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Heimat Europa verraten

Ein Rückblick auf die EU im Jahr 2016

Wir dokumentieren im Folgenden ein Feature aus dem Hause Radio Corax, das sich mit den Verschiebungen auseinandersetzt, die sich im zurückliegenden Jahr innerhalb der EU ergeben haben. Es geht dabei um die Geschichte und die Bewertung der EU als supranationales Projekt, die Rolle der Staaten, die im Zuge der Osterweiterung 2004 beigetreten sind, die Debatte um die europäische Flüchtlingspolitik, den Brexit, den recht(sextrem)en Bezug auf Europa und eine linke Kritik der EU. Als Sprecher sind dabei zu hören: Uli Schuster (Simon-Dubnow-Institut Leipzig, Roter Salon), Rainer Trampert („Europa – Zwischen Weltmacht und Zerfall„), Thomas Konicz (Konkret, Streifzüge, „Aufstieg und Zerfall des Deutschen Europa„), Peter Schadt (keinort.de), Usama Taraben (Gegenstandpunkt), Georg Seeßlen (zusammen mit Markus Metz: „Hass und Hoffnung – Deutschland, Europa und die Flüchtlinge„), Jörg Kronauer (German Foreign Policy) und Andreas Peham (Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands).

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Die 53. Ausgabe der Zeitschrift „Phase 2“ (Sommer 2016) setzt sich ebenfalls mit einer linken Perspektive auf Europa auseinander.

Einführendes zur Kritik des Nationalismus

Es gibt Deutsche, die protestieren vor dem Flüchtlingsheim, wünschen die Ausweisung der Geflohenen und drohen unter Berufung auf die Parole »Wir sind das Volk«, für ihre Nation selbst Hand anzulegen. Und es gibt Deutsche, die empfangen Flüchtlinge am Bahnhof mit Applaus und Sachspenden und sind dann stolz auf Deutschland, weil Deutschland so barmherzig hilft. In den aktuellen politischen Wirrungen wird auf seltsame Weise besonders deutlich, wie unhinterfragt der Bezug auf die Nation in den meisten politischen Lagern ist. Grund genug, einige Vorträge zur Einführung in die Kritik des Nationalismus zusammenzustellen.

1.) Vortrag von Thorsten Mense

Einen sehr kompetenten und gut verständlichen Vortrag zur Einführung in die Kritik des Nationalismus hat Thorsten Mense (u.a. Autor bei Konkret, Jungle World) im Juni 2014 auf Einladung der Linken Liste Siegen gehalten. Er schildert die Geschichte des Begriffs der Nation und des Nationalismus (wobei er eine idealtypische Unterscheidung zwischen französisch-republikanischem und deutsch-kulturellem Nationalismus einführt), geht auf die Spezifik des Befreiungsnationalismus ein und gibt einen Überblick über die kritische Nationalismusforschung (hier hebt er Eric Hobsbawms Buch Nationen und Nationalismus hervor). Dann referiert er über Nationalismus als Ideologie, formuliert eine Kritik des Nationalismus und trägt noch einmal einige Aspekte des Nationalismus zusammen. Die »Linke Liste Siegen« hat im Nachgang des Vortrags eine Literaturliste zum Thema zusammengestellt. Auf der Homepage der Linken Liste gibt es zudem noch weitere interessante Vortragsmitschnitte.

Obwohl die Möglichkeiten grenzüberschreitender Kommunikation und transnationaler sozialer Beziehungen noch nie so groß waren wie heute, ging diese Zunahme globaler Gleichzeitigkeit keineswegs mit einem Abbau national begrenzter Wahrnehmung einher. Die Vorstellung einer Welt aus Völkern und Nationen bestimmt auch weiterhin das Denken und die Politik. Dabei sind Nationen keineswegs naturgegebene Einheiten, sondern von den Menschen selber geschaffene soziale Konstruktionen, die gerade mal 200 Jahre alt sind. In seiner jungen Geschichte führte Nationalismus sowohl zur Befreiung als auch zu Massenmord, zur kollektiven Einforderung gleicher Rechte als auch zur Verweigerung derselben Rechte gegenüber anderen Kollektiven. Vor allem aber dient er als ideologische Grundlage für die Legitimation des Ausschlusses und der Gewalt gegenüber den „Anderen“; als Zwangskollektiv lässt die Nation dabei auch die „Eigenen“ nicht in Ruhe. Wie kommt es aber, dass die Menschen bis heute massenhaft bereit sind, für diese „kümmerlichen Einbildungen der jüngeren Geschichte“ (Benedict Anderson) zu töten, zu sterben oder sich sonstwie aufzuopfern?

In dem Vortrag wird die Entstehung und Entwicklung des Nationalismus nachgezeichnet und aufgezeigt, welche Funktionen er in der widersprüchlichen Moderne erfüllt. Darauf aufbauend soll eine Kritik entwickelt werden, die seinen vielfältigen Erscheinungsformen gerecht wird. (via)

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2.) Vortrag von Junge Linke gegen Kapital und Nation

Vor einigen Jahren hat die ARAB einen »Erkenntnistag« organisiert, um mal ein bisschen Theorie unter die Gefolgschaft zu bringen. Dafür haben sie sich u.a. einen Vertreter von Jimmy Boyle Berlin / Junge Linke gegen Kapital und Nation eingeladen, der einige Grundlagen zur Kritik des Nationalismus vorgetragen hat. Er fragt danach, wie die nationale Gemeinschaft vorgestellt wird, wie stimmig diese Vorstellung ist und was sie zusammenhält. Dann geht es um das reale Verhältnis der Menschen zum Staat und warum man sich nicht positiv darauf beziehen sollte. So werden verschiedene Formen des Patriotismus/Nationalismus durchgegangen. In der Diskussion geht es dann recht grundlegend darum, was man denn eigentlich tun soll. Texte der Gruppen gegen Kapital und Nation zum Thema Nation und Nationalismus gibt es hier.

    Download: Vortrag (via AArchiv; mp3; 38.1 MB; 41:36 min) | Diskussion (via AArchiv; mp3; 49.6 MB; 54:12 min) | via archive.org (verschiedene Formate)

3.) Vortrag von Roger Behrens

Im Rahmen der Intros (einer Einführungs-Veranstaltungsreihe der Gruppen [a²]-Hamburg, Kritikmaximierung und dem FSK) hat Roger Behrens am 08.12.2011 einen einführenden Vortrag zum Begriff der Nation und zur Kritik des Nationalismus gehalten. Er skizziert vor allem, wie die Idee der Nation aus der Aufklärung und aus dem sich emanzipierenden Bürgertum heraus entstand und wie sich parallel dazu die Ideen von Volk, Gemeinschaft, Gesellschaft und Politik entwickelten. Er fasst Nationalismus als Ideologie der Herrschaftslegitimation und geht am Ende auf neue Formen des Nationalismus ein, die er vor allem als Subjektivierung der Nation fasst.

In diesem Intro geht es um die Kritik des Nationalismus, aber auch die grundsätzliche Frage, was überhaupt Nation und warum sie ein Problem ist. Die Einführung versteht sich historisch und systematisch: Einerseits versucht sie zu klären, warum eine Kritik des Nationalismus immer auch eine Kritik der Nation ist; andererseits soll diese Kritik anhand der Geschichte des Nationalismus bzw. der Geschichte der Nation (des modernen Nationalstaats) formuliert werden. Kritik des Nationalismus ist, auch in Bezug auf seine gegenwärtige Realität und Ideologie, immer Kritik der konkreten gesellschaftlichen Verhältnisse; dafür sollen weitere, für die Moderne fundamentale Begriffe wie Volk, Kultur oder Tradition in den Blick genommen werden, aber auch Aspekte der Massenpsychologie, der so genannten Biopolitik und der Kritik der politischen Ökonomie. (via)

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Das Gegenteil von Kritik: Zum Antiamerikanismus in Deutschland

Bei der sogenannten »Kritik« – dem Antiamerikanismus – wird die USA zum Hort des Bösen in einer Welt voller »friedliebender Völker«, denen die »Amis« auch noch ihre »oberflächliche Mc-Donalds-Kommerz-Einheits«-Kultur aufzwingen würden. Wenn es ganz schlimm kommt, mischt sich all das mit Verschwörungsideologien, Antisemitismus und der Forderung nach mehr deutscher Unabhängigkeit von den USA. Aus dem Umfeld der Gruppe Grow aus Hamburg haben Genossen dagegen eine kleine Veranstaltunsgreihe auf die Beine gestellt, die in diesem Sinne Aufklärung leisten und aufzeigen will, dass Antiamerikanismus das Gegenteil einer radikalen Kritik an Staat und Kapital ist.

Dr. Tobias Jaecker: Hass, Neid, Wahn: Antiamerikanismus in Deutschland

Ob in der Debatte um den NSA-Skandal oder die Ukraine-Krise: Antiamerikanismus ist so populär wie lange nicht mehr in Deutschland. In allen Bevölkerungsschichten und politischen Lagern – selbst bei Menschen, die sich als fortschrittlich verstehen. Aber was ist das überhaupt: Antiamerikanismus? Wie unterscheidet er sich von Kritik an der US-Politik? Und warum wird er so offensiv, teils aggressiv geäußert? Tobias Jaecker erläutert Ursachen, Funktionsweise und Auswirkungen des Anti-amerikanismus. Er präsentiert dazu Beispiele aus den Medien von 9/11 über die Finanzkrise bis heute. Sie zeigen, wie sich der Antiamerikanismus zu einer gefährlichen Ideologie verdichten kann.

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Olaf Kistenmacher: „Finanzkapital“, Imperialismus und die USA. Über die historischen Ursachen des linken Antiamerikanismus

Antiamerikanismus ist in Deutschland kein neues Phänomen. Auch innerhalb der kommunistischen Bewegung existierte er bereits vor dem Zweiten Weltkrieg. Zentral für die Haltung der Kommunistischen Partei Deutschlands zu den USA war der Begriff „Finanzkapital“, mit dem Wladimir I. Lenin 1916 den Imperialismus definiert hatte. 1926 hieß es in der Tageszeitung der KPD, Die Rote Fahne, unter der Überschrift „Das neue Finanzkapital“, die Monopolisierung der deutschen Industrie erfolge „unter dem Kommando des amerikanischen Finanzkapitals”. Kleinere Beiträge warnten zur gleichen Zeit vor der „Amerikanisierung des deutschen Films” oder davor, dass die „deutsche Philosophie im Dienste des amerikanischen Imperialismus” stehe. Der Vortrag wird die Entstehung des marxistisch-leninistischen Antiimperialismus nachzeichnen und zeigen, inwiefern der Antiamerikanismus in der Linken bereits vor 1933 mit dem Antizionismus verknüpft war, der sich nicht nur gegen die zionistische Bewegung, sondern auch gegen nichtzionistische Jüdinnen und Juden im Nahen Osten richtete.
Olaf Kistenmacher promovierte 2011 über antisemitische Aussagen in der Tageszeitung der KPD, Die Rote Fahne, und publiziert in der Jungle World und der Konkret.

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Krise und Transformation

EXIT!-Seminar 2014

Das diesjährige EXIT!-Seminar (17.-19. Okt.) widmete sich gesellschaftsanalytisch und ideologiekritisch dem globalen Krisenverlauf und Fragen der gesellschaftlichen »Transformation«. Die Aufnahmen, die leider etwas unvollständig sind, liegen auch als Videos (allerdings ohne Nachbearbeitung der stellenweise schlecht zu verstehenden Audiospuren) sowie auf archive.org vor. Titel und Ankündigungstexte sind ziemlich selbsterklärend. Ich verzichte daher auf eigene Inhaltsangaben (d.h., ich bin zu faul).

Die Krise von 2008 hat in der Linken eine Transformationsdebatte ausgelöst. Staatsbankrotte und Strukturanpassungsprogramme mehren sich, nicht zuletzt auch in südeuropäischen Ländern, was zur Folge hat, dass es zu Legitimationsproblemen des kapitalistisch-demokratischen Systems und folglich zu sozialen Unruhen kommt. Bürgerkriegsszenarios, rechte Parteien, islamistische Fundamentalismen, der sogenannte Israel-Palästina-Konflikt und nicht zuletzt die Ukraine-Russland-Konfrontation stehen im Blickpunkt der Medien. Die Rede vom Verfall des Kapitalismus geht mittlerweile etlichen Linken leicht über die Lippen, selbst wenn in Merkel-Deutschland trügerische Ruhe herrscht. Es wird nach neuen Lösungen gesucht. Sieht man/frau indes genauer hin, zeigt es sich, dass die „Systemfrage“ mit altlinken Konzepten und Rezepten beantwortet wird: Wirtschaftsdemokratie, keynesianische Maßnahmen, solidarische Ökonomie, Commons u. ä. In der ersten Hälfte des Seminars werden zwei Aspekte der „Krise“ beleuchtet, in der zweiten widmen sich zwei Vorträge dem Thema „Transformation“.

1. Ernst Johannes Schnell, Bericht zum Moishe Postone-Seminar in Dresden (2.-4. Mai 2014)

Jenseits seiner unbestrittenen Verdienste um die Reaktualisierung einer marxistischen Wertkritik haben wir die Defizite Postones in seinem Buch „Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft“ diskutiert. Dabei standen zunächst die Themenkreise „Abstrakte Arbeit und Substanz des Wertes“, „Methodologischer Individualismus“ und „Das Verständnis von Zeit“ im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen. In engem theoretischen Zusammenhang mit der kritischen Auseinandersetzung damit konnte dann herausgearbeitet werden, daß diese Defizite beinahe automatisch zur „Absenz einer Krisentheorie“ führen müssen.
Die Vorträge und die wichtigsten Diskussionsergebnisse sollen in diesem Referat zusammenfassend erläutert werden. Postones Versuch einer Neuinterpretation der Marxschen Politischen Ökonomie (geschrieben im Original bereits in den 1980er Jahren in den USA) weist insbesondere bei den obigen Themenkreisen Schwachstellen und Lücken auf. So gehen wir davon aus, daß er immer wieder einem methodologischen Individualismus anhängt, statt seine begrüßenswerten Ansätze einer dialektischen Herangehensweise konsequent durchzuhalten, daß er eine zu statische Auffassung von Zeit im Kapitalismus hat, daß sein Substanzbegriff des Wertes lediglich auf das gesellschaftliche Vermittlungsverhältnis rekurriert, ohne die Substanzbildung durch die abstrakten Arbeit zu erwähnen, daher also unvollständig ist, und daß er aus eben diesen Gründen keinerlei Krisentheorie entwickeln kann. Durch häufige Bezüge auf die Wert-Abspaltungskritik und insbesondere auf Texte von Robert Kurz wurden in den Vorträgen und Diskussionsbeiträgen unsere Kritikpunkte verdeutlicht. Bei den Diskussionen wurde als das größte Manko bei Postone die Absenz einer Krisentheorie betont. Seine Hinweise auf eine ökologische Krisensituation wurden übereinstimmend als ungenügend für eine Erklärung des heutigen Kapitalismus empfunden.

Postone, Moishe; Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft; Freiburg; 2003
ders.; „Marx neu denken“; in: Jaeggi, Rahel und Loick, Daniel (Hrsg.); Nach Marx; Berlin; 2013
ders.: „Die Deutschen inszenieren sich am liebsten als Opfer“, Interview mit Philipp Schmidt; in: Gremliza, Hermann L. (Hrsg.): No way out?; Hamburg; 2012

    Hören:

    Download: Teil 1 (0:28 h, 20 MB), Teil 2 (0:33 h, 24 MB), Teil 3 (0:44 h, 32 MB)

2. Tomasz Konicz, Die Ukraine und die Weltkrise des Kapitals

Das Referat wird die eskalierende geopolitische Auseinandersetzung um die Ukraine als Moment der tiefen strukturellen Krise des spätkapitalistischen Weltsystems diskutieren. Einerseits sollen die Frontverläufe bei dem neoimperialistischen „Great Game“ an der Südwestflanke der Russischen Föderation dargestellt und die Motivation der einzelnen Großmächte erhellt werden. Zugleich gilt es, diese geopolitische Akteure als Getriebene der sich verschärfenden innerkapitalistischen Widersprüche zu begreifen, die hierauf mit einer nach Außen gerichteten Expansionsbewegung reagieren. Den Hauptteil des Vortrags wird aber die innerukrainische Krisenentfaltung einnehmen, in deren Folge das pauperisierte osteuropäische Land seiner sozioökonomischen Reproduktionsbasis verlustig ging. Die Kernthese des Vortrags lautet somit, dass die Ukraine nur deswegen zum Objekt des geopolitischen Great Game zwischen Ost und West werden konnte, weil aufgrund eines drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs die ökonomische Grundlage der staatlichen Souveränität dieses postsowjetischen Landes erodierte – und die Staatsführung sich folglich zwischen einer Einbindung in das russische oder das europäische Bündnissystem entscheiden musste.

    Hören:

    Download: Teil 1 (0:57 h, 34 MB), Teil 2 (0:44 h, 26 MB)

3. Claus Peter Ortlieb, Krisenerklärungen und Transformationskonzepte ohne Subjekt- und Ideologiekritik: Wie sich der Kapitalismus nicht überwinden lässt

Die Erkenntnis, dass es sich bei gegenwärtige Krise nicht bloß um den Übergang in den nächsten Modus kapitalistischer Vergesellschaftung handelt, sondern vielmehr diese selber unhaltbar geworden ist, hat inzwischen das Umfeld sowohl der „Piratenpartei“ als auch das der Partei „Die Linke“ erreicht. Es finden sich dort Krisenerklärungen, die nicht auf das angeblich aus dem Ruder gelaufene Finanzkapital abheben, sondern die Ursachen in der Entwicklung der Produktivkräfte und dem mit ihr verbundenen Verschwinden der Arbeit aus der Produktion sehen. Sie sind damit an eine wertkritische Krisentheorie immerhin anschlussfähig. Es könnte sich daher als sinnvoll erweisen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, was im Vortrag versucht werden soll:

Diese Krisenerklärungen gründen in einer objektivistisch verkürzten Kapitalismuskritik, so als seien die Subjekte von der Gesellschaft, der sie angehören, gar nicht affiziert. Für die einen wird die Technik zum eigentlichen Träger eines quasi automatischen Übergangs in die neue Gesellschaft, für die anderen scheint sich die Transformation auf die Organisation einer neuen „A-Klasse“ der mehr oder weniger prekär Beschäftigten innerhalb der bestehenden politischen Strukturen zu reduzieren. Dagegen dürfen die – offenbar transhistorisch gedachten – Waren- und Geldsubjekte bleiben wie sie sind. Dass diese auf die Krise mehrheitlich mit reaktionären Ideologien reagieren, wird dabei hoffnungsfroh übersehen.

Ludger Eversmann: Projekt Post-Kapitalismus: Blue Print für die nächste Gesellschaft, Telepolis-Ebook, Hannover 2014
Constanze Kurz / Frank Rieger: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen, München 2013
Manfred Sohn: Vor dem Epochenbruch: Warum die gegenwärtige Krise keine »normale« ist und was das für die Linke heißt, Neues Deutschland 06.08.2013, http://www.neues-deutschland.de/artikel/829420.vor-dem-epochenbruch.html
Manfred Sohn: Am Epochenbruch: Varianten und Endlichkeit des Kapitalismus, Köln 2014

    Hören:

    Download: Teil 1 (1:34 h, 41 MB), Teil 2 (0:40 h, 24 MB), Teil 3 (0:22 h, 13 MB)

4. Roswitha Scholz, Zur Dialektik der Fetischkritik: Die Wandlungen der Fetischmuskritik im Zuge gesellschaftlicher Transformationsprozesse und die Aufgaben der Wert-Abspaltungskritik

War Fetischismus-Kritik einstmals bestimmt von Hinterzimmer-Existenzen, so gibt es sie heute in den verschiedensten Farben und Formen. Sie ist nicht bloß in den linken Diskurs eingesickert, sondern beschäftigt selbst bürgerliche Kreise. Dabei gerät sie immer mehr in die Gefahr, Bestandteil der Krisenverwaltung zu werden. Stattdessen ginge es darum, Distanz zur eigenen Theoriegeschichte zu gewinnen, auf einer Dialektik der Fetischkritik zu bestehen und kompromisslos in der Einsicht der Notwendigkeit eines „kategorialen Bruchs“ (Robert Kurz) „abgehoben“ zu intervenieren. Einfachen Lösungen im Sinne einer heruntergebrochen Wert-Abspaltungskritik sowohl im Kontext wissenschaftlicher Verarbeitung, als auch in Form von praktischen Pseudo-Konzepten, gilt es somit mit Misstrauen zu begegnen.

Christine Blättler / Falko Schmieder (Hrsg.): In Gegenwart des Fetischs, Wien 2014, http://www.turia.at/titel/fetisch.html
Luc Boltansky / Ève Chiapello: Der neue Geist des Kapitalismus, Konstanz 2003
Ulrich Bröckling: Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform, Frankfurt a. M. 2007

    Hören:

    Download: Teil 1 (0:59 h, 35 MB), Teil 2 (0:38 h, 23 MB)

    Textgrundlage: auf der EXIT!-Homepage

Damit Deutschland den Deutschen gehört?

Zum Zusammenhang von Nationalismus und Arbeiterbewegung seit dem Ersten Weltkrieg

Passend zum Datum dokumentieren wir einen anti-nationalistischen Vortrag, der gleichzeitig eine Erinnerung daran ist, dass Nationalismus nicht nur von rechts zu befürchten ist, sondern auch in der Arbeiterbewegung und innerhalb der Linken immer wieder zugegen war und ist. Olaf Kistenmacher hat am 28. Juli 2014 bei Verdi Bezirk Stuttgart einen Vortrag zum Nationalismus innerhalb der Arbeiterbewegung gehalten. Dabei geht er zuerst auf den Antiimperialismus der 1920’er bis 40’er und dessen Bezug auf die nationalen Befreiungsbewegungen ein, wie er etwa von Lenin formuliert wurde. Später geht er ausführlicher auf den Nationalismus innerhalb der KPD ein und führt Verlautbarungen an, wie sie etwa im Zuge des Schlageter-Kurses der KPD zu hören und zu lesen waren. Als Kritiker des Nationalismus innerhalb der Arbeiterbewegung führt Kistenmacher Rosa Luxemburg (u.a. Die Russische Revolution), die Antinationale Sozialistenpartei (zu ihr gehörten u.a. Franz Pfemfert und Carl Zuckermayer) und Leo Trotzki (Gegen den Nationalkommunismus) an. Zum Antinationalismus Rosa Luxemburgs hat Kistenmacher ein Essay in der Jungle-World geschrieben – ein Text von ihm zum Antisemitismus innerhalb der KPD (auf den er im Vortrag ebenfalls eingeht) findet sich hier. Die Version auf freie-radios.net enthält eine einleitende Anmerkung zum Wahlerfolg der AfD von Lothar Galow-Bergemann (Freies Radio für Stuttgart).

Der Erste Weltkrieg war für die späteren Gründungsmitglieder der KPD ein Schock. In „Die Krise der Sozialdemokratie“ schrieb Rosa Luxemburg 1916: „Dieser Weltkrieg – das ist ein Rückfall in die Barbarei.“ Aber nicht erst der nationale Taumel in der Arbeiterbewegung zeigte das Problem des proletarischen Patriotismus. Schon 1896 verständigte sich die Sozialdemokratie auf das „Selbstbestimmungsrecht der Nationen“, was Luxemburg kritisierte. Aber auch die KPD vertrat kurz nach ihrer Gründung einen „proletarischen Nationalismus“, der mit dem Internationalismus vereinbar sein und sich vom Nationalismus von rechts unterscheiden sollte. 1930 verabschiedete die KPD ihr „Programm zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“. Leo Trotzki kritisierte aus dem Exil den „Nationalkommunismus“. Den Nationalismus gaben die sozialistischen und kommunistischen Parteien auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht auf. Ernst Busch sang zu dieser Zeit in „Roter Wedding„: „Der Wedding kommt wieder; Berlin bleibt rot/Damit Deutschland den Deutschen gehört“. [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 47.2 MB; 51:30 min) | via FRN (inkl. Anmoderation; mp3; 51 MB; 55:12 min) | via archive.org (ogg; 25 MB; 51:42 min)

Edit: Das oben verlinkte Essay von Olaf Kistenmacher über Rosa Luxemburg kann bei freie-radios.net oder hier angehört und heruntergeladen werden:

    Download: via FRN (mp3; 37 MB; 39:54 min)

Edit 2: Nach der Ausstrahlung des Vortrags beim FSK, bat die Sendung „Das Brett“ Kistenmacher zum Gespräch. Hier die Aufzeichnung.

Die extreme Rechte in Europa

Nicht erst seit der letzten Europawahl zeichnet sich ein Aufschwung rechts-populistischer und extrem rechter Parteien und Bewegungen in Europa ab. Grund genug, einige Vorträge zu dokumentieren, die sich mit der extremen Rechten in Europa auseinandergesetzt haben:

1. Die brau­ne Welle – die ex­tre­me Rech­te in Eu­ro­pa im Auf­schwung

Einen guten Einstieg ins Thema und einen brauchbaren Überblick über die extreme Rechte in Europa hat Lucius Seidelbaum am 04.07.2014 auf Einladung der Antifaschistischen Initiative Freiburg gegeben. Er hat im Vortrag eine wissenschaftliche Definition und politische Charakterisierung der extremen Rechten gegeben und die Traditionslinien der Orientierung extrem rechter Politik auf Europa skizziert. Im größten Teil des Vortrags gibt er einen sehr ausführlichen Überblick über die einzelnen Akteure und Fraktionen der extremen Rechten in Europa und deren jeweilige ideologische Ausrichtung. Zuletzt geht er auch auf die europäische Vernetzung der außerparlamentarischen bzw. neonazistischen extremen Rechten ein. Teidelbaum konstatiert einen Rechtstruck in Europa (plädiert aber dafür, sich die jeweiligen Kräfteverhältnisse in den einzelnen Ländern genau anzuschauen), demgegenüber fehle eine internationale Vernetzung antifaschistischer AktivistInnen. [Falls der Referent diesen Beitrag liest – vielleicht kann er die Präsentation zur Verfügung stellen, auf die er im Vortrag immer wieder Bezug genommen hat?]

Am Abend des 25. Mai 2014 be­stä­tig­ten sich die Pro­gno­sen. Die Eu­ro­päi­sche Union ist den Wahl­er­geb­nis­sen zu­fol­ge stark nach rechts ge­rutscht. In Dä­ne­mark, Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en und Un­garn wur­den ex­trem rech­te und na­tio­na­lis­ti­sche Par­tei­en sogar die stärks­te Kraft.

Of­fen­bar gibt es einen Auf­schwung ex­trem rech­ter und na­tio­na­lis­ti­scher Par­tei­en in Eu­ro­pa. In den Nie­der­lan­den fährt der schlecht blon­dier­te Geert Wil­ders enor­me Stim­men­ge­win­ne ein, indem er gegen den mus­li­mi­schen Be­völ­ke­rungs­teil in den Nie­der­lan­den hetzt und den Koran mit „Mein Kampf“ ver­gleicht. In Frank­reich mo­der­ni­siert Ma­ri­ne Le Pen den „Front Na­tio­nal“, die Par­tei ihres Va­ters, und setzt eben­falls auf das Feind­bild Mos­lem. In Un­garn ist eine völ­kisch-​na­tio­na­lis­ti­sche Re­gie­rung an der Macht und baut den Staat der­zeit in einen au­to­ri­tär-​na­tio­na­lis­ti­schen Staat um.

Doch gibt es auch Un­ter­schie­de zwi­schen den ver­schie­de­nen rech­ten Par­tei­en. Die einen be­vor­zu­gen das neue Feind­bild Mos­lem. Die An­ti­se­mi­ten von Ges­tern wol­len plötz­lich das christ­lich-​jü­di­sche Abend­land ver­tei­di­gen. Die An­de­ren set­zen eher auf die tra­di­tio­nel­len an­ti­se­mi­ti­schen und an­ti­zi­ga­nis­ti­schen Feind­bil­der. Die einen, wie die Job­bik in Un­garn, ste­hen in einer un­ver­hoh­len fa­schis­ti­schen Tra­di­ti­on, wäh­rend die an­de­ren, wie die AfD in Deutsch­land, sich von zu of­fen­sicht­lich ex­trem rech­ten Par­tei­en dis­tan­zie­ren und das Bünd­nis mit eta­blier­ten Kon­ser­va­ti­ven su­chen.

Wo lie­gen die Ge­mein­sam­kei­ten die­ser un­ter­schied­li­chen rech­ten Par­tei­en, wo die Un­ter­schie­de und an wel­chen Punk­ten ar­bei­ten sie zu­sam­men? Wel­che Bünd­nis­se wer­den ge­ra­de ge­schmie­det? Gibt es so etwas wie ein ge­mein­sa­mes Pro­gramm? Diese Fra­gen sol­len in einem Vor­trag mit an­schlie­ßen­der Dis­kus­si­on er­läu­tert und be­ant­wor­tet wer­den. [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 1:34:53 h; 124.2 MB) | via archive.org (ogg; 74.2 MB)

2. Die extreme Rechte in Europa in Zeiten der Krise

Einen ähnlich konzipierten Vortrag hat bereits am 03.06.2013 der Journalist Jörg Kronauer (u.a. Konkret) im Multikulturellen Zentrum Trier gehalten, wobei er weniger mit Bezug auf Statistiken und mehr in nützlich-raffenden Zusammenfassungen referiert. Er geht ein auf Strukturen der extremen Rechten in Griechenland (Chrysi Avgi), Ungarn (Fidesz/Jobbik), Belgien (Vlaams Belang), Niederlande (Partij voor de Vrijheid/Geert Wilders), Österreich (FPÖ), Italien (Casa Pound, Alleanza Nazionale, Lega Nord), Frankreich (Front National/Marine le Pen) und kurz auf die skandinavischen Länder (u.a. Dansk Folkeparti). Kronauer ist es wichtig, jeweils einen Bezug zur Entwicklung der ökonomischen Krise herzustellen.

    Download: via AArchiv (mp3; 1:17:34 h; 56.8 MB) | via archive.org (ogg; 44.3 MB)

3. Der französische Front National und seine europäische Vernetzung

Im AZ Köln fand im Frühling dieses Jahres eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Die extreme Rechte in Europa“ statt. Am 02. Mai hat der Journalist Bernhard Schmid (u.a. Jungle World) in diesem Rahmen einen sehr detaillierten und kenntnisreichen Vortrag über die französische Partei Front National gehalten. Er schildert die historische Entwicklung der Partei, jeweils im Zusammenhang mit der Entwicklung der französischen Gesellschaft, und skizziert die verschiedenen Phasen der Partei, denen jeweils unterschiedliche ideologische und politisch-strategische Ausrichtungen entsprechen.

Unter Marine Le Pen sucht der Front National vermehrt das Bündnis mit ‘bürgerlich’-rechtspopulistischen Parteien wie Wilders PVV oder der UKIP, während sie Abstand halten zu neonazistischen Organisationen wie NPD oder BNP. Gemeinsam mit der österreichischen FPÖ, dem belgischen Vlaams Belang, den Schwedendemokraten und der italienischen Lega Nord wollen sie im zukünftigen Europaparlament eine Fraktion bilden. Obwohl die Kehrtwende von Kennern bezweifelt wird, schließt sich der FN damit einem Trend an, rassistische Politik unter antimuslimischem Vorzeichen zu betreiben.

Aber auch die Demonstrationen gegen die Homoehe und eine aufklärerische Bildungsinitiative bringen dem ‚Front National’ Sympathien ein. So kam der FN bei den letzten Präsidentschaftswahlen auf 17.9% der Stimmen. Ist diese Entwicklung Zeichen eines deutlichen Rechtstrends in der französischen Gesellschaft oder eher einer Veränderung im rechten Lager? Kann die angestrebte Fraktion erfolgreich sein und was würde das für europäische Politik heißen? [via]

    Download: Vortrag (via AArchiv; mp3; 73.5 MB; 1:20:14 h), Diskussion (via AArchiv, mp3; 34.2 MB; 37:18 min) | Vortrag+Diskussion (via archive.org; ogg; 81.7 MB; 2:24:36 h)

4. Chrysi Avgi – Die griechischen Neonazis der ‚Goldenen Morgendämmerung‘

Ebenfalls im Rahmen der Reihe des AZ Köln hat John Malamatinas (Antifa AK Köln) am 21.05.2014 einen Vortrag über die griechische Neonazi-Partei „Chrysi Avgi“ gehalten. Er skizziert die Entstehung und Entwicklung dieser Nazipartei seit dem Ende der griechischen Militärdiktatur in den 70’er Jahren. Als Ursache für den jüngeren Aufstieg der Goldenen Morgenröte nennt er eine multiple Krise – die ökonomische und soziale Krise, die Krise der Politik, die Legitimationskrise der Gewerkschaften und herkömmlichen Parteien, die Krise der nationalen Identität. Diese Krisenphänomene aufzuzählen reiche jedoch nicht aus, um den Erfolg der Chrysi Avgi zu erklären – ein weit verbreiteter Nationalismus inkl. der allgemeinen Pflege eines nationalen Mythos, eine lange Tradition des Antisemitismus, die Arbeitsteilung zwischen konservativen und extremen Rechten, die Verflechtung zwischen Staat und Nazistrukturen müssten ebenfalls in Betracht gezogen werden. Zuletzt gibt er einen Überblick über die aktuelle Situation in Griechenland.

    Download: Vortrag (via AArchiv; mp3; 42.9 MB; 46:52 min), Diskussion (via AArchiv; mp3; 67.7 MB; 1:13:53 h) | Vortrag+Diskussion (via archive.org; ogg; 65.6 MB; 2:02:29 h)

5. Entstehung und Entwicklung der „Alternative für Deutschland“

Und zuletzt gehts um die Pest im eigenen Land: die im Aufstieg befindliche „Alternative für Deutschland“, die sich von den oben behandelten Parteien noch einmal erheblich unterscheidet. Über die AfD hat Andreas Kemper am 24.04.2014 auf Einladung des Infoladens Karlsruhe einen Vortrag gehalten. Er geht besonders auf die Spitzenkandidaten und Gründer sowie einige wichtige Theoretiker der Partei ein, wobei er immer wieder auf die verschiedenen Strömungen und auch Konfliktkonstellationen innerhalb der AfD zu sprechen kommt. Er betont, dass nicht bloß der rechtspopulistische Teil der Partei das Problem sei – vielmehr kehrt er die spezifische Paarung aus (National-/Neo-)Liberalismus und konservativer Revolution hervor, mit der wichtige Parteifunktionäre offen einen verschärften Klassenkampf von oben propagieren und dabei u.a. auch auf rassistische und sozialdarwinistische Versatzstücke zurückgreifen.

Die „Alternative für Deutschland“ hat scheinbar aus dem Nichts fast den Sprung in den Bundestag geschafft. Der Einzug ins Europa-Parlament ist aktuell das erklärte Ziel der Partei. Seit dem Jahreswechsel gibt es erhebliche innerparteiliche Richtungskämpfe zwischen nationalliberalen und neoliberalen Kräfte, in denen es auch darum geht, welche Rolle hierbei Rechtspopulist*innen einnehmen. Der Soziologe Andreas Kemper stellt die Entstehung der AfD mit ihren Forderungen, Gruppen sowie Personen dar. Er geht dabei auch auf die internen Kontroversen („autoritäre Säuberungsaktion“ versus „Befreiung von Querulanten/ rechtsextre-men Zirkeln“) ein.

Andreas Kemper (andreaskemper.wordpress.com) veröffentlichte „Rechte Euro-Rebellion“ über die AfD sowie zusammen mit H. Weinbach eine Einführung in das Thema Klassismus. Außerdem publiziert er zum organisierten Antifeminismus/ Maskulismus. Im Frühjahr ist seine Publikation „Sarrazins Correctness. Zur Tradition der Menschen- und Bevölkerungskorrekturen“ erschienen. [via]

    Download: via FRN (mp3; 33 MB; 72:36 min)

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Siehe auch: Krise und Faschismus in Europa. Abschließend sei verwiesen auf die Thesen zum Rechtsruck in Europa der Gruppen gegen Kapital und Nation und auf die Umrisse einer Kritik des Faschismus aus dem Grossen Thier. Links zu Texten zum Thema, insb. zur Auswertung der Europawahl-Ergebnisse und der jüngsten Wahlerfolge der AfD sind in der Kommentarspalte herzlich willkommen. Heimat Europa verraten.

»Behandelt uns wie Menschen!«

„Ich habe aufgehört, überhaupt zu versuchen ein Leben zu führen. Ich habe es einfach verlernt. Du wirst zum Schatten deiner selbst.“

„Für die Politik ist dies ein sehr radikaler Protest. Wir antworten so auf eine Brutalität, die uns von dem System selbst angetan wird.“

Als vor einem Monat das Flüchtlings-Protestcamp auf dem Rindermarkt in München geräumt wurde, wo sich 44 Flüchtlinge im Hungerstreik befunden hatten, waren die Verhältnisse, in denen Flüchtlinge hierzulande leben müssen, für eine kurze Zeit in der Öffentlichkeit präsent. Inzwischen interessiert sich kaum noch jemand dafür, was aus den Flüchtlingen in München geworden ist. Nicht so der Zündfunk – in der Zündfunk-Langstrecke sind drei Flüchtlinge, die sich derzeit in München befinden, zu Wort gekommen und haben über ihr Leben, ihre Flucht, ihre Situation in Deutschland und ihre Kritik am Asylsystem gesprochen. Pass it on!

50 Asylbewerber treten in München in den Hungerstreik – und plötzlich interessiert sich für kurze Zeit ganz Deutschland für die Lebensbedingungen von Flüchtlingen hier. Der Zündfunk lässt drei von ihnen ihre Geschichte erzählen. Einen Monat nach dem Hungerstreik lassen wir drei Flüchtlinge erzählen, warum sie nach Bayern kamen und wie es ihnen hier ergangen ist. Da ist Cliff, der als Kindersoldat in Uganda zusehen musste, wie seine Mutter bei lebendigem Leibe verbrannte. Seit zehn Jahren verbringt er seine Tage in einer beengten Asylbewerberunterkunft, wo er zur Behandlung seines Traumas statt einer Therapie nur Psychopharmaka bekommt. Da ist Houmer, der im Iran an der Grünen Revolution beteiligt war und nach seiner Flucht vor dem Regime hier in Deutschland für die Rechte von Flüchtlingen kämpft. Auch am Hungerstreik war er beteiligt. Da ist aber auch Lina, die als Minderjährige allein aus Afghanistan kam und dank gezielter Förderung nun gerade ihre Ausbildung als Zahnarzthelferin abgeschlossen hat. [via]

    Download: via BR2 // via RS [46,7 MB; 50:58 min]

Edit: Auf der Homepage des frankfurter GSP-Ablegers gibt es eine durchaus hörenswerte Besprechung der Ereignisse am Münchner Rindermarkt:

    Download (via Farberot)

Edit 2: Leider ist die Audiodatei prompt von der Farberot-Homepage verschwunden. Hat jemand eine Kopie gemacht?

Intros zu Verschwörungstheorien, nationalen Befreiungsbewegungen und dem Fetischbegriff bei Marx

Bereits seit 2008 veranstaltet die Associazione delle Talpe in Bremen eine Veranstaltungsreihe, die zwar einführenden Charakter haben soll(te), aber dennoch ein ansprechendes Niveau aufweist. Neben einer Kritik der Verschwörungstheorien und linksnationalistischer Befreiungsbewegungen, können wir hier auch auf Ausführungen Hendrik Wallats (Rote Ruhr Uni) – zu den Begriffen Fetischismus und Verdinglichung bei Marx – verweisen.
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Wo die Liebe zu den Ge­set­zen im Staa­te ruht

Über den Zu­sam­men­hang von Weib­lich­keit und Na­ti­on

Im Rückgang an die Anfänge der bürgerlichen Gesellschaft untersucht Karina Korecky in diesem Vortrag Wesen und Entstehung des Geschlechterverhältnisses und der Geschlechtscharaktere. Diese erweisen sich dabei als irrationale Zuschreibungen, die anders als andere Vorstellungen des Aufklärungsdenken – z. B. die Notwendigkeit des Staates – nicht einmal versuchsweise logisch begründet oder rational bestimmt worden sind. Weiblichkeit bzw. die Unterordnung und Unmündigkeit von Frauen bleiben im Medium der Philosophie ebenso unbegründet wie unbegründbar und können daher als »gefühlte Gewissheit« nur Thema von Kunst oder Poesie, nicht aber eines analytischen Denkens sein. Darin ist Weiblichkeit der ebenfalls nur mythisch »bestimmbaren« Nation ähnlich. Wie beide auch innerlich zusammenhängen, zeigt der Vortrag.

Das Referat wurde auf dem wertabspalungskritischen Sommerworkshop (EXIT!) am 23.08.2011 aufgezeichnet.

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Arabischer Nationalismus …

…, Antisemitismus und die Auslandspropaganda der Nationalsozialisten

Etwas verspätet: Das Bündnis gegen den Al Quds-Tag in Berlin stellt einen sehr informativen Vortrag über die Beziehungen der Nationalsozialisten zu Kollaborateuren in arabischen Ländern zur Verfügung, der am 24.08.2011 im Rahmen der Mobilisierung gegen den Al Quds-Tag in Berlin gehalten wurde. Darin gibt Hannes Bode zunächst einen sehr differenzierten Überblick über die Bedingungen, unter denen im arabischen Raum überhaupt eine Öffentlichkeit im modernen Sinne entstanden ist und im Rahmen welcher Kräfteverhältnisse sich dort nationalistische und antisemitische Positionen etablieren konnten. Vera Henßler spricht dann über diplomatische und propagandistische Versuche der Nationalsozialisten, im arabischen Raum (kriegerisch) Fuß zu fassen. Die Aufnahme enthält leider starke Hintergrundgeräusche.

    Download: via FRN (mp3; 57,5 MB; 1 h 2:44 min) | via AArchiv (mp3; 35,9 MB) | Soundcloud

Die weiteren im Rahmen der Mobilisierung gehaltenen Vorträge findet ihr auf dem Blog des Bündnisses oder direkt auf dem AArchiv-Server. Zudem sei auf das zahlreiche Material des Bündnisses hingewiesen. Ebenfalls maßgeblich: die Ausgabe des iz3w mit dem Schwerpunkt zum Thema.

Zum Ankündigungstext des Vortrags: Weiterlesen

Deutschland bildet sich

Über die nationale Dynamik der Sarrazin-Debatte und ihre Geschichte

JustIn Monday wirft in diesem Vortrag einen Blick auf den Verlauf der sog. Sarrazin-Debatte, also auf die Äußerungen Thilo Sarrazins (»Deutschland schafft sich ab«) über Intelligenz, Vererbung und Integration sowie die Repliken, wie sie z. B. von Frank Schirrmacher (FAZ) vorgetragen worden sind. Es geht ihm dabei nicht darum, die Vorstellungen Sarrazins von links zu widerlegen. Vielmehr versucht er sich an einer ideologiekritischen und teilweise psychoanalytischen Deutung dieser Vorstellungswelt. Dazu stellt er einen Zusammenhang zu Denkern der »konservativen Revolution« (Oswald Spengler, Ortega y Gasset) und zur Krise der kapitalistischen Akkumulation her, auf welche erstere in den 1920/30er Jahren wie auch Sarrazin und einige seiner KritikerInnen heute ideologisch (rassistisch, sexistisch, nationalistisch usw.) reagier(t)en.

Der Vortrag wurde am 15. Oktober 2011 auf dem »EXIT!«-Seminar aufgezeichnet.

Download
via AArchiv: Teil 1 (1:06 h, 23 MB), Teil 2 (0:55 h, 19 MB)
via MF: Teil 1, Teil 2

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Vom Antifa-Sommer zum Irak-Krieg. Die Transformation des deutschen Nationalismus

Als Nachtrag zur »Wie scheiße ist Deutschland?«-Konferenz hier eine Aufnahme vom November 2008 zu einem ähnlichen Thema. Zur Transformation des deutschen Nationalismus und zum Stillstand bzw. Verstummen »antideutscher« Kritik gibt es Statements bzw. Kurzvorträge von der Gruppe B17, einem Referenten von [a:ka] Göttingen und Lars Quadfasel (Hamburger Studienbibliothek).

Download: Original via B17 (0:53 h, 24 MB) | Nachbearbeitet via Audioarchiv, via MF (15 MB)

Ankündigungstext: Weiterlesen

Ungarns konservative Revolution

Das Offene Antifa Treffen Dresden stellt den Mitschnitt eines Vortrags von Magdalena Marsovszky über die aktuellen Entwicklungen in Ungarn zur Verfügung. Sie referiert über die Geschichte des völkischen Nationalismus in Ungarn, informiert über den Charakter und die Erfolgsgeschichte der rechtsradikalen Parteien Fidesz und Jobbik und die Bedrohung, die u.a. von der `Ungarischen Garde´ ausgeht. (Zum Ankündigungstext)

Download: via archive.org, nachbearbeitet via audioarchiv (28,2 MB; 1 h 1 min 35 sec)

Kleinere Radiobeiträge über die aktuelle Situation in Ungarn:

Europa rechtspopulistisch – Ungarische Ratspräsdentschaft im EU-Parlament diskutiert | Das ungarische Desaster | Ende der Pressefreiheit in Ungarn? | Neues Mediengesetz in Ungarn: Musikzensur, Quoten und weniger Gewalt in den Nachrichten | Tilos Radio in Budapest wird von der ungarischen Medienaufsicht abgemahnt

Hintergrundinformationen:

Deutschlandwahn in der Popkultur. Zur Nationalisierung des Pop

Roger Behrens über Nationalismus im Pop. Dokumentiert sind Vortrag und Diskussion, die im Juli 2009 von Ums Ganze-Gruppen veranstaltet wurden. Interessant ist, wie Roger es schafft, dass einer der Ums-Ganze-Leute am Ende der Diskussion an seinem funktionalistischen Ideologieverständnis zweifelt.

Download: via Audioarchiv, via MF (2:45 h, 57 MB)

Ankündigungstext: Weiterlesen

Kapitalistische Vergesellschaftung und nationalistische Ideologie

Mitschnitt eines Vortrags, den Martin Dornis am 19.08.2010 in Jena, im Rahmen der Reihe »Schwarz.Rot.Gold. …sind nicht mal alles Farben« gehalten hat. Er skizziert die Geschichte des Staates im Kapitalismus, um anschließend Besonderheiten des deutschen Staates und der damit verbundenen nationalistischen Ideologie herauszuarbeiten. Ankündigungstext hier. Untenstehend findet ihr das Thesenpapier zum Vortrag und die verwendeten Zitate.

Download (29.19 MB): via keine Farben/Soundcloud, via Audioarchiv

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