Vor einigen Monaten diskutierte (nicht nur) die politische Linke die Frage, ob Judith Butler eine würdige Preisträgerin des nach und gegen Adorno benannten Preises der Stadt Frankfurt sei. Butlers Unterstützung für antiisraelische Boykottkampagnen und die Bekundung, Hamas und Hisbollah wären Teil der globalen Linken, widersprachen allzu deutlich dem, wofür der Namensgeber des Preises einstand. Wir dokumentieren Beiträge, die Adorno gegen seine Preisträger verteidigen (Alex Gruber und Magnus Klaue) und den grundlegend affirmativen Zug der als so radikal gefeierten Gender-Theorie und Moralphilosophie Butlers versuchen darzulegen (Lars Quadfasel). Hinzu kommt aber auch eine Position (Ole Frahm), die Butlers Philosophie als einen Versuch sich in einer bestimmten jüdischen Tradition zu denken liest und Kritik an den Kritikern der Verleihung übt.
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Lorettas Leselampe
Sie gehört zu den anspruchsvollsten Sendungen der deutschsprachigen freien Radios. Seit Mitte der 1990er Jahre werden unter ihrem Licht Veröffentlichungen besprochen, die von den Hörern und Hörerinnen sonst potentiell nicht wahrgenommen werden würden. Immer wieder gelang es mit ihr Positionierungen aufzuzeigen und Scheuklappen zu lüften. Ihre klare Position gegen den Antisemitismus in der Linken und ihre Vorliebe für die Kritische Theorie, hoben sich angenehm von vielen anderen Produktionen der freien Radios ab. Auch weil sich die Produktionsbedingungen für sie in den letzten Jahren verschlechtert haben (die Redaktion verkleinerte sich und die verbliebenen Mitglieder verteilen sich auf unterschiedliche Städte), soll sie im Folgenden gewürdigt werden: Lorettas Leselampe vom Freien Sender Kombinat Hamburg.
In Erinnerung an Martin Büsser
Im September 2010 ist, völlig überraschend, der Poptheoretiker, Musikkritiker und Herausgeber der Zeitschrift Testcard, Martin Büsser, an Krebs gestorben (Nachruf des Ventilverlags, Nachruf von Roger Behrens). Er schrieb unrastsam zahlreiche Bücher und Artikel zur Geschichte der Popmusik, zu Popnationalismus, Geschlechterverhältnissen und vielen anderen Themen. Mit seinem Tod ist eine wertvolle und herausragende Stimme in der linken Presse, sowie ein sympathischer Mensch verlorengegangen. Ihm sei hier in Form einer unvollständigen Zusammenstellung von Vortragsmitschnitten und Radiobeiträgen von Martin Büsser gedacht. Einige weitere unveröffentlichte Audio-Beiträge von Martin Büsser werden in Kürze nachgereicht.
1. Wie klingt die neue Mitte – Vortrag über rechte und reaktionäre Tendenzen in der Popmusik
- Download (20,11 MB): via MF
2. Emo – Portrait einer neuen Jugendszene
3. Das Verschwinden linearer Musikgeschichte
- Download: via FRN (31,4 MB), Nachbearbeitet via MF (12 MB)
4. Über den Regress in der deutschen Kultur (Gespräch mit Lorettas Leselampe)
5. I can’t relax in Deutschland – Diskussion mit Marvin Alster (Conne Island), Martin Büsser, Elena Lange (Stella), Markus Moll (ISF) und Marvin (I can’t relax in Deutschland) – mit einem Beitrag von Martin Büsser über die Geschichte der nationalen Radioquote
- Download (17.95MB): via MF
6. Jenseits der Rezession – Musik, Subkultur und Politik heute
- Download (21.7 MB): via MF
7. Martin Büsser über Tine Plesch, Kultur und Feminismus im Rahmen einer Reihe zur Erinnerung an Tine Plesch – die Einleitung und die weiteren Audio-Beiträge im Rahmen der Tine-Plesch-Lesung (mit Beiträgen von Jörg Sundermeier, Dagmar Brunow, Wally Geyermann und Conny Lösch) gibt es hier
-
Download (4.43 MB): via MF
Martin Büsser im Audioarchiv:
Von der Avantgarde zur Selbstreferenzialität (Vortrag KSR) | Über das Geschlechterverhältnis in der Punk- und Hardcoreszene
Kleinere Beiträge und Interviews:
Indizierung von Musik | Testcard: blühende Nieschen | Über Indie, Popkultur und Jugendbewegungen | Interview Testcard 17: Sex | Interview über Emo | Über die Dokumenta
Material zu Paul Celan
1. Magnus Klaue – SARKASMEN. Überlegungen zum poetischen Interventionismus in Paul Celans Spätwerk
Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kunst | Spektakel | Revolution„: Daß Paul Celans Lyrik entgegen verbreiteten Klischees über deren vermeintliche Hermetik ihrer Formgestalt nach als ‚engagierte Dichtung‘ verstanden werden muß, ist spätestens seit Ende der siebziger Jahre zunehmend ins Bewußtsein der akademischen Forschung, aber auch der feuilletonistischen Rezeption seines Werks getreten. Nolens volens haben die dezidiert politischen Interpretationen von Celans Lyrik seiner Vereinnahmung als ‚Dichter des Holocaust‘ durch diverse derridistisch-heideggerianische Gedächtnisexperten womöglich sogar vorgearbeitet. Im Mittelpunkt solchen Interesses stehen indes die Lyrikbände aus Celans mittlerer Schaffensperiode, v.a. „Sprachgitter“ und „Die Niemandsrose“. Der Vortrag möchte demgegenüber der Frage nachgehen, inwiefern Celans späte Gedichte, die sich sowohl in ihrer Entstehungsweise wie in ihrer immanenten Formsprache deutlich von den früheren unterscheiden, sich bereits als Reaktion auf verschiedene Weisen der politischen Vereinnahmung seines Werks deuten lassen. Die spezifische Form des Engagements, wie sie seinen früheren Dichtungen immanent ist, wird dabei zugespitzt in einem polemischen Interventionismus, der in bislang ungekannter Weise auf ‚pragmatische‘ Formen wie Sentenz und Epigramm zurückgreift, zugleich aber jede Art politischer ‚Gebrauchsdichtung‘, wie sie zur gleichen Zeit etwa von Enzensberger vertreten wurde, scharf zurückweist. Für die besondere Formsprache, die durch die Verschränkung von Elementen ‚eingreifender‘ und ‚absoluter‘ Dichtung im Spätwerk entsteht, schlägt der Vortrag den Begriff des Sarkasmus vor. Im Mittelpunkt stehen Gedichte aus den Bänden „Fadensonnen“, „Lichtzwang“ und „Schneepart“.
Download: via FRN [mp3; Stereo; 128 kbps; 42,0 MB] oder nachbearbeitet via MF [mp3; Mono; 40 kbps; 13,1 MB]
2. Ich hörte sagen. Gedichte und Prosa
Die Stimme der Poesie – Paul Celan ist einer bedeutendsten deutschprachigen Lyriker des 20. Jahrhunderts. In seinen Gedichten verbindet sich bittere Kritik mit sehnsüchtiger Utopie, sie sind in ihrem Wesen nach Dialoge, Zwiegespräche. Im Vortrag des Autors entfalten sie ihre Trauer und Anklage in eindringliches Tönen.
Paul Celan, 1920 – 1970, liest hier über 80 Gedichte aus Der Sand der Urnen, Mohn und Gedächtnis, Von Schwelle zu Schwelle, Die Niemandsrose, Sprachgitter, Fadensonnen, Atemwende sowie aus Ausgewählte Gedichte.
Paul Celans Vortrag offenbart, wie sehr dieser Dichter aus und in der Sprache lebt, wie er spricht, um zu leben. Sein Werk zeigt, dass auch nach Auschwitz Lyrik noch möglich ist, wenn sie die bittere Realität nicht verdeckt. [Literatur-Report]
Download: CD 1 | CD 2 [via MF]; pw:
Schnabelfeld
3. Wutpilger-Streifzüge. Fragmente aus Politik und Kultur #1
Das Debut der Sendereihe „Wutpilger-Streifzüge“, in dem das Sendekonzept vorgestellt und Überlegungen zur Möglichkeit einer Radiosendung angestellt werden, enthält die Lesung und eine Interpretation des Celan-Gedichtes „Wutpilger-Streifzüge“ (Fadensonnen, PCGW II, S.169). Das in der Sendung enthaltene Kurz-Essay zu Fragment und Aphorismus kann hier nachgelesen werden.
Download [via MF; mp3; Stereo; 128 kbps; 52 min 17 sec; 47,9 MB]
4. Lorettas Leselampe – Dezember 06
Lorettas Leselampe stellt in diesem Sende-Ausschnitt die 2006 aus dem Nachlass erschienenen Prosa-Fragmente Celans (Paul Celan: Mikrolithen sinds, Steinchen. Die Prosa aus dem Nachlass. Suhrkamp) vor.
Download [via MF; Stereo; 128 kbps; 18 min 57 sec; 17,4 MB]
5. Bremer Literaturpreis 1958
Celan wurde 1958 für seine Bände „Mohn und Gedächtnis“ und „Von Schwelle zu Schwelle“ der Bremer Literaturpreis verliehen. Hier ein kurzer Auszug aus seiner Rede während der Preisverleihung:
hören [Radio Bremen]
6. Literaturempfehlungen zum Thema: Weiterlesen