Schlagwort-Archive: Kulturindustrie

Neues vom Immergleichen

Viel ist immer mal wieder zu lesen über „die Kulturindustrie„. Da geben sich spröde Akademiker, schneidige Lohnschreiber und agile Freizeitagitatoren nichts. Doch wie kommen sie alle dazu anzunehmen, sie könnten – quasi unbeteiligt – über jene Bewußtseinsindustrie schreiben, deren Teil sie alle doch nolens volens sind?
Eine Ersatzhandlung besteht darin, statt über die real existierende Kulturindustrie in philologisch-seminaristischer Tradition über „die Kulturindustriethese“ bzw. „das Kulturindustrie-Kapitel“ zu räsonieren. Man kann über die Geschichte der Kulturindustrie reden, über ihre Inhalte, über ihre Produktionsbedingungen – nur entkommen, das kann man ihr erstmal nicht. Und so kann sie nur ein, wenn nicht der vornehmste Gegenstand immanenter Kritik sein: Es bleibt die Notwendigkeit, zu untersuchen, welche – marktförmigen, also nicht bloß manipulativen – Mechanismen es bewirken, daß sich, allem vordergründigen Pluralismus zum Trotz, in den Köpfen doch wieder jene letztendliche Alternativlosigkeit breit macht, die man nur Ideologie nennen kann. Sachzwang FM verwies, eingeleitet mit diesen Worten, in der aktuellen Sendung auf zwei „eminent gute“ Vorträge (2012, Berlin, Hummelantifa), die einige Thesen zur Transformation der Kulturindustrie aufbereiten.

1. Christoph Hesse: „Kulturindustrie, das sind die anderen“

Mit dem Begriff der Kulturindustrie hat Adorno der Kritik der sogenannten Massenkultur ihren schärfsten Ausdruck gegeben. Und zudem einen, der zielstrebig missverstanden wird: Kulturindustrie, das sind die großen Musikkonzerne und Hollywood, doch ganz sicher nicht die gutgemeinte Bastelei, derer man sich und seinesgleichen rühmt. Im übrigen herrscht Einigkeit darüber, dass, was populär ist, nicht durchaus schlecht sein könne. Adornos Kritik, die heute als überspannt und gleichermaßen überholt erachtet wird, galt nicht zuerst der unverdrossen sich selbst anpreisenden Kultur, sondern einer Gesellschaft, die es samt ihrer Kultur dahin brachte, dass die Menschheit, „anstatt in einen wahrhaft menschlichen Zustand einzutreten“, wie es in der Vorrede zur „Dialektik der Aufklärung“ heißt, in eine neue Art von Barbarei versank. Die törichten Schlager, denen man inzwischen allerlei Qualitäten nachsagt, hätte auch Adorno wohl ziemlich gleichmütig ertragen, wenn er nicht erkannt hätte, was es mit der in Verwaltung übergegangenen Kultur auf sich hat. Dieser Prozess hat längst auch die einstmals autonome Kunst erfasst. Vergeblich daher das scheinbar so leicht zu bewerkstelligende Kunststück, den Geltungsbereich der Kulturindustrie historisch oder geographisch einzugrenzen, um einer erklärtermaßen authentischen Kunst oder Kultur einen Platz draußen im Freien zuzuweisen. Wenn überhaupt, so enthält die Kulturindustrie selbst „das Gegengift ihrer eigenen Lüge. Auf nichts anderes wäre zu ihrer Rettung zu verweisen“ (Adorno).“

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2. Magnus Klaue: „Ohne weitere Bestimmung. Über die notwendige Vergangenheit des Glücks“

„Glück bezeichnet weder den bloßen Zufall, der einigen hold ist, während die anderen vergeblich auf ihn warten, noch ein besonderes Verdienst, sondern ein absichtloses Gelingen, das nur der ihrer selbst inne gewordenen Menschheit zufallen kann. Als Glück der Tüchtigen, das am Ende mühseliger Arbeit warten soll, wird es ebenso zur Lüge wie das zum ökonomischen Prinzip geronnene „Pursuit of Happiness“, welches das blinde Konkurrenzprinzip sanktioniert, bei dem jeder mit dem zufrieden sein soll, das für ihn übrigbleibt. Erst recht bezeichnet Glück keinen gesellschaftlichen Zustand, der als Ergebnis rationalistischer Planung entstehen möge. Vielmehr transzendiert es seinem Gehalt nach alle gesellschaftlichen Bestimmungen. Wohl deshalb west es in der totalen Gesellschaft als emotionstechnokratische Kategorie fort: Für das Glück muss man sich zurichten wie für Arbeit und Beziehung, und dabei hilft die zu ihrer eigenen Karikatur gewordene „Philosophie“ in Gestalt hauptamtlicher Reflexionssimulatoren wie Martin Seel und Wilhelm Schmid. Demgegenüber soll in Anlehnung an Adornos „Minima Moralia“ der Begriff des Glücks als Unabgegoltenes in seinem Verhältnis zur Zeit entfaltet werden. Gerade indem er das Geglückte ganz melancholisch stets als Vergangenes denkt, zielt der Begriff des Glücks negativ auf eine erfüllte Gegenwart, welche die Linearität der Zeit, in der alles entsteht, um zu verschwinden, für immer hinter sich gelassen hätte.“

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Leib ohne Trieb – Von der Prostitution zur Sexarbeit

Zeitgleich mit tagespolitischen Diskussionen um ein Verbot der Prostitution, lud die Kritische Intervention Theodora Becker und Magnus Klaue nach Halle, um – Abseits von Skandalisierung und Voyeurismus – den Begriff der Sexarbeit hinsichtlich des gesellschaftlichen Verhältnisses zu Arbeit, Sexualität und Körper zu untersuchen.

Theodora Becker: Sehnsucht nach Unmittelbarkeit – Prostitution als illegitimes Kind der Kulturindustrie

Theodora Becker von der autonomen Hurenorganisation Hydra e.V. in Berlin geht der Frage nach, was an der Prostitution der bürgerlichen Ordnung so bedrohlich erscheint, von der sie doch zugleich ein unabdingbarer und institutionalisierter Bestandteil ist, dessen Kontrolle zwar für dringend notwendig erachtet, dessen tatsächliche Abschaffung aber doch selten versucht wurde. In der ambivalenten Stellung der käuflichen Lust zeigt sich ein ebenso problematisches gesellschaftliches Verhältnis zur Sexualität, das auch durch sogenannte sexuelle Revolutionen nicht aus der Welt geschafft wurde. Wie dieses Verhältnis heute aussieht, zeigt sich auch daran, wie sich die Ware Sexualität unter kulturindustriellen Vorzeichen darstellt und welche Bedürfnisse und Sehnsüchte sie bedient. Becker wirft auch die Frage auf, warum in der üblichen, moralisch gefärbten Kritik an der Prostitution die Kommerzialisierung des Intimsten beklagt, jedoch das, was dieser Tauschhandel ermöglicht, meist nicht beachtet wird.

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Wie so häufig bei Veranstaltungen in Halle, gab es vor dem Referat ein Gespräch mit Radio Corax, welches den Fokus stärker auf die tagesaktuellen Debatten um Alice Schwarzers Forderung nach der Abschaffung der Prostitution legt.

Ankündigung:

Sie wollen Prostitution abschaffen und Frauenhandel stärker bekämpfen. Das Argument: Sexarbeiterinnen würden nicht freiwillig in dem Gewerbe arbeiten, es seien patriarchal dominierte ökonomische Strukturen, welche sie in ihre Situation drängen würden. Daher veröffentlichte die Zeitschrift von Alice Schwarzer, EMMA, einen „Appell gegen Prostitution“. Allerdings: Nach Frauen, die selbst betroffen sind, sucht man auf der Liste der UnterstützerInnen vegebens. Die haben schlicht woanders unterschrieben. Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter beklagen in einem »Appell für Prostitution« die Ächtung ihres Berufes. Radio Corax sprach mit Theodora Becker vom Hydra e. V. über Arbeitsbedingungen in der Sexarbeit.

Magnus Klaue – Sexwork und Körperpolitik als postfeministische Sozialtechnologie

Magnus Klaue, der in einigen Wochen im Ca-Ira Verlag ein neues Buch veröffentlichen wird, kritisiert die Verwandlung von Sexualität in „Arbeit“, wie sie sich exemplarisch an den Werken von Beatriz Preciado studieren lässt, die keinen Unterschied zwischen Sexualität und Prostitution kennen und das inkommensurable Moment des Triebs durch totale Technifizierung des Sexus zu tilgen suchen. Klaue versucht zu zeigen, inwiefern die „postfeministische“ Körperpolitik Emanzipation nur noch als restlose Selbstzurichtung subjektloser Subjekte kennt, denen Unbewusstes, Trieb und Leib nichts anderes sind als Objekt und Resultat von Wahlentscheidungen und „Einschreibungen“, mithin Ausdruck totaler Vergesellschaftung.

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testcard #17: Sex

Abschließend sei noch auf eine ältere Ausgabe der Testcard hingewiesen. Nummer 17 erschien 2008 unter dem Titel „Sex“ und Radio Corax sprach aus diesem Anlass mit dem, mittlerweile verstorbenen, Herausgeber Martin Büsser

Ankündigung:

„Wurden Sexualität und gesellschaftliche Befreiung Anfang der 1970er noch in einem untrennbaren Zusammenhang miteinander gedacht, ist linker Umgang mit Sex schon ein Jahrzehnt später immer stärker von Sexismus-Debatten überlagert worden. Nirgends wurde lustvoll über Sexualität geschrieben: Körper und Sex erscheinen seit den 1980ern in linksradikalen Kreisen als vermintes Gelände…“ Mit diesen Worten beginnt das Editorial der neuen Testcard. Jene Zeitschrift, die sich als Anthologie zur Popgeschichte und Poptheorie versteht. Testcard erscheint halbjährlich und beinhalten Artikel zu Musik, Film und zeitgenössischer Kunst, die um einen wechselnden Themenschwerpunkt kreisen. Diesmal eben Die Linke und der Sex. Was die MacherInnen dazu veranlasst hat? Darüber hat Judith mit dem Mitherausgeber Martin Büsser geredet.

Über das Verhältnis von Genuss und Lust. Ein Gespräch mit Magnus Klaue

Claus Harringer von Radio FRO aus Linz sprach mit Magnus Klaue über das Verhältnis von Genuss und Lust, die sogenannte Entschleunigungsbewegung, die abstrakte Vorstellungen von Nachhaltigkeit als Alltagsreligion, Regionalismus und kritikable Voraussetzungen der Ökologiebewegung: Die Sendung findet sich beim CBA , BFR (leicht gekürzt) und im Audioarchiv.

Roger Behrens: Versuche einer kritischen Radiopraxis

Er hielt Rundfunkvorträge, nahm an Gesprächsrunden1 teil, diskutierte im Fernsehen über Fragen der kritischen Theorie, bediente sich des Rundfunks, um im Sinne der Erziehung zur Mündigkeit mit politisch – philosophischen Beiträgen Aufklärung zu leisten: Theodor W. Adorno. Michael Schwarz, Mitarbeiter im Adorno-Archiv, hat allein 114 Rundfunkgespräche gezählt, bei denen sich Adorno vor das Mikrophon setzte. Noch höher ist die Zahl der ausgestrahlten Vorträge im Radio. Durch die Partizipation im öffentlich-rechtlichen Rundfunk versprach er sich seinen Teil zur Entbarbarisierung beizutragen; das Radio als Kommunikationsapparat zu nutzen, statt es wie in der Kulturindustrie zum Volksempfänger zu funktionalisieren.
Das (öffentlich-rechtliche) Radio, das hilft nicht zu verkümmern, ist heute Illusion: Rundfunkanstalten sind vernarrt in die Idee, dass Hörfunk eine Art überall erreichbaren Services sei. Die Konsequenz ist das kleinste zumutbare gemeinsame Vielfache: Musik, die durch den Alltag dudelt und – quasi zusätzlich- Informationen über das Wetter, den Verkehr und das tagesaktuelle Geschehen – möglichst gut und schnell verdaulich. Nicht verwunderlich daher, dass Akteure, die sich in der Tradition der Kritischen Theorie sehen, sehr selten in solchen Formaten zu Wort kommen. Die Wenigen, die dennoch zu hören sind, sind zumeist auf die limitierten Möglichkeiten freier Radios angewiesen. Ein Beispiel liefert Roger Behrens Sendung Freibaduniversität (im Winter Hallenbaduniversität genannt), die er für das Freie Senderkombinat Hamburg und Radio Corax produziert. Einige Sendungen der letzten Monate dokumentieren wir im Folgenden.
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Kulturindustrie is coming heim. Eine Vergangenheitsbewältigung

Alles falsch. Auf ver­lo­re­nem Pos­ten gegen die Kul­tur­in­dust­rie (II)

Eine Buchvorstellung zu diesem im Verbrecherverlag erschienenen Sammelband haben wir bereits vor einiger Zeit dokumentiert. Nun hat mir ein Genosse aus Frankfurt eine weitere Aufzeichnung zugespielt – herzlichen Dank dafür! In ihr ist Mitherausgeber Dirk Braunstein zu hören, der nach einigen Worten zum Inhalt des Bandes aus seinem eigenen Beitrag liest. Es handelt sich um eine treffsicher-polemisch kommentierte Presseschau zu Adornos 100. Geburtstag (2003). Braunstein behandelt damit in angemessener Weise einige hanebüchenen »Würdigungen« Adornos, die im Schlechten nur noch von den – zu diesem Anlass ebenfalls überreichlich und nicht selten im selben Atemzug verbreiteten – dummdreisten »Kritiken« an »Teddie, dem Schlechte-Laune-Bären« übertroffen werden. Und das ist nicht nur hörens- bzw. lesenswert, sondern stellenweise auch (im Einklang mit der Kulturindustrie?) sehr amüsant.

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Lorettas Leselampe

Sie gehört zu den anspruchsvollsten Sendungen der deutschsprachigen freien Radios. Seit Mitte der 1990er Jahre werden unter ihrem Licht Veröffentlichungen besprochen, die von den Hörern und Hörerinnen sonst potentiell nicht wahrgenommen werden würden. Immer wieder gelang es mit ihr Positionierungen aufzuzeigen und Scheuklappen zu lüften. Ihre klare Position gegen den Antisemitismus in der Linken und ihre Vorliebe für die Kritische Theorie, hoben sich angenehm von vielen anderen Produktionen der freien Radios ab. Auch weil sich die Produktionsbedingungen für sie in den letzten Jahren verschlechtert haben (die Redaktion verkleinerte sich und die verbliebenen Mitglieder verteilen sich auf unterschiedliche Städte), soll sie im Folgenden gewürdigt werden: Lorettas Leselampe vom Freien Sender Kombinat Hamburg.

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Reflexionen über die Kulturindustrie

Im Rahmen der Sendung Klärwerk hat Marius Meier von Radio Z Nürnberg im Juli 2012 ein interessantes Interview mit Detlev Claussen geführt, das in eine Reihe von Reflexionen über Begriff und Wirklichkeit der Kulturindustrie eingebettet ist. Sowohl eine knappe Einführung in die Kritik der Kulturindustrie wird geboten, als auch die Frage nach ihrer Aktualisierung (insb. hinsichtlich des WWW) gestellt. Interessant sind Claussens Ausführungen zum Verhältnis des Internets zur (Halb-)Bildung sowie zum Eindringen der Verwalteten Welt ins Individuum.

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Im Rahmen unserer letzten Sendung beschäftigten wir uns eine Stunde lang mit der Theorie der Kulturindustrie.

Ein wechselhafter Sommer hat begonnen, und während andere Medien sich vor allem einer ressentimentbehafteten Berichterstattung über die Folgen der Schulden- und Wirtschaftskrise widmen, will das Klärwerk heute die Frage nach den Verhältnissen und Rahmenbedingungen stellen, unter denen sich Kultur im Jahre 2012 abspielt.
Der Begriff der „Kulturindustrie“ geisterte noch vor 20 Jahren häufiger durch Zeitungen und Magazine und wurde häufig im Sinne der kulturkonservativen Konstatierung eines vermeintlichen Werteverfalls missbraucht. Heutzutage gibt es kaum mehr öffentliche Debatten, die sich seiner bedienen.Wir versuchen im Rahmen unserer Themenstunde in die Theorie der Kulturindustrie einzuführen.

Das situationistische Ende der Kunst und sein Ausbleiben

Alles falsch — auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie

Anlässlich des kürzlichen Erscheinens des Buches »Alles falsch. Auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie« hat Sebastian Dittmann am 3. Juli 2012 in Halle einen Vortrag gehalten, in dem er zunächst eine kurze Einführung in das Theorem der Kulturindustrie von Horkheimer & Adorno gibt und anschließend über die Spektakel-Kritik der Situationisten referiert. Konklusio des Vortrags ist die Gegenüberstellung der verschiedenen Ausgangsbedingungen Adornos und Horkheimers auf der einen und Debords und der Situationisten auf der anderen Seite und wie daraus unterschiedliche Positionen zum Umgang mit der Kunst entspringen.

Während es üblich geworden ist, innerhalb der Kulturwaren zu differenzieren, um so deren vermeintliche Freiheitspotentiale zu entdecken, haben es sich die Autoren eines vor kurzem im VerbrecherVerlag erschienenen Buches vorgenommen, die Kulturindustrie als das zu kritisieren, was sie ist: Produkt und zugleich Produzentin des falschen Ganzen, als welche sie Theodor W. Adorno zu seiner Zeit verurteilte. Konnte der noch damit rechnen, durch Übertreibung ihre Wahrheit zu treffen, hat die Kulturindustrie unterdessen ihren eigenen Superlativismus übertroffen. „Alles falsch – Auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie“, heißt das betreffende Buch. Mitherausgeber Sebastian Dittmann stellt es nun vor. In den Mittelpunkt rückt Dittmann dabei die Situationisten um Guy Debord. Debord und Adorno versuchten Mitte des letztens Jahrhunderts das Voranschreiten der Entfremdung seit dem Erscheinen von Marx´ ›Kapital‹ zu fassen. Interessanterweise ist ihre Kritik von „Kulturindustrie“ bzw. „Spektakel“ sich dabei recht ähnlich, manchmal bis in die Wortwahl, aber ihre Schlußfolgerungen unterscheiden sich radikal: Bejahte Adorno die Kunst als letztes Medium von Kritik, verneinten die Situationisten sie, da in der von ihnen erwarteten Revolution die in der Kunst in eine eigene Sphäre ge- und verbannte ästhetische Qualität in die wirkliche Welt zurückgenommen, die Poesie mit dem Leben versöhnt werden sollte; in dieser Aufhebung der Kunst erblickten die Situationisten die „Nordwestpassage“ der proletarischen Revolution. Der Vortrag versucht, zuerst einige zentrale situationistische Begriffe darzustellen und davon ausgehend ihre Kritik der Kunst behandeln; abschließend wird es um die Frage gehen, warum die erwartete Aufhebung der Kunst ausblieb. [via]

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Kritische Theorie und Emanzipation

Wir stellen stellen im Folgenden Download-Versionen der von der Bielefelder Association Critique dokumentierten Aufzeichnungen der Tagung Kritische Theorie und Emanzipation bereit. Diese fand, veranstaltet von der Antifa AG an der Uni Bielefeld, [association critique], der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld, dem Rosa-Luxemburg-Club Bielefeld sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW, am 11. und 12. November 2011 statt. Verlinkt sind jeweils mit 48 kBit/s kodierte Dateien. Auf dem Audioarchiv-Server sind zusätzlich auch 64 kBit/s-Varianten verfügbar (allerdings mit einer geringeren Abtastrate von 22 statt 32 kHz).

Alex Demirovic: Was ist Kritische Theorie?

Im Vortrag wird das Selbstverständnis von kritischer Theorie umrissen. Diese kann nicht als Theorie einzelner Personen verstanden werden. Vielmehr handelt es sich um ein Projekt, das tief in der bürgerlichen Gesellschaft verankert ist und an dessen Entwicklung viele Menschen seit vielen Jahrzehnten beteiligt sind. Entsprechend den historischen Veränderungen und gesellschaftlichen Herausforderungen verändert sich auch das Verständnis von kritischer Theorie. Es geht kritischer Theorie um Aufklärung und Emanzipation, um Mündigkeit, Einrichtung einer vernünftigen Welt, Weltfrieden, Demokratie. Seit Marx ist kritische Theorie nicht mehr naiv, sondern stellt die Frage danach, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sich solche Ziele verwirklichen lassen. Horkheimer und Adorno haben danach gefragt, wieweit die Tradition der kritischen Theorie nicht naiv im Verhältnis zu sich selbst ist. Zu wenig kritisch gegenüber der eigenen Praxis, kann auch kritische Theorie autoritär werden. So stellt sich heute, angesichts einer neuen Phase kapitalistischer Vergesellschaftung die Frage nach einer erneuerten Befreiungstheorie.

Alex Demirovic, Prof. Dr., lehrt z.Zt. politische Theorie an der Technischen Universität Berlin. Zuvor arbeitete er u.a. am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Er gilt als einer der jungen Vertreter der kritischen Theorie. Mitglied der Redaktionen von PROKLA und LuXemburg. Arbeitsschwerpunkte: Demokratie- und Staatstheorie, kritische Theorie der Gesellschaft, Intellektuellen- und Wissenschaftssoziologie.

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    Rüdiger Dannemann: Über die Verdinglichungskritik von Georg Lukács und dessen Aktualität

    Rüdiger Dannemann gibt einen guten Überblick über die Verdinglichungskritik von Georg Lukács, dessen spätere Selbstkritik, ihre Fortentwicklung sowie ihren Stellenwert für die Kritische Theorie und ihre Entschärfung bei Habermas und Honneth. Adorno nimmt dabei wenig Raum ein. Dafür erfährt man einiges über aktuelle englischsprachige Ansätze, die sich der Thematik annehmen und im Zuge dessen auch Axel Honneths Verdinglichungstheorie kritisieren.

    Im theoretischen Zentrum Georg Lukács’ 1923 veröffentlichten „Geschichte und Klassenbewußtsein“ steht die durch das Warenverhältnis allgegenwärtig gewordene Verdinglichung. Hinter dem Warentausch verschwinden die Beziehungen zwischen den Personen und erscheinen als streng rationelle, geschlossene Verhältnisse von Dingen. So kann Lukács schließlich festhalten, dass im modernen Kapitalismus die Individuen einzig noch als teilnahmslose Beobachter eines ihnen scheinbar fremden Geschehens dastehen. Damit nicht genug, ist zuletzt die gesamte Gesellschaft eine Funktion des Warenverkehrs. In einer sehr grundlegenden Weise stehen die gesellschaftskritischen Analysen der frühen kritischen Theorie Max Horkheimers, Theodor W. Adornos und anderer auf den Schultern der „Studien über marxistische Dialektik“, ja scheinen ohne den großen Wurf des Jahres 1923 kaum denkbar. Jürgen Habermas indes gelang es, dies – wie zuletzt das gesamte marxistische Erbe der kritischen
    Theorie – respektvoll zu tilgen. Jedoch kehrt die Verdinglichung als verdrängter, unverarbeiteter Brocken aus den Untiefen vergangen geglaubter Zeiten wieder. So haben unlängst Rahel Jaeggi sowohl als auch Axel Honneth den durchaus mutigen Versuch unternommen, die Überlegungen Georg Lukács zu reformulieren. Insbesondere Honneth aber wendet die Verdinglichung anerkennungstheoretisch und bringt die Verdinglichungskritik weiter um ihren politökonomisches Stachel. Im Vortrag soll zunächst die Verdinglichungskritik Georg Lukács dargestellt werden. Im Anschluss wird versucht, die oft verleugnete Bezugnahme Horkheimers und zumal Adornos sichtbar zu machen. Schließlich werden die Anschlüsse Honneths und Jaeggis ebenso zur Sprache kommen wie Möglichkeiten einer polit-ökonomisch informierten Verdinglichungskritik.

    Rüdiger Dannemann, Philosophielehrer, Mitbegründer und stellv. Vorsitzender der Internationalen Georg Lukács-Gesellschaft; Studium der Philosophie, Germanistik und Geschichte in Bochum und Frankfurt am Main. Promotion über Das Prinzip Verdinglichung (1987) in Rotterdam. Arbeitsschwerpunkte: Georg Lukács, Kritische Theorie und westlicher Marxismus; ästhetische Probleme der populären Musik.

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      Heinz Gess: Antisemitismus und Emanzipation

      Heinz Gess bestimmt Antisemitismus als die Gegenbewegung zur Emanzipation und spricht in seinem Vortrag u.a. über Verdrängung und Schuldabwehr im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus.

      Der Antisemitismus markiert die „Grenzen des Aufklärung“, so der Untertitel des von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno unter Mitwirkung Leo Löwenthals gemeinsam verfassten Abschnittes „Elemente des Antisemitismus“. Spätestens seit den frühen 1940er Jahren steht die Antisemitismuskritik auch im Zentrum der Bemühungen der kritischen Theorie. Eine wesentliche Einsicht ist dabei, dass die antisemitische Verhaltensweise gerade keine bloß vorurteilsbasierte ist. Damit gehen Horkheimer und Adorno deutlich über konventionelle Erklärungsansätze hinaus. Kritische Theorie versucht den Antisemitismus gesellschaftstheoretisch aus einem gescheiterten Zivilisationsprozess heraus zu begreifen. Vor diesem Hintergrund geht es ihr schließlich sowohl um die historische Entstehung des Antisemitismus, seine Grundlagen im Lebensprozess einer Gesellschaft, das heißt in der Ökonomie, als auch um die Verfasstheit der Subjekte dieser Gesellschaft.
      Im Vortrag wird es einerseits um die Antisemitismuskritik des exilierten Instituts für Sozialforschung gehen. Zudem soll versucht werden, die Überlegungen Horkheimers und anderer von anderen Erklärungsansätzen abzugrenzen. Zuletzt wird es freilich um die Aktualität einer kritischen Theorie über den Antisemitismus, gerade auch vor dem Hintergrund des Islamismus, gehen.

      Heinz Gess, Prof. Dr., war bis 2010 Hochschullehrer für Soziologie an der Fachhochschule Bielefeld. Er ist Herausgeber von Kritiknetz – Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft.

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        Isabelle Klasen: Über Begriff und Aktualität der Kulturindustrie

        Isabell Klasen erläutert den Begriff der Kulturindustrie im Kontrast zur autonomen Kunst, wie Adorno sie verstand.

        Max Horkheimer und Theodor W. Adorno entwickelten den Begriff der Kulturindustrie am Modell der „verwalteten Welt“, des Spätkapitalismus der 40er und 50er Jahre, welcher samt der kulturellen Erzeugnisse durch die Destruktivität des kapitalistischen Verwertungsmechanismus und die Herrschaft des universalen Tauschprinzips geprägt war. Alles Individuelle sei hierdurch in Schemata gezwungen und die Wirklichkeit werde mit Identität und Konformismus geschlagen. In den Produkten der Kulturindustrie sahen Horkheimer und Adorno diese Identität besonders zwingend zum Ausdruck kommen, auch und gerade durch deren scheinbare Nonkonformität und Pluralität. Kulturindustrie ziele auf das, was zunächst einmal nicht identisch sei und was, insbesondere für Adorno, die Kunst dagegen bewahre: die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen, welche sie neutralisiere.
        Im Vortrag soll der Begriff der Kulturindustrie im Gegensatz zur Kunst dargestellt werden. Überdies soll es um die Aktualität der Überlegungen Horkheimers und Adornos gehen. Es läßt sich nämlich fragen, ob heute am Begriff der Kulturindustrie noch festgehalten werden kann, da die Kulturindustrie mittlerweile ihren eigenen, einstmals kritischen Begriff geschluckt zu haben scheint.

        Isabelle Klasen ist Lehrbeauftragte an der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied des Arbeitskreises Rote-Ruhr-Uni. Sie ist Mitherausgeberin des in Kürze erscheinenden Bandes „Alles falsch: von verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie“.

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          Dirk Braunstein: Kritische Theorie und Kritik der politischen Ökonomie

          Dirk Braunstein legt seinen Fokus zwar auf Adornos Beschäftigung mit der Kritik der Politischen Ökonomie, rekonstruiert aber auch die Debatten, die innerhalb des Instituts über die polit-ökonomische Verfassung des Nationalsozialismus geführten worden sind (Pollocks Staatskapitalismus-These vs. Neumanns Behemoth). Er arbeitet heraus, dass Adornos Zugang zur Ökonomiekritik zunächst allein von Lukács Verdinglichungskritik bestimmt ist, dann aber durch die Wendung zur Klassentheorie und zur (transhistorischen) Kritik der »Ökonomie überhaupt« eine andere Gestalt annimmt. Auch Adornos Position zu den Begriffen der Gerechtigkeit und des Rechts nimmt im Vortrag wie in der Diskussion einigen Raum ein.

          Bis heute ist die Einschätzung verbreitet, dass der Rückgriff auf Karl Marx – und zumal auf dessen Kritik der politischen Ökonomie – in den Schriften der Frankfurter Schule ein Relikt aus bald überwundenen Stadien seiner Theorieentwicklung darstelle. Offensichtlich gab es eine große Distanz zum Fortschrittsoptimismus und erst recht zum Parteikonformismus marxistisch inspirierter Theoretiker wie etwa Georg Lukacs. Jedoch zieht sich eine produktive Auseinandersetzung mit wesentlichen Bestandteilen des Marx‘schen Hauptwerkes durch das gesamte Schaffen von Horkheimer und Adorno. Anhand zahlreicher Textdokumente lässt sich diese These belegen. Sie zeigt, dass im Zentrum von Adornos kritischer Theorie der Gesellschaft eine Kritik nicht nur der politischen Ökonomie steht, sondern eine von Ökonomie überhaupt.
          Der Vortrag soll das Beziehungsgeflecht von Marxscher Ökonomiekritik und der klassischen kritischen Theorie beleuchten und fragen, welche Aktualität diesen Inhalten zukommt.

          Dirk Braunstein, Dr. phil., studierte in Bochum, Köln, Frankfurt a.M. und Berlin und gibt die Vorlesung „Philosophie und Soziologie“ aus dem Nachlass Adornos heraus. Letzte Veröffentlichung: Adornos Kritik der politischen Ökonomie, Bielefeld, 2011.

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            Barbara Umrath: Kritische Theorie zu Geschlecht, Subjekt und Körper im Kontext ihrer herrschaftskritischen Grundüberlegungen

            Ausgangs- und Hauptbezugspunkt des Vortrags sind die Ausführungen in der »Dialektik der Aufklärung«, in denen eine Kritik des Subjekts und an dessen männlichem Charakter formuliert werden. Umrath konfrontiert darüber hinaus Aussagen Adornos zum Subjektstatus der Frau und zu deren Stellung im Produktionsprozess mit Ergebnissen der (empirischen) Frauenforschung. Hier stellen die Arbeiten Regina Becker-Schmidts einen wichtigen Bezugspunkt da. Sie zeigt im Zuge dessen, dass feministische Theorie produktiv an die Kritische Theorie anknüpfen kann – was eben auch heißt, über sie hinaus zu gehen.

            Das Denken Adornos, Horkheimers und Co. hat bis heuteeinen starken Einfluss auf gesellschaftskritische Theorien. „Geschlecht“ war für die frühe Kritische Theorie jedoch keine zentrale Analysekategorie, sondern findet eher beiläufig und an verschiedenen Stellen immer wieder Erwähnung.Dabei finden sich gleichermaßen Passagen, in denen die Unterdrückung von Frauen denunziert wird wie solche, in denen die bürgerliche Familie und die mit dieser gegebene geschlechtliche Arbeitsteilung in einem verklärten Licht erscheinen. Dies brachte der Kritischen Theorie von feministischer Seite den Vorwurf ein, sie wiederhole die patriarchale Unterdrückung. Entsprechend spielt die Kritische Theorie heutzutage in der Frauen- und Geschlechterforschung kaum eine Rolle.
            Im Vortrag sollen die Äußerungen der Kritischen Theorie zu Geschlecht, Subjekt und Körper im Kontext ihrer herrschaftskritischen Grundüberlegungen betrachtet werden. Dabei wird deutlich werden, dass sich die feministischen Einwände nur bedingt bestätigen lassen. Es wird sich sogar zeigen, dass feministische Kritik von der frühen Kritischen Theorie wichtige Impulse aufnehmen kann.

            Barbara Umrath studierte Diplom-Pädagogik an der Universität Augsburg und Soziologie an der New School for Social Research, NYC. Sie war lange Jahre in Frauenprojekten gegen Gewalt in Deutschland und Mexiko aktiv. Aktuell lebt sie in Köln und arbeitet an einer Promotion zum Thema Feminismus und Kritische Theorie.

              Zu feministischen Bezugnahmen auf die Kritische Theorie siehe auch die Vorträge von Regina Becker-Schmidt, Cornelia Klinger und Roswitha Scholz.

              Brimboria – Die subversive Strategie des Fake

              Im April letzten Jahres organisierte das Brimboria-Institut in Leipzig einen Kongress zur subversiven Strategie des Fakes. Inzwischen stehen die Videoaufnahmen der dort gehaltenen Vorträge bei vimeo zur Verfügung. Hier sind die Vorträge als Audiodateien dokumentiert:

              1. Der im letzten Jahr verstorbene Martin Büsser referiert über die Bewegungen der Kunstavantgarde und das Paradox des Versuches, die Kunst aufzuheben. Er diskutiert zahlreiche Beispiele, auch der jüngeren Kunstgeschichte. Im Grunde ist es eine kürzere Version seines bereits dokumentierten Vortrages „Von der Avantgarde zur Selbstreferenzialität“ (Mitschnitt | Text).

                Download: via AArchiv (mp3; 15,6 MB; 27:20 min)

              2. Lars Quadfasel kritisiert die Vorstellung, dass es anstrebenswert wäre, eine Einheit von Theorie und Praxis herzustellen. Er kritisiert den Praktizismus als eigentliche Simulation von Praxis, die eine Reflexion des eigenen Handelns verunmöglicht und entweder auf eine Zuweisung der Schuld am eigenen Scheitern an sabotierende Bösewichte oder auf eine protestantische Selbstkasteiung hinausläuft. Begrifflich diskutiert er das Verhältnis von Theorie und Praxis mit Marx, Adorno und Wolfgang Pohrt („Vernunft und Geschichte bei Marx„). Goethes Faust kommt natürlich auch vor. Der Mitschnitt enthält leider einige störende Nebengeräusche.

                Download: Vortrag (mp3; 24,7 MB; 43:13 min) | Diskussion (mp3; 19,9 MB; 34:43 min)

              3. Roger Behrens spricht über das Fake im Spannungsfeld von Ästhetik und Kulturindustrie: Er bestimmt mit Stefan Römer den Fake als mimetische Nachahmung eines Kunstwerkes, womit eine kunstimmanente Definition gegeben wäre. Darüber hinausgehend ist die zentrale These des Vortrags: »Fake ist ein der Kulturindustrie immer schon inhärentes Verfahren, gerade wo die Produkte (auch die Kunst) in die Warenform eingepasst werden.« Damit geht es aber auch um die Unterscheidung von wahr und falsch und damit um die Bedingungen von Ideologiekritik. Roger verknüpft seine Ausführungen wie gewohnt mit allerlei wissenswerten Geschichten aus der Entwicklung der modernen Welt. Sowohl Lars, als auch Roger sind dem »Fake als subversive Praxis« nicht sonderlich zugetan.

                Download: via AArchiv (mp3; )

              Wer ein wenig weiterlesen will, sei auf das im Vorfeld des Kongresses geführte Interview mit dem Brimboria-Institut und auf die Nachbetrachtung von rebelart.net hingewiesen. Der Vortrag von Robert und Zwi über »Détournement und Fälschung in der situationistischen Theorie und Praxis« steht leider nicht als Videoaufnahme zur Verfügung, dafür ist das Script bei Kriegstheater dokumentiert. Zum Ankündigungstext des Kongresses: Weiterlesen

              Über kapitalistischen Realismus

              Inkasso Hasso (Radio Corax) hat ein hörenswertes Feature zusammengestellt, das sich mit dem Verhältnis von Warenästhetik, Kulturindustrie, Kritik und revolutionärem Potential auseinandersetzt. Manfred Prisching (Soziologe, Graz), Diedrich Diederichsen, Tilman Reitz (Soziologe, Jena), Schorsch Kamerun (Sänger, Autor, Theaterregisseur) und Ulrich Bröckling (Soziologe, Halle) sprechen darin über Konsumismus, Gegenkultur und die Funktion von Kritik und Kreativität für den Kapitalismus. Das Feature ist an das im letzten Jahr erschienene Buch „Kapitalistischer Realismus“ angelehnt, in dem einige der zu Wort Kommenden einen Beitrag veröffentlicht haben.

              Das neueste Arrangement des marktwirtschaftlichen Systems ist das Eindringen des Freizeitvokabulars in die Arbeitswelt: Kreativität und Selbstbestimmung, einst emanzipatorische Kategorien, sind mittlerweile Vorraussetzung für den kapitalistischen Konkurrenzkampf. Wo einst der Arbeiter am Fließband stand, im schweren Kapitalismus, stehen nun mobile Arbeitskräfte, auf den ersten Blick selbstorganisierte Einheiten. Es ist immer schwieriger eine Grenze zwischen Freizeit und Arbeitszeit zu ziehen. Meetings finden in lockerer Freizeitatmosphäre statt, durch das Internet wird jeder Ort jederzeit zum potentiellen Produktionsort und wichtige Entscheidungen werden immer öfter beim Feierabendbier oder Afterwork-Cocktail getroffen. Eine Collage über die Auswüchse des „leichten Kapitalismus“, die Ideologie des Konsumismus, Subversionsstrategien und Möglichkeiten widerständiger Praxis. [via FRN]

              Download: via FRN (mp3, Stereo, 160 kbps, 41:01 min, 47 MB)

              The relevancy of Adornos Critique of Culture Industry for today

              Does Popular Culture Keep Us Stupid?

              In this panel discussion on Popular Culture, held at Michigan State University in April 2010, Christian Lotz, David Stowe and Diane Wakoski discuss Adornos theses and how they are to be interpreted today.

              Lotz gives a short outline of Adornos Critique of Culture Industry as he unfolded it in the famous chapter of his „Dialectic of Enlightenment“ and the historical background in which he developed it.
              David Stowe criticizes some aspects of Adornos argumentation, claiming for example that he didn’t really try to look at what he experienced as american mass culture in its peculiarity, but rather judged it from the narrow-minded viewpoint of a traditional-educated european (as can be seen in his condemnation of jazz).
              Diane Wakoski, a poet, refutes adornos well-known sentence that one should not make art after the Holocaust.

              The discussion that follows their statements is particularly interesting, dealing with the question how the internet affects Culture Industry in these days and what Adorno might have thought about this development.
              They also talk about some movies that had a big influence on recent Popular Culture, for example „Fight Club“.

              Download: via Audioarchiv (technically reworked*, 1:19 h, 27 MB); original file via MSU (72 MB)

              * We tried to remove some noise and to adapt the volume, but the sound quality isn’t that good, though.

              Announcement text: Weiterlesen

              Detlev Claussen über Adorno

              Auf youtube (vier Teile) ist ein interessantes Gespräch mit Detlev Claussen, Professor für Gesellschaftstheorie, Kultur- und Wissenschaftssoziologie an der Universität Hannover, über Adornos Denken zu finden. Themen sind u.a. die Studierendenbewegung der 60er und die Kulturindustrie.

              Download (audio): via MF (mp3; 19 MB; 0:57 h)

              Zur Kritik der Warenästhetik

              1. Mitschnitt eines Vortrags zur Kritik der Warenästhetik von Wolfgang Fritz Haug (Autor des gleichnamigen Buches, Herausgeber der Zeitschrift Das Argument), den er am 27. Mai 2010 in der Stadtbücherei in Weimar gehalten hat. Meines Erachtens bleiben die Analysen von Haug an der Oberfläche, da in ihnen (anders als etwa im Kulturindustriekapitel der Dialektik der Aufklärung) jeglicher Verweis auf eine spezifische Subjektivität fehlt bzw. die kapitalistischen Verhältnisse den Subjekten immer äußerlich bleiben. So kann er in der Diskussion auch die Frage nach dem Subjekt nicht beantworten und setzt stattdessen die Äußerung einer Studentin, die Spaß daran hat Schuhe zu kaufen, als „Mutation“ der Gattung und das Ende „des Menschen“. Die Bilder, auf die Haug in seinem Vortrag eingeht, finden sich hier und hier.

              Download
              (via MF): Vortrag (61,4 MB; mp3, stereo; 128 kbps; 1h, 7min), Diskussion (48,5 MB; mp3; stereo; 128 kbps; 53 min)

              Download via Blogsport: Vortrag, nachbearbeitet (19 MB)

              2. Weitere Vorträge von Wolfgang Fritz Haug sind auf seiner Homepage verlinkt (u.a. Die Rolle der kritischen Intellektuellen in der Krise und ein weiterer Vortrag zur Kritik der Warenästhetik).