Schlagwort-Archive: Körperverhältnisse

Femen und der Feminismus

Keine feministische Gruppe war in jüngster Zeit so präsent in den Medien wie FEMEN. Ob die Aktionen von FEMEN eine gelungene und subversive Anwendung des weiblichen Körpers in feministischen Kämpfen sind oder ob sich die Öffentlichkeit bald an die spektakulären Oben-Ohne-Aktionen gewöhnt hat, ohne dass die Inhalte einer feministischen Gesellschaftskritik wirkmächtig verbreitet worden wären — darüber wird auch in feministischen Zusammenhängen gestritten. Einige Positionen von und zu FEMEN dokumentieren wir an dieser Stelle.

Die ARD-Mediathek stellt ein Audio-Feature zur Verfügung, in dem FEMEN portraitiert wird. Es wird über die Entstehung von FEMEN und einige ihrer Aktionen so wie die Reaktionen darauf berichtet. Es kommen mehrere FEMEN-Mitglieder zu Wort, die ihre favourisierte Protestform und einzelne Aktionen begründen.

    Download: via RS (8,4 MB; 18:05 min)

Auch der Zündfunk hat ein kurzes Feature über FEMEN produziert, in dem insbesondere Mitglieder von FEMEN Deutschland zu Wort kommen.

Femen beim Training — Was würdest du gerne schreien? Seit 2008 gehen nun schon die Bilder junger ukrainischer Frauen um die Welt, die mit Parolen auf ihren nackten Brüsten protestieren – gegen die Diktatur von Wiktor Janukowytsch genauso wie gegen Sextourismus in der Ukraine oder das Patriarchat im allgemeinen. Der Zündfunk hat in Hamburg eine Gruppe von Femen Germany beim Training getroffen und nach ihren Zielen und Motiven gefragt.

    Hören & Lesen: bei BR2

Eine scharfe Kritik an FEMEN hat die feministische Gruppe e*vibes aus Dresden formuliert. Nachdem die Gruppe – insbesondere in Reaktion auf die FEMEN-Aktion in der Hamburger Herbertstraße – in einem offenen Brief an FEMEN einige ihrer Kritikpunkte veröffentlicht hatte, gab es im März dieses Jahres in Leipzig eine Podiums-Diskussion, an der zwei Mitglieder von FEMEN Deutschland, zwei Mitglieder von e*vibes und Dorothée Marth (SPD-Frauen) teilgenommen haben. Die Diskussion verläuft mitunter sehr turbulent — etwas mehr Sachlichkeit und etwas weniger Moralisierung hätte der Veranstaltung sicherlich gut getan. Das angekündigte Thema – eine Reflexion der Veränderung feministischer Protestformen in den letzten 20 Jahren und verschiedener gegenwärtiger Protestkulturen – wird nur am Anfang in einem Einführungsreferat angerissen. Der Rest der Diskussion konzentriert sich dann auf die beiden FEMEN-Mitglieder, die über ihre Organisierung befragt werden und sich für Kritik an einzelnen Aktionen sowie am FEMEN-Gesamtkonzept rechtfertigen. Im Nachgang der Diskussion hat e*vibes eine Auswertung mit dem Titel „Nein, nein, das ist nicht der Feminismus!“ veröffentlicht.

Mit Brüs­ten und Strumpf­mas­ken für die Gleich­be­rech­ti­gung. Fe­mi­nis­ti­sche Pro­test­kul­tur heute

Der öf­fent­li­che Pro­test bil­de­te von Be­ginn an eine wich­ti­ge Kon­stan­te der Frau­en­be­we­gung. Be­reits die Ak­teur_in­nen der ers­ten Frau­en­be­we­gung um 1900 und die Fe­mi­nis­t_in­nen der 1970er Jahre wuss­ten sich und ihre Pro­test­ak­tio­nen me­di­en­wirk­sam zu in­sze­nie­ren. Auf diese Weise konn­ten wich­ti­ge ge­sell­schaft­li­che De­bat­ten an­ge­sto­ßen und eine brei­te Öf­fent­lich­keit sen­si­bil­siert, wenn nicht gar mo­bi­li­siert wer­den.

Die Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung möch­te den Blick auf die Ge­gen­wart rich­ten und die fe­mi­nis­ti­sche Pro­test­kul­tur der letz­ten 20 Jahre re­sü­mie­ren. Das Haupt­au­gen­merk rich­tet sich u.a. auf die Slut­walk-​Be­we­gung, die Femen und Pussy Riot. Neben den Ak­teur_in­nen und deren Netz­wer­ke soll vor allem über die The­men und die vi­su­el­len In­sze­nie­run­gen des ge­gen­wär­ti­gen fe­mi­nis­ti­schen Pro­tests dis­ku­tiert wer­den. Die Rolle der Me­di­en gilt es eben­so kri­tisch zu re­flek­tie­ren wie die Ziele und For­de­run­gen der fe­mi­nis­ti­schen Ak­ti­vis­t_in­nen.

Bei der Ver­an­stal­tung han­delt es sich um eine reine Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung! Pro­test­kund­ge­bun­gen oder -​ver­an­stal­tun­gen jeg­li­cher Art (an- oder aus­ge­zo­gen) und das zei­gen von Pro­test­me­di­en (Pla­ka­te, Kör­per, usw.) sind un­ter­sagt. Auch das Nut­zen oder Zei­gen fa­schis­ti­scher und ver­fas­sungs­feind­li­cher Sym­bo­le ist nicht ge­stat­tet. Per­so­nen, die die­sen Be­stim­mun­gen zu­wi­der­han­deln, wer­den des Rau­mes ver­wie­sen. [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 147,2 MB; 2:40:45 h) | via FRN: Teil 1 (mp3; 56,6 MB; 1:01:47 h); Teil 2 (mp3; 52,7 MB; 57:35 min) | Hören: bei Mixcloud

Maria-Elisabeth Neuhauss hat in einem Vortrag Anfang Oktober 2013 im Rahmen des Jour Fixe der Falken Erfurt einen Vortrag gehalten, in dem sie zum einen die Geschichte von FEMEN skizziert und zum anderen einige Reaktionen auf deren Aktionen kritisch unter die Lupe genommen hat. Am Ende des Vortrags hat sie einige Thesen zur Diskussion gestellt. Zentral ist hierbei m.E. die Kontextualisierung der Aktionsform – was in der Ukraine, wo eine rigide Sexualmoral unter christlich-orthodoxem Vorzeichen gesellschaftlich wirkmächtig ist, eine subversive Methode ist, die einen wunden Punkt trifft, droht in westeuropäischen Ländern, wo Nacktheit und Sexualität alltäglich präsent sind, zu verpuffen. Einen ähnliche Einschätzung vertritt Hannah Wettig in einem Artikel in der Jungle World, auch wenn sie in anderen Punkten zu anderen Urteilen kommt. Die zur Diskussion gestellten Thesen (die im Mitschnitt leider etwas verrauscht sind) findet ihr untenstehend.

Jour Fixe – Femen: Entlang mehrerer Thesen wollen wir folgende Fragen diskutieren: Wie entstand Femen? Was sind und waren ihre Ziele? Was sind die unterschiedlichen Protestformen, die sie im Laufe der Zeit praktizierten? Was kann uns diese Gruppe, ihr Wandel und ihre Rezeption über die Bedeutung des weiblichen Körpers in Europa sagen? Es sollen auch davon ausgehend Überlegungen zu feministischer Praxis allgemein angestellt werden. [via]

Abschließend sei eine kurze Vice-Reportage über eine Femen-Aktion in Paris empfohlen: Ansehen.

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Schönheit ist die Wahrheit selbst

Geschlecherbilder in der Kunst des Nationalsozialismus

Müsli-Mann hat uns schon vor längerer Zeit darauf hingewiesen, dass der Asta der Uni Trier zahlreiche Audio-Vorträge zur Verfügung stellt. Passend zum Beitrag über die nationalsozialistische Kunstpolitik und zum letzten Posting, findet sich dort ein Vortrag von Elke Frietsch über Geschlechterbilder in der Kunst des Nationalsozialismus, den sie am 10.02.2010 in Trier im Rahmen einer Reihe über Kunst und Faschismus (Programm) gehalten hat. Sie diskutiert hier zwei Thesen: zum einen, dass die Kunst im Zentrum nationalsozialistischer Propaganda stand, zum anderen, dass Geschlechterbilder im NS sowohl im Alltag, als auch in der Propaganda und in der Kunst einen großen Stellenwert hatten. Sie stellt dann sehr ausführlich dar, welche Funktion die Kunst im NS hatte und wie sie in Verbindung mit Geschlechterbildern stand – hier ist für Frietsch vor allem der Vergleich von männlichen und weiblichen Körperdarstellungen zentral, die sie auch mit Körperdarstellungen in der sowietischen Kunst vergleicht. Zur Erklärung nationalsozialistischer Körperverhältnisse bezieht sie sich auf Michel Foucaults Thesen zu Körpertechniken und Biomacht. Als Beispiel wird u.a. der nationalsozialistische Skulptur-Künstler Arno Breker herangezogen. Bemerkenswert scheinen mir im Vortrag vor allem drei Aspekte zu sein, die nur scheinbar widersprüchlich sind und in der NS-Ideologie zusammen gehen: ein antifeministischer Kampf gegen »Frauenemanzipation«, die Funktion der Frau als reine Repräsentation und Reproduktion der Rasse und das Postulat der Gleichberechtigung der Frau am Arbeitsplatz und an der Front.
Zur besseren Hörbarkeit habe ich in der nachbearbeiteten Version die längere Einleitung, in der es vor allem um den Anlass und die Vorstellung der Reihe geht, herausgeschnitten. Wer daran interessiert ist (es geht u.a. über die Diskussion um Johannes Scherl), sollte auf die Version der Uni Trier zurückgreifen:

    Download: via Uni Trier (mp3; 58,6 MB; 1 h 3:57 min) oder kürzer via AArchiv (mp3; 26 MB; 45:28 min)

Zum Ankündigungstext der Reihe: Weiterlesen

Der postmoderne Körper

1. Die Antiquiertheit des SexusZur Kritik der postmodernen Körpertechnologie: Im Rahmen der Reihe „Hab mich gerne, Postmoderne. Zur Kritik des Poststrukturalismus“ der Gruppe AG No Tears for Krauts referierte Magnus Klaue am 18. Mai 2011 über die Ersetzung des Leib-Begriffs durch den des Körpers in der postmodernen Körperpolitik. Er geht dabei zunächst auf das Konzept der Polyamorie ein, das er als einen rationalisierten, technisierten Umgang mit eigenen Gefühlen kritisiert. Während in der Polyamorie über Sexualität eigentlich gar nicht mehr gesprochen wird, ist die Austreibung der Sexualität auch für postmoderne Körperkonzepte kennzeichnend. Während im Begriff des Leibes auf etwas nicht Verfügbares verwiesen ist und zudem mit der Thematisierung des Alterns Geschichtlichkeit impliziert, ist hier der Körper als etwas bloß Erzeugtes nur noch ein Ensemble von Technologien, das keine Geschichte mehr hat. Die Aufnahmequalität ist leider nicht sonderlich gut.

Zur neuesten Tendenz postmoderner Genderpolitik gehört der Versuch, die geschlechtertheoretischen Prämissen der Arbeiten von Judith Butler et al. in einer Weise praktisch werden zu lassen, die die altlinke Formel vom Privaten, das politisch sei, in denkbar bedrohlichster Weise zu verwirklichen verspricht. Beatriz Preciados „Kontrasexuelles Manifest“, das den Hass auf Sexus und Trieb selbstbewusst im Titel führt, sowie die „gendertechnologischen“ Schriften Donna Haraways sind die Referenztexte einer gender- und queerlinken Bewegung, die jeden Einzelnen auffordert, die Abschaffung des Leibes zugunsten des „Körpers“ und den Rückbau des Ich zum bewusstlosen Knotenpunkt blinder „Konstitutionsprozesse“ mit Haut und Haaren an sich selbst zu exekutieren. Der anti-humanistische „neue Mensch“, der dabei entstehen soll und wahlweise als „Mensch-Maschine“ oder „Cyborg“ figuriert, hat kein Unbewusstes und kein Triebschicksal, keine Geschichte und kein Begehren mehr. Seine Symbolwelt steht Preciado gemäß nicht mehr im Banne des „Phallus“, sondern des „Dildos“, des puren Konstrukts, das die reale Erfahrung der Verschränkung von Sexualität und Herrschaft liquidiert, indem es Intersubjektivität und Herrschaft konvergieren lässt. In seiner Welt gibt es weder Intimität noch individuelle Liebe, die Impulse der kindlichen Sexualität sind ebenso getilgt wie die Erfahrung der Sterblichkeit des menschlichen Körpers. Sexualität, von jedem Einzelnen als angstbesetzt und rätselhaft empfunden, soll kommensurabel gemacht werden, indem sie zum puren Vollzug eines allgemeinen Gesetzes erniedrigt wird: lästig, aber nötig, frei von jedem Glücksversprechen und damit auch von der Angst vor Enttäuschung. In Anschluss an Günther Anders’ Theorem von der „Antiquiertheit des Menschen“ möchte der Vortrag zeigen, dass die Postmoderne damit endgültig zur praktischen Ethik individueller Selbstauslöschung wird, wie Anders sie in Heideggers Technikbegriff, den der deutsche Faschismus zu verwirklichen suchte, angelegt sah. Magnus Klaue ist freier Autor und schreibt unter anderem für „Bahamas“ und „Jungle World“. [via]

2. Der (post-)moderne KörperOrt der gelebten Möglichkeiten?: In ihrem Vortrag über den postmodernen Körper im Rahmen der Reihe „Kunst, Spektakel und Revolution“ kritisieren Katja und Korinna (siehe ihren Artikel Fat is a feminist Issue hier oder zum anhören hier) aus einer dezidiert feministischen Perspektive ebenfalls das postmoderne Verhältnis zum Körper. Grundthese ist hier mit Marx und Adorno, dass das verdinglichte Gesellschafts-Naturverhältnis in der kapitalistischen Produktionsweise neben einer Beherrschung der äußeren Natur auch die des eigenen Leibes bedeutet. Die so beherrschte und verdrängte Natur kehrt im bürgerlichen Konzept der Weiblichkeit wieder – die verdrängte menschliche Leiblichkeit wird auf die Frau projiziert. Mit der Emanzipation der Frau zum bürgerlichen Subjekt verschärft sich das weibliche Verhältnis zum eigenen Körper jedoch: sie muss Natur zugleich repräsentieren und beherrschen. Was diese Veränderung für weibliche Körperlichkeit bedeutet, hat dabei etwas mit den Veränderungen im Produktionsprozess zu tun: während im industriellen Zeitalter der Körper ein Mittel der Produktion darstellt, wird er im post-industriellen Zeitalter aus dem Produktionsprozess ausgeschlossen und selbst zu einem Gegenstand der Produktion: er wird zu einem gestaltbaren, jederzeit verfügbaren Produkt. Was dies für viele Frauen bedeutet, ist Gegenstand des Vortrags. In Weimar haben Katja und Korinna ihrem Vortrag ein Musikvideo vorangestellt, welches hier angesehen werden kann.

Die Entwicklung des bürgerlichen Subjekts war notwendig verbunden mit der Spaltung des Menschen in Geist und Körper. Die Herrschaft des sich autonom dünkenden Geistes über den Körper bedeutete seitdem, immer einen Teil der körperlichen Bedürfnisse zu verleugnen. Unterdessen zeichnet sich der gegenwärtige Trend eher durch eine tiefe Sorge um den Körper aus. Er ist zu einem Ort der unendlichen Gestaltung avanciert, in dem sich Bilder von Ästhetik, Fitness und Selbstkompetenz vereinen sollen. Dies scheint jedoch zunächst weniger ein Zeichen von Autonomie zu sein als vielmehr der Gewalt gesellschaftlicher Zwänge geschuldet, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Diese äußern sich nicht zuletzt darin, dass der Körper zum bevorzugten Austragungsort innerer Konflikte geworden ist. Spiegelt der destruktive Umgang mit dem Körper einerseits die leidvollen Konflikte des Subjekts mit der Gesellschaft wider, so bleibt ebenso zu fragen, welches emanzipatorische Potential sich im Körperkult ausdrückt. Steckt im Bedürfnis nach der Umgestaltung des eigenen Körpers womöglich ebenso die Anklage gegen das schlechte Bestehende wie der verborgene Wunsch der individuellen Emanzipation? Eine feministische, emanzipatorische Kritik am Körper hieße eine bewusste Reflexion auf dieses Verhältnis von Wünschen und Zwängen, dem versucht wird, nachzuspüren. Katja und Korinna leben in Leipzig. In der letzten Ausgabe der „Outside the Box Zeitschrift für feministische Gesellschaftskritik“ schrieben sie über die feministische Kritik des postmodernen Körperverhältnisses. [via]

Sexualität und Behinderung

„Behinderung“ bedeutet in kapitalistischen Gesellschaften die körperlich oder geistig bedingte Unmöglichkeit gelungener Subjektivität. Vermittelt über die gesellschaftlichen Anforderungen an das Subjekt, ist es den unter diese Kategorie subsumierten Menschen nicht nur erschwert ein glückliches Verhältnis zu sich selbst und zum eigenen Körper zu finden, es sind zudem zahlreiche Ausschlüsse im gesellschaftlichen Leben damit verbunden. Zentral ist dabei u.a., dass behinderten Menschen abgesprochen wird, eine selbstbestimmte Sexualität zu haben. Nicht nur, dass etwa weibliche Behinderte in der ideologischen Vorstellung als geschlechtslose Wesen gelten – die gesellschaftlichen Bedingungen zeigen deutlich, dass Sexualität Behinderter nicht erwünscht ist. Im Februar 2011 wurde auf Radio LORA München eine Sendung ausgestrahlt, die sich mit Sexualität und Behinderung auseinandersetzte. Vier körperlich behinderte Frauen kommen in dieser Sendung zu Wort, sprechen über das gesellschaftliche Körperverhältnis, über ideologische Vorstellungen von der (A-)Sexualität Behinderter, gesellschaftliche Schranken, die Behinderten gesetzt werden, über den Kampf Behinderter um sexuelle Selbstbestimmung und berichten vor allem über eigene Erfahrungen.

Behindert ist nicht – behindert wird. Auch im Ausleben selbstbestimmter Beziehung und Sexualität müssen körperlich Behinderte gesellschaftliche, bürokratische und physische Hürden nehmen. Erschreckend ist die Zahl der sexuellen Gewalt, die behinderten Mädchen und Frauen wiederfährt und der Umgang der Rechtsprechung mit diesem Phänomen. Interviewpartnerinnen sind die Sozialpädagogin Ute Strittmater und die Mitarbeiterin Ute Schön von den Netzwerkfrauen-Bayern. Außerdem die Psychologinnen Inge Plangger und Renate Geifrig. Alle vier Frauen bewegen sich im Rollstuhl. [via]

Download: via FRN (mp3; 47,5 MB; 51:50 min)

»Ich unterstütze Sie doch nicht dabei, einen weiteren Sozialfall zu produzieren« – dies wird oftmals körperlich beeinträchtigten Frauen entgegengehalten, wenn sie sich bei Kinderwunsch über eine mögliche Schwangerschaft beraten lassen wollen. Das Stichwort des ›Sozialfalls‹ verweist dabei darauf, dass die Diskriminierung Behinderter, soziale Ungleichheit und Biopolitik eng miteinander verwoben sind. Eine weitere Sendung auf Radio LORA klärt darüber auf, wie Behinderung und deren angebliche Vererbbarkeit tatsächlich in Beziehung zueinander stehen, welche Möglichkeiten behinderte Frauen mit Kinderwunsch haben und welche Schwierigkeiten ihnen dabei durch die Gesellschaft und die körperliche Einschränkung gesetzt sind. Es kommen in der Sendung betroffene Frauen, eine Gynäkologin und eine Dokumentarfilmerin zu Wort, die über Hilfsmaßnahmen, pränatale Diagnostik (das damit verbundene Thema der Eugenik ist Gegenstand dieses Artikels in der Phase 2) und eigene Erfahrungen berichten und formulieren dabei die klare Botschaft, dass der Kinderwunsch behinderter Frauen erfüllbar ist. Im zweiten Teil der Sendung spricht die Moderatorin zudem mit einer Sexualpädagogin über gesellschaftlich bedingte Probleme bei der Sexualität geistig beeinträchtigter Menschen.

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, steht im Artikel 3 des Grundgesetzes. Die gesellschaftlichen Tabuthemen: ‚mentale und körperliche Beeinträchtigungen und Sexualität und Kinderwunsch‘ finden allerdings reichlich zögerlich Raum in der öffentlichen Wahrnehmung. Wer will sich schon gedanklich damit befassen, womit Menschen mit Lernschwierigkeiten und deren Angehörige konfrontiert sind, wenn mit der Pubertät die Sexualität in ihr Leben tritt? Wer will sich damit auseinandersetzen, welche Probleme auftauchen, wenn beispielsweise Frauen mit Lähmungen oder Spastiken, im Rollstuhl sitzend, Kinder bekommen wollen? Es sind wahrscheinlich auch deshalb Tabuthemen, weil wenig Wissen über Erblichkeiten, über die tatsächlichen Probleme, über Hilfsmaßnahmen und Finanzierungsbedarf vorhanden ist. Wir versuchen heute ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten und lassen zu Wort kommen: Die Betroffenen Esther Hoffmann und Christine Gasafy, die Gynäkologin Prof. Dr. Gerlinde Debus, die Dokumentarfilmerin Ute Wagner-Oswald, die Betroffene Petra Gross und die Diplompsychologin und Sexualpädagogin Lucyna Wronska. [via]

Download: via FRN (mp3; 50 MB; 54:38 min)

Leider ist das Thema der Behinderung, die damit verbundenen gesellschaftlichen Körperverhältnisse und das hierdurch produzierte Leid viel zu selten Teil linksradikaler Theoriebildung und Forderungen. Daher sei zusätzlich auf ein sehr hörenswertes Interview mit Philipp von den Falken Erfurt verwiesen [via], das im Vorfeld der Veranstaltung „Hauptsache gesund!? Behinderung und Krankheit als Super-GAU des bürgerlichen Subjekts„, in der Sendung „Reibungspunkt“ auf Radio FREI gesendet wurde. Unbedingt lesenswert ist außerdem der gleichnamige Text der Jungen Linken gegen Kapital und Nation. Im FRN stehen in der Kategorie Behinderung neu denken weitere Sendungen zum Thema zum Nachhören zur Verfügung.

Fat is a feminist issue

Quergelesen dokumentiert in der Novemberausgabe den Text »Fat is a feminist Issue« aus der zweiten Ausgabe der Outside The Box. Es geht um gestörte Körperverhältnisse und Essstörungen und deren Verdrängung aus dem feministischen Diskurs. Download via RS (1h, 56 MB)

Update: Textgrundlage bei KSR.