Schlagwort-Archive: Kritik der politischen Oekonomie

Marx und die Hegelsche Dialektik

Zum Abschluss der Satellitenseminare 2012 sprach Eva Bockenheimer über das Verhältnis der Marxschen Gesellschaftskritik zur Hegelschen Dialektik. Kenntnisreich und zugleich sehr verständlich führt sie in ihrem Vortrag zunächst in das Problem des Anfangs in der Hegels Wissenschaft der Logik ein (reines Sein geht über ins Nichts usw.). Anschließend skizziert sie Marxens Übernahme und Modifikation der dialektischen (Anti-)Methode, der es nicht um die Anwendung eines äußerlichen Verfahrens auf den Gegenstand geht, sondern, ansetzend bei der abstrakten Unmittelbarkeit, um die Entfaltung der Logik der Sache selbst.

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Privateigentum – »tief im Wesen des Menschen« begründet?

Zur Entstehung und Kritik des bürgerlichen Eigentumsbegriffs

Die Freie Uni Bamberg dokumentiert einen einführenden Vortrag vom 22.06.2012, den Ingo Elbe (u.a. Rote Ruhr Uni, Institut für Sozialtheorie) offenbar schon öfter gehalten hat. Er befasst sich mit der Legitimation des Privateigentums bei John Locke, dessen Theorie recht kleinschrittig und leicht verständlich entwickelt wird, wie auch mit Kritik an derselben, wie sie von Immanuel Kant formuliert wurde. Eingerahmt ist das Ganze von einem ideengeschichtlich aufschlussreichen Exkurs über die (Gemein-)Eigentumsvorstellungen der Vormoderne am Anfang und einigen Ausführungen zur Kritik des Privateigentums im Kontext der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie (u.a. gewaltsame Aneignung in der ursprünglichen Akkumulation) am Ende.

Einen gewissen Nachdruck legt Elbe darauf, dass bereits die Lockesche, frühbürgerliche Apologie des Eigentums die Möglichkeit eines Opfers des Eigentümers an die Eigentumsordnung als solche enthält. Vgl. dazu auch seinen Text Vom Eigentümer zum Eigentum und allgemein die Sammelbände zur Kritik der politischen Philosophie.

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Die Krise des Geldes und der Geldsubjektivität

Wir dokumentieren im Folgenden die Aufzeichnungen dreier Vorträge, die Anfang Oktober 2012 auf dem Jahresseminar der wert-abspaltungs-kritischen Theoriezeitschrift EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft gehalten worden sind.

Alle Aufnahmen sind auch auf Archive.org zu finden.

1. Georg Gangl: Geld und Zeichen. Eine kleine Ideologiegeschichte

Georg Gangl nimmt sich in seinem Vortrag linker Theorien an, die das Geld als bloßes Zeichen begreifen. Nach einem Abriss der Marxschen Geldtheorie gibt einen Überblick über die Geschichte moderner Sprach- und Zeichentheorien im Kontext subjektivistischer Ökonomie, angefangen bei Ferdinand de Saussure. Im Hauptteil steht dann Derridas Geldtheorie im Zentrum der Kritik. Die Diskussion (mit Beiträgen u.a. von JustIn Monday und Roswitha Scholz) kreist u.a. um das Verhältnis solcher Theorien zur Krisenentwicklung und zum Antisemitismus.

Anfang Juni hieß es in einem Kommentar in der „Taz“, dass Geld kein Apfel sei, sondern eine soziale Konstruktion, die sich schlussendlich auf Vertrauen gründe. Diese Gegenüberstellung ist in ihrem einfachen Gegensatz (Geld als Ding vs. Geld als soziale Konstruktion) leicht als kapitalistische Ideologie zu dechiffrieren. Und in der Tat gibt es im Kapitalismus die ideologische Tendenz, Kategorien von gesamtgesellschaftlicher Geltung zu subjektivieren und der gar nicht mehr so neue Schrei in diesem Arsenal ist die soziale Konstruktion, die sich, wenn es politisch wird, auf Vertrauen reduzieren lassen soll. Nun musste sich bereits Marx im ersten Band des Kapitals, bei der fundamentalen Bestimmung der Geldware, nicht nur mit Theoretikern herumschlagen, die meinten, Geld sei nichts Anderes als ein Apfel, sondern auch mit solchen, die Geld als reines „Zeichen“ – und somit als „soziale Konstruktion“ – begriffen. In der „beliebten Aufklärungsmanier des 18. Jahrhunderts“, so Marx, erkannten diese Theoretiker, dass die „Geldform des Dings (…) bloße Erscheinungsform dahinter versteckter menschlicher Verhältnisse“ sei, welche von ihnen aber sogleich „für willkürliches Reflektionsprodukt der Menschen“ erklärt würde.

Diese Kritik ist auch heute noch gegen die modernen ZeichentheoretikerInnen des Geldes hochzuhalten, auch wenn die Marxsche Kulanz gegenüber den ideologiekritisch-aufklärerischen Aspekten der Geldkritiken des 18. Jahrhunderts gegenwärtig nicht mehr angebracht scheint. Denn eine Betonung des Konstruktionscharakters des Geldes geht in der kapitalistischen Ideologiegeschichte nur allzu leicht einher mit dem Benennen von angeblichen Schuldigen, die mit ihren vorgeblichen Machinationen das so wichtige Vertrauen in „unsere“ Konstruktion namens Geld arglistig hintertreiben.

Im Vortrag soll es schwerpunktmäßig um moderne Formen der Zeichentheorie des Geldes gehen, die von einem linguistisch-semiotischen Standpunkt aus argumentieren. Ausgang nimmt diese Art der Geldtheorie von Ferdinand de Saussures Linguistik. Als solche hatte sie zu Marxens Zeiten noch keinen Bestand, aber seine Kritik an der Willkürlichkeit der Zeichentheorien seiner Zeit scheint auch in diesem Fall treffend zu sein. In dieser Hinsicht ist nicht nur De Saussures Verhältnis zu Vilfredo Pareto von Interesse, sondern auch die späteren Weiterentwicklungen dieses ideologischen Gepräges in den Theorien von Jean Baudrillard, Jacques Derrida und Micheal Hardt und Antonio Negri. Dabei sollte klar werden, dass diese „linke“ Form der Geldtheorie und -kritik mit ihrem rechten Gegenpart mehr gemein hat als ihr selbst lieb sein kann und dass sie, akzeptiert bis weit in den bürgerlichen Mainstream, zu nichts Anderem führt als der sozialdemokratischen Illusion einer „demokratischen Kontrolle der Währung“.

2. Peter Bierl: Einige gute Aktionen, neunundneunzig Prozent falsche Analysen. Eine Zwischenbilanz zur Occupy-Bewegung

Seinen Vortrag zur Kritik der Occupy-Bewegung und ihrer ideologischen Elaborate beginnt Peter Bierl mit einem Überblick über die unterschiedlichen Protestbewegungen in verschiedenen Ländern, welche diesem Label zugeordnet werden. Anschließend widmet er sich ideologiekritisch David Graebers Buch Schulden. Die ersten 5000 Jahre.

Die Demonstranten, die in Athen protestierten und im Frühjahr 2011 den Tahrir-Platz in Kairo besetzten, inspirierten Menschen in der ganzen Welt. Den Anfang machten Jugendliche in Spanien und Israel. Aus der Besetzung des Zuccotti-Parks nahe der Wallstreet in New York im September leitet sich der Name für eine neue Bewegung ab: Occupy. Sie verzichtet bislang auf Forderungskataloge im Unterschied zu Globalisierungskritikern und traditionellen Linken. Die Bewegung ist zumindest in den USA und Spanien anarchistisch beeinflusst.

Statt einer sozialdemokratischen Einhegung des Kapitalismus stehen der direkte Anspruch auf Gebrauchswerte und eine direkte Demokratie im Vordergrund. Anstelle des Gipfelhopping der Globalisierungskritiker engagieren sich spanische „Empörte“ ebenso wie Occupy in den USA in Alltagskämpfen: gegen den Abbau von Gesundheitszentren und Bildung, gegen Polizeiterror gegen illegale Einwanderer (Spanien), gegen Zwangsräumungen und Zwangsversteigerungen von Häusern, für Gewerkschaftsrechte (USA). Ihre Methoden sind die direkte Aktion und der zivile Ungehorsam. Das sind erfreuliche Aspekte. In Deutschland dagegen beschränkte sich Occupy aufs Zelten, obskure Gruppen wie die Zeitgeist-Bewegung und die marktradikalen Anhänger der Zinstheorien Silvio Gesells mischen mit.

Occupy pflegt wie viele Linke und Globalisierungskritiker einen regressiven Antikapitalismus. Dazu gehören falsche Vorstellungen von einem Gegensatz zwischen Finanzkapital und „Realwirtschaft“ und dass gierige Banker und Börsianer für alle Übel der Welt verantwortlich wären, was einem verbreiteten Unbehagen in der Bevölkerung entspricht und nach rechtsaußen anschlussfähig ist. Praktisch drückt sich das in Camps im Frankfurter Bankenviertel oder an der Wallstreet aus. Der Anthropologe David Graeber verstellt eine stringente Kritik des Kapitalismus schon im Ansatz, insofern er die Marxsche Werttheorie verwirft. Stattdessen entwickelt er konfuse Vorstellungen über Schulden und Schuldenerlass. Geben-und-Nehmen in Familie, Nachbarschaft, Dorf und Stadtviertel gilt ihm als Kommunismus und zusammen mit Warentausch und Hierarchien als Basis menschlichen Zusammenlebens. Solche Verklärungen schätzt das bürgerliche Feuilleton und feiert Graeber als Mastermind der Bewegung.

In dem Vortrag sollen die Occupy-Bewegung und ihre länderspezifischen Ausprägungen, Aktionen und Strukturen skizziert und die Diagnosen und Perspektiven der Bewegung, ihrer Vertreter und Bezugspersonen kritisch analysiert werden.

3. JustIn Monday: Money makes the mind go round. Spekulationen zur Frage, welche Form der Erkenntnis in der gegenwärtigen Krise zerfällt

JustIn Monday geht in seinem Beitrag u.a. der Frage nach, was passiert, wenn der Alltagsverstand in der Krise sein praktisches Wissen im Umgang mit Geld aufgibt zugunsten eines Erkenntnisinteresses, das sich auf Geld und Geldsystem selbst richtet.

Vom Geld wird in der bürgerlichen Nationalökonomie entweder so gesprochen, als sei es die natürlichste Sache der Welt, oder aber reine Künstlichkeit. Entweder nichts besonderes, oder aber vom Teufel. Erstere Linie geht vom Liberalismus aus und endet bei und mit Keynes. In Adam Smiths Kapitel „Vom Ursprung und der Verwendung des Geldes“ ist Geld schlichtweg die nützlichste Erfindung seit Adam und Eva, weil ansonsten alle Gesellschaftsmitglieder in unpraktisch verschiedenen Einheiten tauschen müssten. Im Hinblick auf diese Eigenart, durch die Wertform der Waren unmittelbar evident gegeben und gleichzeitig der Erkenntnis entzogen zu sein, entwickelte Marx seine Analyse vom Fetischcharakter der Waren. Erkenntnistheoretisch thematisiert wird darin die Grenze der Erkennbarkeit der Welt in der Wertform, wovon die naturwüchsige Entstehung des Geldes Zeugnis ablegt.

Im wesentlichen blieb es bis Keynes bei dieser Konstellation. Einerseits verlängerte dieser die liberale Linie, weil er in „Die wesentlichen Eigenschaften von Zins und Geld“, dem einschlägigen Kapitel in seinem epochemachenden Hauptwerk, Geld ebenfalls als naturwüchsig voraussetzt. Was verwundert, denn immerhin soll es sich dabei um die „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ handeln. Gleichzeitig beendete er die liberale Linie aber auch, weil er diejenigen Eigenarten des Geldes herausarbeitete, die es von allen anderen Waren unterscheidet. Betont wurde nicht mehr seine Allgemeinheit, herausgestellt wurden vielmehr seine Spezifika. Dies lief auf nichts anderes hinaus als aufs bewusste Ende des laissez-faire. Darauf, die geldpolitische Kontrollierbarkeit der Gesetze der Wertform unmittelbar evident zu machen, nachdem die Weltwirtschaftskrise die Notwendigkeit, dies zu tun, auf die Tagesordnung gesetzt hatte.

Das allgemeine Äquivalent, das permanent gegen seinen eigenen Realismus verstoßen hatte, weil es in der Realität immer auch nationale Währung war, verwandelte sich so in nationale Währungen, die nur Bestand haben konnten, solange die nun wesentlich gewordene Geldpolitik es ihnen ermöglichte, als allgemeines Äquivalent erhalten zu bleiben. Das Geld als nationale Währung ist seitdem das Ebenbild jener gesellschaftlichen Konstruktion, als die das Erkenntnissubjekt in den Sozialwissenschaften von der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an bis heute behandelt wird. Aus der „baren Münze des Apriori“ (Alfred Sohn-Rethel) wurde das Gehalt der Angestellten des Bretton-Woods-Systems, deren erkenntnistheoretischer Relativismus dem System der Wechselkurse entspricht, dass sie verwalten. Seit dem Zusammenbruch des Systems noch zwanghafter als zuvor. Sie scheitern an der Reflexion der herrschaftlichen Genesis dieser Konstruktionen mit der gleichen Notwendigkeit wie ehemals der Liberalismus an Wertform und Geld sowie die idealistische Erkenntniskritik an derjenigen des autonomen Subjekts.

Weil zudem die geldpolitische Kontrollierbarkeit der Gesetze der Wertform aber nicht gegeben ist, musste und muss das Geld im Übergang von nationaler Währung und allgemeinem Äquivalent (und zurück) ausgetrieben werden, als sei es vom Teufel. Die unmittelbare Variante hiervon ist die esoterische Geldkritik, die in den letzten Jahren deutlich an Verbreitung gewonnen hat. Ihre grausame Verallgemeinerung ist der Antisemitismus, in dem die tatsächliche Unkontrollierbarkeit der vermeintlichen Übermacht der Juden zugeschoben wird. Er entsteht auch heute wieder im Zerfall der Erkenntnisform des Subjekts in der Krise. Diesmal aber, in seiner antizionistischen Variante, als Symptom der Unhaltbarkeit der zivilen Institutionen des Weltkapitals.

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JustIn Monday zum Verhältnis von Staat und Krise

Marius Meier (Klärwerk/Radio Z) im Gespräch mit JustIn Monday zum Verhältnis von Staat und Krise.

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Spontaner Kommunismus? Kritische Beleuchtung des Postoperaismus

Während einige Vertreter der Kritischen Theorie in der total verwalteten Welt kein revolutionäres Subjekt mehr ausmachen konnten, lösten sich in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Neuentdeckungen und Abgesängen auf das Proletariat und die Chancen gesellschaftlicher Emanzipation ab. Mit dem Bestseller Empire von Michael Hardt und Antonio Negri, die das Proletariat durch die Multitude ersetzten, keimte im Jahr 2000 gerade innerhalb der Bewegungslinken wieder Hoffnung. Slavoj Žižek sah in diesem Buch gar das Kommunistische Manifest des 21. Jahrhunderts. Die These des Buches, dass zentrale Marxsche Kategorien wie Wert und Klassenstruktur für den gegenwärtigen Kapitalismus mit seinem Primat immaterieller Arbeit bzw. der Wissensproduktion neu gefasst werden müssen, stieß allerdings auf Gegenwehr. Der Abschied vom Wert als Analysekategorie, den die Autoren in der Theorielinie des Postoperaismus vollzogen, erschien allzu wagemutig. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Postoperaismus und marxsche Wertkritik greift Philipp Metzger auf und skizziert im hier dokumentierten Vortrag die Grundkategorien der marxschen Theorien und des Postoperaismus. Metzger leistet damit mehr als eine Annäherung und Kritik der postoperaistischen Theorie.
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Kritische Theorie und Emanzipation

Wir stellen stellen im Folgenden Download-Versionen der von der Bielefelder Association Critique dokumentierten Aufzeichnungen der Tagung Kritische Theorie und Emanzipation bereit. Diese fand, veranstaltet von der Antifa AG an der Uni Bielefeld, [association critique], der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld, dem Rosa-Luxemburg-Club Bielefeld sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW, am 11. und 12. November 2011 statt. Verlinkt sind jeweils mit 48 kBit/s kodierte Dateien. Auf dem Audioarchiv-Server sind zusätzlich auch 64 kBit/s-Varianten verfügbar (allerdings mit einer geringeren Abtastrate von 22 statt 32 kHz).

Alex Demirovic: Was ist Kritische Theorie?

Im Vortrag wird das Selbstverständnis von kritischer Theorie umrissen. Diese kann nicht als Theorie einzelner Personen verstanden werden. Vielmehr handelt es sich um ein Projekt, das tief in der bürgerlichen Gesellschaft verankert ist und an dessen Entwicklung viele Menschen seit vielen Jahrzehnten beteiligt sind. Entsprechend den historischen Veränderungen und gesellschaftlichen Herausforderungen verändert sich auch das Verständnis von kritischer Theorie. Es geht kritischer Theorie um Aufklärung und Emanzipation, um Mündigkeit, Einrichtung einer vernünftigen Welt, Weltfrieden, Demokratie. Seit Marx ist kritische Theorie nicht mehr naiv, sondern stellt die Frage danach, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sich solche Ziele verwirklichen lassen. Horkheimer und Adorno haben danach gefragt, wieweit die Tradition der kritischen Theorie nicht naiv im Verhältnis zu sich selbst ist. Zu wenig kritisch gegenüber der eigenen Praxis, kann auch kritische Theorie autoritär werden. So stellt sich heute, angesichts einer neuen Phase kapitalistischer Vergesellschaftung die Frage nach einer erneuerten Befreiungstheorie.

Alex Demirovic, Prof. Dr., lehrt z.Zt. politische Theorie an der Technischen Universität Berlin. Zuvor arbeitete er u.a. am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Er gilt als einer der jungen Vertreter der kritischen Theorie. Mitglied der Redaktionen von PROKLA und LuXemburg. Arbeitsschwerpunkte: Demokratie- und Staatstheorie, kritische Theorie der Gesellschaft, Intellektuellen- und Wissenschaftssoziologie.

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    Rüdiger Dannemann: Über die Verdinglichungskritik von Georg Lukács und dessen Aktualität

    Rüdiger Dannemann gibt einen guten Überblick über die Verdinglichungskritik von Georg Lukács, dessen spätere Selbstkritik, ihre Fortentwicklung sowie ihren Stellenwert für die Kritische Theorie und ihre Entschärfung bei Habermas und Honneth. Adorno nimmt dabei wenig Raum ein. Dafür erfährt man einiges über aktuelle englischsprachige Ansätze, die sich der Thematik annehmen und im Zuge dessen auch Axel Honneths Verdinglichungstheorie kritisieren.

    Im theoretischen Zentrum Georg Lukács’ 1923 veröffentlichten „Geschichte und Klassenbewußtsein“ steht die durch das Warenverhältnis allgegenwärtig gewordene Verdinglichung. Hinter dem Warentausch verschwinden die Beziehungen zwischen den Personen und erscheinen als streng rationelle, geschlossene Verhältnisse von Dingen. So kann Lukács schließlich festhalten, dass im modernen Kapitalismus die Individuen einzig noch als teilnahmslose Beobachter eines ihnen scheinbar fremden Geschehens dastehen. Damit nicht genug, ist zuletzt die gesamte Gesellschaft eine Funktion des Warenverkehrs. In einer sehr grundlegenden Weise stehen die gesellschaftskritischen Analysen der frühen kritischen Theorie Max Horkheimers, Theodor W. Adornos und anderer auf den Schultern der „Studien über marxistische Dialektik“, ja scheinen ohne den großen Wurf des Jahres 1923 kaum denkbar. Jürgen Habermas indes gelang es, dies – wie zuletzt das gesamte marxistische Erbe der kritischen
    Theorie – respektvoll zu tilgen. Jedoch kehrt die Verdinglichung als verdrängter, unverarbeiteter Brocken aus den Untiefen vergangen geglaubter Zeiten wieder. So haben unlängst Rahel Jaeggi sowohl als auch Axel Honneth den durchaus mutigen Versuch unternommen, die Überlegungen Georg Lukács zu reformulieren. Insbesondere Honneth aber wendet die Verdinglichung anerkennungstheoretisch und bringt die Verdinglichungskritik weiter um ihren politökonomisches Stachel. Im Vortrag soll zunächst die Verdinglichungskritik Georg Lukács dargestellt werden. Im Anschluss wird versucht, die oft verleugnete Bezugnahme Horkheimers und zumal Adornos sichtbar zu machen. Schließlich werden die Anschlüsse Honneths und Jaeggis ebenso zur Sprache kommen wie Möglichkeiten einer polit-ökonomisch informierten Verdinglichungskritik.

    Rüdiger Dannemann, Philosophielehrer, Mitbegründer und stellv. Vorsitzender der Internationalen Georg Lukács-Gesellschaft; Studium der Philosophie, Germanistik und Geschichte in Bochum und Frankfurt am Main. Promotion über Das Prinzip Verdinglichung (1987) in Rotterdam. Arbeitsschwerpunkte: Georg Lukács, Kritische Theorie und westlicher Marxismus; ästhetische Probleme der populären Musik.

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      Heinz Gess: Antisemitismus und Emanzipation

      Heinz Gess bestimmt Antisemitismus als die Gegenbewegung zur Emanzipation und spricht in seinem Vortrag u.a. über Verdrängung und Schuldabwehr im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus.

      Der Antisemitismus markiert die „Grenzen des Aufklärung“, so der Untertitel des von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno unter Mitwirkung Leo Löwenthals gemeinsam verfassten Abschnittes „Elemente des Antisemitismus“. Spätestens seit den frühen 1940er Jahren steht die Antisemitismuskritik auch im Zentrum der Bemühungen der kritischen Theorie. Eine wesentliche Einsicht ist dabei, dass die antisemitische Verhaltensweise gerade keine bloß vorurteilsbasierte ist. Damit gehen Horkheimer und Adorno deutlich über konventionelle Erklärungsansätze hinaus. Kritische Theorie versucht den Antisemitismus gesellschaftstheoretisch aus einem gescheiterten Zivilisationsprozess heraus zu begreifen. Vor diesem Hintergrund geht es ihr schließlich sowohl um die historische Entstehung des Antisemitismus, seine Grundlagen im Lebensprozess einer Gesellschaft, das heißt in der Ökonomie, als auch um die Verfasstheit der Subjekte dieser Gesellschaft.
      Im Vortrag wird es einerseits um die Antisemitismuskritik des exilierten Instituts für Sozialforschung gehen. Zudem soll versucht werden, die Überlegungen Horkheimers und anderer von anderen Erklärungsansätzen abzugrenzen. Zuletzt wird es freilich um die Aktualität einer kritischen Theorie über den Antisemitismus, gerade auch vor dem Hintergrund des Islamismus, gehen.

      Heinz Gess, Prof. Dr., war bis 2010 Hochschullehrer für Soziologie an der Fachhochschule Bielefeld. Er ist Herausgeber von Kritiknetz – Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft.

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        Isabelle Klasen: Über Begriff und Aktualität der Kulturindustrie

        Isabell Klasen erläutert den Begriff der Kulturindustrie im Kontrast zur autonomen Kunst, wie Adorno sie verstand.

        Max Horkheimer und Theodor W. Adorno entwickelten den Begriff der Kulturindustrie am Modell der „verwalteten Welt“, des Spätkapitalismus der 40er und 50er Jahre, welcher samt der kulturellen Erzeugnisse durch die Destruktivität des kapitalistischen Verwertungsmechanismus und die Herrschaft des universalen Tauschprinzips geprägt war. Alles Individuelle sei hierdurch in Schemata gezwungen und die Wirklichkeit werde mit Identität und Konformismus geschlagen. In den Produkten der Kulturindustrie sahen Horkheimer und Adorno diese Identität besonders zwingend zum Ausdruck kommen, auch und gerade durch deren scheinbare Nonkonformität und Pluralität. Kulturindustrie ziele auf das, was zunächst einmal nicht identisch sei und was, insbesondere für Adorno, die Kunst dagegen bewahre: die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen, welche sie neutralisiere.
        Im Vortrag soll der Begriff der Kulturindustrie im Gegensatz zur Kunst dargestellt werden. Überdies soll es um die Aktualität der Überlegungen Horkheimers und Adornos gehen. Es läßt sich nämlich fragen, ob heute am Begriff der Kulturindustrie noch festgehalten werden kann, da die Kulturindustrie mittlerweile ihren eigenen, einstmals kritischen Begriff geschluckt zu haben scheint.

        Isabelle Klasen ist Lehrbeauftragte an der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied des Arbeitskreises Rote-Ruhr-Uni. Sie ist Mitherausgeberin des in Kürze erscheinenden Bandes „Alles falsch: von verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie“.

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          Dirk Braunstein: Kritische Theorie und Kritik der politischen Ökonomie

          Dirk Braunstein legt seinen Fokus zwar auf Adornos Beschäftigung mit der Kritik der Politischen Ökonomie, rekonstruiert aber auch die Debatten, die innerhalb des Instituts über die polit-ökonomische Verfassung des Nationalsozialismus geführten worden sind (Pollocks Staatskapitalismus-These vs. Neumanns Behemoth). Er arbeitet heraus, dass Adornos Zugang zur Ökonomiekritik zunächst allein von Lukács Verdinglichungskritik bestimmt ist, dann aber durch die Wendung zur Klassentheorie und zur (transhistorischen) Kritik der »Ökonomie überhaupt« eine andere Gestalt annimmt. Auch Adornos Position zu den Begriffen der Gerechtigkeit und des Rechts nimmt im Vortrag wie in der Diskussion einigen Raum ein.

          Bis heute ist die Einschätzung verbreitet, dass der Rückgriff auf Karl Marx – und zumal auf dessen Kritik der politischen Ökonomie – in den Schriften der Frankfurter Schule ein Relikt aus bald überwundenen Stadien seiner Theorieentwicklung darstelle. Offensichtlich gab es eine große Distanz zum Fortschrittsoptimismus und erst recht zum Parteikonformismus marxistisch inspirierter Theoretiker wie etwa Georg Lukacs. Jedoch zieht sich eine produktive Auseinandersetzung mit wesentlichen Bestandteilen des Marx‘schen Hauptwerkes durch das gesamte Schaffen von Horkheimer und Adorno. Anhand zahlreicher Textdokumente lässt sich diese These belegen. Sie zeigt, dass im Zentrum von Adornos kritischer Theorie der Gesellschaft eine Kritik nicht nur der politischen Ökonomie steht, sondern eine von Ökonomie überhaupt.
          Der Vortrag soll das Beziehungsgeflecht von Marxscher Ökonomiekritik und der klassischen kritischen Theorie beleuchten und fragen, welche Aktualität diesen Inhalten zukommt.

          Dirk Braunstein, Dr. phil., studierte in Bochum, Köln, Frankfurt a.M. und Berlin und gibt die Vorlesung „Philosophie und Soziologie“ aus dem Nachlass Adornos heraus. Letzte Veröffentlichung: Adornos Kritik der politischen Ökonomie, Bielefeld, 2011.

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            Barbara Umrath: Kritische Theorie zu Geschlecht, Subjekt und Körper im Kontext ihrer herrschaftskritischen Grundüberlegungen

            Ausgangs- und Hauptbezugspunkt des Vortrags sind die Ausführungen in der »Dialektik der Aufklärung«, in denen eine Kritik des Subjekts und an dessen männlichem Charakter formuliert werden. Umrath konfrontiert darüber hinaus Aussagen Adornos zum Subjektstatus der Frau und zu deren Stellung im Produktionsprozess mit Ergebnissen der (empirischen) Frauenforschung. Hier stellen die Arbeiten Regina Becker-Schmidts einen wichtigen Bezugspunkt da. Sie zeigt im Zuge dessen, dass feministische Theorie produktiv an die Kritische Theorie anknüpfen kann – was eben auch heißt, über sie hinaus zu gehen.

            Das Denken Adornos, Horkheimers und Co. hat bis heuteeinen starken Einfluss auf gesellschaftskritische Theorien. „Geschlecht“ war für die frühe Kritische Theorie jedoch keine zentrale Analysekategorie, sondern findet eher beiläufig und an verschiedenen Stellen immer wieder Erwähnung.Dabei finden sich gleichermaßen Passagen, in denen die Unterdrückung von Frauen denunziert wird wie solche, in denen die bürgerliche Familie und die mit dieser gegebene geschlechtliche Arbeitsteilung in einem verklärten Licht erscheinen. Dies brachte der Kritischen Theorie von feministischer Seite den Vorwurf ein, sie wiederhole die patriarchale Unterdrückung. Entsprechend spielt die Kritische Theorie heutzutage in der Frauen- und Geschlechterforschung kaum eine Rolle.
            Im Vortrag sollen die Äußerungen der Kritischen Theorie zu Geschlecht, Subjekt und Körper im Kontext ihrer herrschaftskritischen Grundüberlegungen betrachtet werden. Dabei wird deutlich werden, dass sich die feministischen Einwände nur bedingt bestätigen lassen. Es wird sich sogar zeigen, dass feministische Kritik von der frühen Kritischen Theorie wichtige Impulse aufnehmen kann.

            Barbara Umrath studierte Diplom-Pädagogik an der Universität Augsburg und Soziologie an der New School for Social Research, NYC. Sie war lange Jahre in Frauenprojekten gegen Gewalt in Deutschland und Mexiko aktiv. Aktuell lebt sie in Köln und arbeitet an einer Promotion zum Thema Feminismus und Kritische Theorie.

              Zu feministischen Bezugnahmen auf die Kritische Theorie siehe auch die Vorträge von Regina Becker-Schmidt, Cornelia Klinger und Roswitha Scholz.

              Der Fetischismus

              Im Oktober 2011 hat sich die u.a. von TOP Berlin und der RLS veranstaltete vierte Marx-Herbstschule dem Begriff und der Sache des Fetischismus in der Kritik der politischen Ökonomie angenommen. Die überwiegend recht kurzen Referate mehr oder weniger namhafter Marx-Experten wurden aufgezeichnet und können hier nachbearbeitet bezogen werden. Ich beschränke mich in meinen Beschreibungen diesmal auf knappe Stichworte.

              Michael Heinrich: Die Bedeutung und systematische Stellung der Fetischkritik im Marx’schen Werk (0:21 h)
              Einführung und historische Kontextualisierung des Fetischbegriffs.

              Rolf Hecker (Beiträge zur Marx-Engels-Forschung): Der Fetischbegriff in die Entstehungsgeschichte des Kapital (0:21 h)
              Philologische Einführung in die Begriffsverwendung bei Marx im Verlauf der Entstehung der KdpÖ.

              Hendrik Wallat (offenbar RRU): Der Fetischbegriff im Kontext der Marx’schen Theorie (0:18 h)
              Ausführungen zum Zusammenhang von Fetischismus und Ideologie sowie zu den Grenzen des Fetischbegriffs mit Bezügen zu Antisemitismus und Sozialchauvinismus.

              Kornelia Hafner (Marx-Gesellschaft): Zur Frage des Gebrauchswertfetischismus (0:26 h)
              Bemerkungen zur Frage, warum der Begriff des Gebrauchswerts sich nicht als revolutionstheoretische Kategorie eignet. Siehe ihren Aufsatz in D. Behrens: Gesellschaft und Erkenntnis. Zur materialistischen Erkenntnis- und Ökonomiekritik, Freiburg, 1992

              Diethard Behrens (Marx-Gesellschaft): Zur Problematik des Zusammenhangs von Kapitalfetisch, Technik- und Wissenschaftskritik (0:12 h)

              Frieder Otto Wolf: Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Marx’schen Fetischbegriffs (0:38 h)
              Kurzer Abriss über Rezeption und Weiterentwicklungen des Fetischbegriffs, u.a. bei Adorno, Benjamin, Althusser, Balibar.

              Die Diskussionen sind nicht aufgezeichnet worden. Die Podiumsveranstaltung mit Hafner, Wallat und Behrens fand leider in einem akustisch ungeeigneten Saal statt. Daher sind die Aufzeichnungen trotz Nachbearbeitung von schlechter Audioqualität.

              Wir sind der Euro?

              Bevor der Euro schließlich doch noch notgeschlachtet wird (oder sich vielmehr selbst erledigt), möchte ich hier auf einen Vortrag Gerhard Stapelfeldts vom 27. Mai 2011 hinweisen, der sich mit der politischen Ökonomie und Krise des Euro sowie mit dessen integrativer wie identitätsstiftender Funktion befasst. Er liegt als Audio- und als Video-Mitschnitt vor.

                Download/Audio: via AArchiv (1:31 h, 31 MB)

                Video/Audio: via Archive.org (ogg vorbis/ogg video/mpeg/mp3/flac/wav), Stream via Youtube

              Defizite linker Staatskritik

              und die Notwendigkeit ihrer Neuformulierung

              Auf der Tagung „Alles erfasstInformationelle Selbstbestimmung in Zeiten von freiwilliger ‚Gläsernheit‘ und staatlicher Überwachung„, die am 8. Oktober in Jena stattfand, hat auch Elmar Flatschart (EXIT!) einen Vortrag gehalten, in dem er eine Einführung in die Staatskritik gegeben hat. Hierzu stellt er verschiedene Staatstheorien vor (Marx, Engels, Gramsci, Althusser, Poulantzas, Staatsableitungsdebatte in den 70’ern, Eugen Paschukanis), die er jeweils kritisch befragt. Anschließend spricht er skizzenhaft über Kritik und Krise der Politik.

                Download: via AArchiv (mp3; 37,7 MB; 1:22 h)

              Besprechungen und Gespräche über Marx

              Herbert Panzer bespricht kritisch das Buch »Wo Marx Recht hat« von Fritz Reheis, welches kürzlich im Primusverlag erschienen ist. Zu hören bei Radio Klärwerk: hier. [via] Wer einen Eindruck davon gewinnen möchte, wie SoziologInnen heute sich Marx annähren, sei auf die Gespräche verwiesen, die anlässlich des demnächst erscheinenden Buches »Marx für SoziologInnen« geführt wurden: hier.

              Raus aus der Klasse, rein in die Klasse?

              Eine der wesentlichen Intentionen Moishe Postones, die er in seinem Buch »Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft« begründet, ist die Kritik einer einseitigen Kritik der Distributionsverhältnisse vom Standpunkt der Arbeit aus, welche Produktion selbst aus dem analytischen Blick verliert. Die wertkritische Kritik der Arbeit soll nicht vom Standpunkt des Proletariats aus formuliert werden. Während unter Postones Einfluss ein Teil der MarxistInnen hierzulande also diejenige Klasse, »die ihr eignes Produkt als Kapital producirt« (Marx), ein für allemal abgeschrieben hat, erfreut sie sich an der Universität vielerorts einer erneuten liebevollen Zuwendung in sozialarbeiterischer Manier. Dass »die Klasse« kein äußerer Garant der Revolutionäre für die Revolution ist, sollte klar sein. Dass das Proletariat im Nationalsozialismus zu Pöbel und das Bürgertum zu Gesindel wurde (Bruhn), macht eine gnadenlose Kritik der traditionellen ArbeiterInnenbewegung zur notwendigen Voraussetzung von Kritik überhaupt. Ob aber die Kategorie der Klasse für eine kritische Theorie der Gesellschaft und damit eine Kritik als intendierte Selbstaufhebung des Proletariats (deren Voraussetzung heute eine Kriegserklärung an den Antisemitismus sein müsste) damit gleich mit null und nichtig sind, ist m.E. keine ausgemachte Sache. Zur Diskussion hierüber sollen die folgenden Audiogespräche beitragen:

              1. Anlässlich der zweiten Jenaer »Klassenkonferenz«, die im Juni diesen Jahres unter dem Titel »Klassen Kämpfe der Gegenwart« stattfand (siehe Programm), habe ich mit Tilman Reitz (Uni Jena) über den Begriff der Klasse gesprochen.

              Am 1. und 2. Juni 2011 organisiert die Rosa Luxemburg Stiftung Thüringen in Zusammenarbeit mit Teilen des Instituts für Soziologie der Uni Jena eine Konferenz über „(Klassen)Kämpfe der Gegenwart“. „Stuttgart – Hamburg – Neukölln“ sind die Städtenamen, die dabei als Stichworte für gegenwärtige Auseinandersetzungen auf der politischen Schaubühne der Bundesrepublik stehen und deren Klassencharakter auf der zweiten Jenaer Klassenkonferenz diskutiert werden soll. Ich habe mich mit Tilman Reitz, Juniorprofessor am soziologischen Institut der Uni Jena und Mitorganisator der Klassenkonferenz, getroffen, mit ihm über den Begriff der Klasse gesprochen und ihn gefragt, was uns in der nächsten Woche in den Rosensälen der Uni Jena erwartet. [via]

                Download: via FRN (mp3; 22,8 MB; 24:54 min) | via AArchiv (14,3 MB)

              2. Sehr ausführlich hat mir Christopher Zwi auf ähnliche Fragen wie im obigen Interview geantwortet. Für die geplante Radiosendung haben wir zwei Durchläufe des Interviews gemacht – hier stehen beide zur Verfügung (die Fragen bleiben gleich, inhaltlich sind die beiden Interviews nicht 100%ig deckungsgleich).

              Interview 1

                Download: via AArchiv (mp3; 30,6 MB; 53:26 min)

              Interview 2

                Download: via AArchiv (mp3; 20,7 MB; 36:06 min)

              Beide Interviews wurden in der Sendereihe „Wutpilger-Streifzüge“ gesendet. Die Sendung steht hier zur Verfügung:

                Download: via Mediafire (mp3; 54,9 MB; 1 h)

              Weitere Audioarchiv-Beiträge zur Diskussion um den Begriff der Klasse folgen.

              Thinking Marx

              Zwei Stunden von, mit und über Moishe Postone

              Beim FSK Hamburg wurde eine sehr interessante zweistündige Sendung über Moishe Postone produziert. Sie führt in Werk und Biographie Postones ein, enthält seinen Vortrag »Marx’s Critical Theory of Capitalist Modernity« (siehe FRN) vom Kongress Re-Thinking Marx (Berlin Mai 2011) und befasst sich ausführlicher mit seinem Antisemitismus-Ansatz. Ein Highlight ist zweifellos das Interview, dass die Sendungsmacher_innen am Rande der Konferenz mit Postone geführt haben und das in der zweiten Hälfte der Sendung zu hören ist. Es ist teilweise auf Deutsch, aber großenteils auf Englisch.

              Download: Mono via AArchiv, Mono via MF | HQ/Stereo via Rapidshare

              Wie nur Wenige vor ihm, hat es Moishe Postone geschafft, mit Hilfe der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie, die abstrakten gesellschaftlichen Beziehungen und Denkformen der kapitalistischen Produktionsweise zu analysieren und zu kritisieren.
              Darauf aufbauend liefert er sowohl eine bemerkenswerte Kritik des traditionellen Marxismus, welcher immer wieder versucht, die Gründe für das Elend in der Gesellschaft in der Sphäre der Distribution zu finden, als auch eine herausragende Kritik des modernen Antisemitismus als einer besonders gefährlichen Form des Fetischs.
              Grund genug Moishe Postone 2 Stunden zu widmen, in denen sowohl sein Vortrag vom Re-Thinking Marx Kongress als auch ein Interview mit ihm zu hören sein werden.

              Am Rande sei noch auf das Interview mit Petra Haarmann hingewiesen, das Radio F.R.E.I. 2004 zur Übersetzung von Postones Hauptwerk Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft geführt hat: mp3 via FRN (9 Minuten)

              Anonyme Herrschaft. Zum Zusammenhang von Reichtum und Subjektivität

              Ingo Elbe war Ende 2010 bei der Hamburger Gruppe Kritikmaximierung eingeladen, um mit einem Vortrag über die abstrakte Struktur kapitalistischer Herrschaft in die Marxsche Gesellschaftkritik (nach neuerer Lesart) einzuführen.
              Da mir schon vor der Veröffentlichung auf FRN eine von Kritikmaximierung erstelle und mit Jingle an Anfang und Ende versehene Fassung des Mitschnitts zuspielt wurde, veröffentliche ich diese hier nachbearbeitet und zusätzlich eine Bearbeitung der Diskussion. In letzterer, an der auch Roger Behrens beteiligt ist, geht es u.a. um die Begriffe abstrakte vs. anonyme Herrschaft, den Status des Klassenbegriffs und um das Verschmelzen von Charakter und Maske.

              Download
              nachbearbeitet via AArchiv: Vortrag (1:19 h, 27 MB), Diskussion (0:37 h, 13 MB) | via MF: Vortrag, Diskussion (~)
              Orignial via FRN: Teil 1 (0:58 h, 53 MB), Teil 2 (0:56 h, 51 MB)

              Ankündigungstext & Referenteninfo: Weiterlesen

              Die politische Ökonomie des Antisemitismus. Über die sogenannten »Protokolle der Weisen von Zion«

              Beim Freiburger ça ira Verlag wird zur Zeit ein Band über die bekannten »Protokolle der Weisen von Zion« vorbereitet. Die schon vor langer Zeit und mehrfach als Fälschung aus dem Dunstkreis der zaristischen Geheimpolizei entlarvten Protokolle zählen noch heute zu den einflussreichsten Schriften des Antisemitismus und haben maßgeblich zur ideologischen Wahnvorstellung einer »jüdischen Weltverschwörung« beigetragen. Joachim Bruhn als Mitarbeiter des ça ira Verlages hatte im März 2011 mehrfach Gelegenheit, den o.g. Band vorzustellen. In seinen Vorträgen behandelt er – auch in Abgrenzung zur, wie er sagt, »liberalen Antisemitismusbeforschung« – weniger die Entstehung der Protokolle, als vielmehr die ihnen wie ihrem anhaltenden Erfolg und ihrer Aufklärungsimmunität zugrunde liegende politische Ökonomie, die er in einen Zusammenhang mit der »orientalischen Despotie« (Marx) stellt.

              1. Zur materialistischen Kritik des Antisemitismus, veranstaltet und dokumentiert von der Gruppe Sur l’eau Lübeck, vom 19.03.2011.

                Download: via aarchiv (1:25 h; 30 MB) [Die 40 MB große Originaldatei gibt es via Divshare]

              2. Die politische Ökonomie des Antisemitismus, aus der Reihe Wahlverwandschaften: Antisemitismus Islamismus Deutschland, vom 16.03.2011, Jüdische Gemeinde Pinneberg

                Download: via aarchiv (1:03 h; 22 MB), via FRN (58 MB)

              Da die beiden Versionen weder identisch, noch überschneidungsfrei sind, empfehlen wir allen, die nicht beides hören möchten den erstgenannten, längeren Vortrag.

              Ankündigungstext: Weiterlesen