin und Mao nennt…

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Seite B: Stéphane Mallarmé und sein Entwurf eines absoluten Buches – Ein hörenswert gestaltetes Feature über den symbolistischen Dichter Stéphane Mallarmé, dessen dichterisches Schaffen (u.a. das Experimentieren mit visueller Poesie), seine für die Moderne so verhängnisvolle wie charakteristische Schaffenskrise und die Berührung des Nichts in seinem letzten großen Entwurf…

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Gegenwart und Gewalt des Antiziganismus

Ausgeschlossen eingeschlossen. Roma in Deutschland und Europa

Beargwöhnt, exotisiert oder in rassistischer Weise offen verachtet und diskriminiert, wer als »Zigeuner« identifiziert wird/wurde, hatte es in Europa noch nie leicht. »Zündfunk Generator« von Bayern 2 hat eine sehr informative und recht kritische Sendung zur Struktur (die »Zigeuner« als kultur-, schrift- und geschichtsloses Gegenbild zum aufgeklärten Subjekt), Geschichte und Gegenwart des »Antiziganismus« produziert. Sie berichtet nicht nur von der deutschen Abschiebepraxis und den aktuellen bzw. akuten Verhältnissen in Ungarn, Rumänien und anderswo, sondern auch von den Schwierigkeiten der Roma, selbst zu Wort zu kommen, handlungsmächtig zu werden und ihre eigene Geschichte zu finden, die in Form von Dokumenten allenfalls aus der Perspektive der europäischen Mehrheitsgesellschaften existiert und daher genau den Mechanismen von Exotisierung usw. unterworfen ist.

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Wer sind die Roma? Warum scheinen sie in Europa einfach nicht anzukommen? Und ist in der unbekannten Geschichte der Roma ein Happy End vorgesehen? Ein Generator auf Spurensuche. Nach über 600 Jahren in Europa hat sich die Lage der Roma keinen Deut gebessert, im Gegenteil. Mit der EU-Osterweiterung begann eine neue Welle der Roma-Verfolgung. In Osteuropa und auf dem Balkan haben sich verheerende Slums gebildet, es kommt immer wieder zu Progromen. In Deutschland stehen weitere Tausende vor der Abschiebung in den Kosovo und andere Länder, wo sie kaum Chancen haben, dem Teufelskreislauf der Armut zu entkommen. Wer sind die Roma überhaupt? Warum scheinen sie in Europa einfach nicht anzukommen? Und ist in der unbekannten Geschichte der Roma ein Happy End vorgesehen?

[via AbhörBar]

Es sei auch noch einmal auf das bereits auf Twitter beworbene Gespräch mit Klaus-Michael Bogdal, Autor von Europa erfindet die Zigeuner, hingewiesen. Dieser kommt im obigen Beitrag auch zu Wort. Download via DRS (0:28 h, 14 MB)

Lost Tapes #1

Auf meinem Schreibtisch liegen 19 handbeschriftete Tapes. Ich habe sie von einem Freund mitgenommen, der eine stattliche Sammlung von ca. 1.000 Tapes besitzt, auf denen Radiosendungen enthalten sind, die er in den 80’er und 90’er Jahren aufgenommen hat. Ich werde jeden ersten Tag im Monat jeweils eines dieser Tapes vorstellen, die schwerpunktmäßig Radiosendungen zu den Themen Psychoanalyse, Romantik, Literatur und allerlei Bildungsbürgerliches, gleichwohl Wissenswertes enthalten.

Seite A: Zu hören ist ein essayistischer Radiovortrag von Prof. Gerhart Baumann von 1992 mit dem Titel »Dichtung ohne Eigenschaften« zum 50. Todestag von Robert Musil. Er spricht über das Verhältnis von Dichtung, Wahrheit, Wirklichkeit und Möglichkeit und setzt Musil u.a. in Bezug zu Marcel Proust und Paul Valéry. Durch den Vortrag zieht sich eine existentialistisch anmutende Verdinglichungskritik, etwa wenn Baumann die Dichtung als »Selbstbehauptung gegen das Maschienenwesen« charakterisiert – sicher nicht zufällig schwingt hier auch im Klang der Stimme etwas mit, was man charakteristisch etwa von Hans-Georg Gadamer kennt.

    Download: via Mediafire (mp3; 14,1 MB; 29:38 min)

Seite B: Das Radiofeauture »Hölderlins fatale Reise« von Werner Dürrson erzählt von den Irrfahrten des Lebens des als unglücklichster aller deutschen Dichter charakterisierten Friedrich Hölderlin: seine unglückliche Liebesbeziehung zu Diotima (Susette Gontard), seine widersprüchliche Karriere als Schüler einer evangelischen Klosterschule, Dichter und Hauslehrer, seine Beziehungen und Kontakte zu Hegel, Schelling, Schiller und Fichte. Im Zentrum des Feautures steht aber sein Weggang aus Deutschland und seine Reise nach Frankreich – an deren Ende seine Heimkehr in geistiger Zerrüttung stand.

    Download: via Mediafire (mp3; 14,1 MB; 24:41)

Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus

Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist – neben der Entwicklung der Dialektik und seinem Einfluss auf Karl Marx – auch dafür bekannt, den autoritären preußischen Ständestaat als höchstentwickelte Verwirklichungsform des Weltgeistes gefeiert zu haben. Dass er in jüngeren Jahren schon einmal wesentlich kritischere Ansichten über das Wesen des Staates hatte, zeigt ein leider nur sehr kurzes Fragment: »Das Älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus«. Es handelt sich dabei um ein in der Handschrift von Hegel Ende der 1790er gezeichnetes Schriftstück, welches 1917 von Franz Rosenzweig entdeckt und publiziert wurde, welcher dem Fragment den leicht missverständlichen Titel gegeben hat. In der Hegelforschung ist umstritten, ob es sich bei dem Verfasser des Fragments tatsächlich um Hegel handelt – »Vergleiche mit Parallelstellen machen es vielmehr wahrscheinlich, daß Schelling […] der Verfasser gewesen ist.« [Frank 1982, S.153] Gleichwohl das Fragment eine radikale Staatskritik enthält, klingen auch leicht romantisch-reaktionäre Töne an (die Hegel später überwunden hat), etwa wenn hier der Staat im Gegensatz zu einer organisch-vernünftigen Natur als mechanisches Räderwerk erscheint oder eine neue Religion gefordert wird.

Hören:


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: via federlese.com (4,0 MB | 6,3 min)

Lesen bei Zeno.org

Öffentlich-Rechtliches (14)

DLF Essay & Diskurs:

  • »Dein Wort durchläuft den ganzen Raum«. Frida Kahlo – die Künstlerin als Poetin. Download (MF-Backup)
  • HR2 Wissenswert:

  • »Ohne Zorn würden wir schweigen«. Zum 25. Todestag von Wolfgang Abendroth
  • 30 Jahre Oktoberfest-Attentat: die ungelösten Fragen
  • DRS Reflexe:

  • Geschichte mal anders: Lieder zum Vietnam-Krieg
  • SWR2 Wissen:

  • Ureinwohner ohne Land – Die Mapuche und Chiles Unabhängigkeit. Download
  • Afghanische Realitäten – Europäische Illusionen. Download
  • Bayern 2 RadioWissen:

  • Die Ödipus-Sage
  • Die Nürnberger Gesetze – Tödliches Recht
  • Die Philosophie der Romantik – Denken als Gefühl
  • Madame de Staël – Königin des Geistes
  • DLF Studiozeit:

  • Tagung Uni Bremen: Antisemitismus in der deutschen Presse. Download
  • Kritik der polysexuellen Ökonomie

    Das Podcastangebot der Hamburger AG Queer Studies umfasst diesen Vortrag von 2008. Bini Adamczak analogisiert darin die bürgerlich-kapitalistischen Verkehrs- und Liebes-/Sexualverhältnisse und weist skizzenhaft den Ausweg in den »polysexuellen Communismus«. (48 Minuten)

    Download: via AArchiv | via Mediafire (mp3, mono, 48 kBit/s, 16,5 MB)
    Original via Uni Hamburg (stereo, 128 kBit/s 50 MB)

    Ankündigungstext: Weiterlesen

    Tertia/tertium non datur!? Geschichte, Kritik & Alternativen der romantischen Zweierbeziehung

    1. Vortrag zur Kritik der romantischen Zweierbeziehung von der hinter liebe.arranca.de stehenden Gruppe. Behandelt werden die Geschichte der „Liebe“, Polyamory und die damit verbundenen Schwierigkeiten.
      Download (nachbearbeitete Fassung, mp3, 48 kBit/s, 1h; 20,4 MB), Original
    2. Tipkin-Sendung zum Thema Familie samt Auszügen aus dem Vortrag »Mono-Poly. Kritik und Alternativen der Paarbeziehung«. Hier werden auch alternative Beziehungsmodelle kritisch behandelt.
      Download (mp3, stereo, 128 kBit/s; 56 MB; 1:02 h)
    3. Latifa-Sendung (Radio T Chemnitz) zur Kritik der RZB mit Informationen über polyamore Praxis aus erster Hand und themennaher Musik; enthält auch das »Manifest der Anti-Liebe«.
      Download (mp3, mono, 48 kBit/s, 24 MB, 1 h)