Archiv des Autors: aergernis

Spontaner Kommunismus? Kritische Beleuchtung des Postoperaismus

Während einige Vertreter der Kritischen Theorie in der total verwalteten Welt kein revolutionäres Subjekt mehr ausmachen konnten, lösten sich in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Neuentdeckungen und Abgesängen auf das Proletariat und die Chancen gesellschaftlicher Emanzipation ab. Mit dem Bestseller Empire von Michael Hardt und Antonio Negri, die das Proletariat durch die Multitude ersetzten, keimte im Jahr 2000 gerade innerhalb der Bewegungslinken wieder Hoffnung. Slavoj Žižek sah in diesem Buch gar das Kommunistische Manifest des 21. Jahrhunderts. Die These des Buches, dass zentrale Marxsche Kategorien wie Wert und Klassenstruktur für den gegenwärtigen Kapitalismus mit seinem Primat immaterieller Arbeit bzw. der Wissensproduktion neu gefasst werden müssen, stieß allerdings auf Gegenwehr. Der Abschied vom Wert als Analysekategorie, den die Autoren in der Theorielinie des Postoperaismus vollzogen, erschien allzu wagemutig. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Postoperaismus und marxsche Wertkritik greift Philipp Metzger auf und skizziert im hier dokumentierten Vortrag die Grundkategorien der marxschen Theorien und des Postoperaismus. Metzger leistet damit mehr als eine Annäherung und Kritik der postoperaistischen Theorie.
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Wo keins ist, ist eins #8 – #11

Da ich vermute, dass auch die meisten Nutzer_innen des Audioarchivs nicht die ganzen letzten Sommertage in ihren Zimmern hocken und sich Radiosendungen über Hegel reinziehen, mögen sie es mir verzeihen, dass ich es mit der Regelmäßigkeit etwas habe schleifen lassen und nun schon wieder eine ganze geballte Ladung Philosophie, diesmal gleich vier Ausgaben der Dialektik-Sendung vom FSK auf einmal hier dokumentiere. Vielleicht sind es ja ein paar Stunden, mit denen sich die werten Hörer_innen den kommenden Herbst oder dann den Winter denkerisch versüßen können – hörenswert sind die Sendungen in jedem Fall.

Wo keins ist, ist eins #8 (13.05.2012)

In der Sendung steht die Wirklichkeit als Einheit von Inneren und Äußeren, Kraft und Äußerung, Wesen und Erscheinung im Vordergrund. Hatte die metaphysische und positivistische Tradition die formelle Wirklichkeit als das, was sich widerspruchsfrei denkbar zu erweisen hat, erfasst, so wird mit Hegel die innere Widersprüchlichkeit einer solchen Wirklichkeit aufgewiesen, die sich als zufällig erweist, d.h. nicht notwendig so ist, wie sie ist, sondern auch anders sein kann. Das nötigt Hegel von der formellen zur realen Wirklichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit überzugehen. Ein Kurzschluss von Notwendigkeit und Wirklichkeit, ein überdeterminierter Wirklichkeitsbegriff, wie der Positivismus oder kritische Rationalismus ihn haben, führt dazu, dass schließlich alles, was notwendig sein soll, sich als etwas erweist, was auch ganz anders sein kann. Die reale Möglichkeit der Totalität der Bedingungen einer Sache ist vorhanden, bevor die Sache in Existenz tritt. Fehlen Bedingungen der Veränderung in einer bestehenden Möglichkeit, sind Versuche gesellschaftliche Praxis zum Scheitern verurteilt.

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Wo keins ist, ist eins #9 (Juni 2012)

Zur Wirklichkeit gehört nicht nur das Beobachtbare, sondern auch deren Möglichkeiten, Vernunftpotentiale; so endet die objektive Logik Hegels und dies reflektiert auch die materialistische Dialektik Adornos. Der Übergang zum Subjekt oder Begriff des Begriffs hat es in sich. Die Dialektik von Allgemeinen und Besondern wird anhand von Hegels Verständnis von Begriff und deren materialistischer Kritik aufgewiesen wie u.a. Adorno sie zusammenfaßt: »Dialektik heißt nicht, wozu sie in der Parodie wie in der dogmatischen Versteinerung wurde, die Bereitschaft dazu, die Bedeutung eines Begriffs durch eine erschlichene andere zu substituieren; nicht, man solle, wie man der Hegelschen Logik es zumutet, den Satz vom Widerspruch ausstreichen. Sondern der Widerspruch selber: der zwischen dem festgehaltenen und dem bewegten Begriff, wird zum Agens des Philosophierens. Indem der Begriff festgehalten, also seine Bedeutung mit dem unter ihm Befaßten konfrontiert wird, zeigt sich in seiner Identität mit der Sache, wie die logische Form der Definition sie verlangt, zugleich die Nichtidentität, also daß Begriff und Sache nicht eins sind. Der Begriff, der der eigenen Bedeutung treu bleibt, muß eben darum sich verändern; Philosophie, die den Begriff für höher achtet denn ein bloßes Instrument des Verstandes, muß nach deren eigenem Gebot die Definition verlassen, die sie daran hindern möchte. Die Bewegung des Begriffs ist keine sophistische Manipulation, die ihm von außen her wechselnde Bedeutungen einlegte, sondern das allgegenwärtige, jede genuine Erkenntnis beseelende Bewußtsein der Einheit und der gleichwohl unvermeidlichen Differenz des Begriffs von dem, was er ausdrücken soll. Weil Philosophie von jener Einheit nicht abläßt, muß sie dieser Differenz sich überantworten.«(Adorno)

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Wo keins ist, ist eins #10 (Juli 2012)

Hegels Begriff des Begriffs als Einheit der Allgemeinheit, Besonderheit und Einzelnem, wurde in der vorherigen Folge von „Wo keins ist, ist eins“ als Ergebnis des Durchgangs durch die Kategorien der Substantialität als Ergebnis der Wesenslogik herausgearbeitet. Den Begriff bezeichnet er als absolute Einheit von Reflexion und Gesetztsein oder Anundfürsichsein. Anundfürsichsein ist der Kontrastbegriff zu allen nur verhältnisweisen, außenrelativen Bestimmungen einer Sache, wie sie bei Hegel beim Staat (Allgemeinwille), christlichem Gott und dem Lebendigen auftritt. Mit dem Gedanken der „Identität von Anundfürsichsein und Gesetztsein“ artikuliert Hegel, daß eine Sache durch sich selbst bestimmt sei, so erweist sich der Idealismus als Theorie der Freiheit. In der materialistischen Dialektik wird aufgewiesen, daß in dieser Art von Subjekt bzw. „Begriff“ gesellschaftliche Arbeit sich verbirgt. Neben einigen Lektüretips zum Idealismus und deren materialistischer Kritik, soll das Verhältnis von Allgemeinen und Besonderen, nun im Kontrast Hegel und Adornos Negativer Dialektik entfaltet werden.

    Download: via AArchiv (mp3; 56,4 MB; 1:38:35 h)

Wo keins ist, ist eins #11 (August 2012)

Die Diskussion der gesellschaftlichen Substanz, die dem Wert der Ware zugrundeliegt, aus der Juli Sendung, wird fortgesetzt. Die folgende Dialektik, die Adorno am Verhältnis vom Allgemeinen und Besonderen herausarbeitete, wird genauer diskutiert: »Je selbstherrlicher das Ich übers Seiende sich aufschwingt, desto mehr wird es unvermerkt zum Objekt und widerruft ironisch seine konstitutive Rolle. Ontisch vermittelt ist nicht bloß das reine Ich durchs empirische, das als Modell der ersten Fassung der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe unverkennbar durchscheint, sondern das transzendentale Prinzip selber, an welchem die Philosophie ihr Erstes gegenüber dem Seienden zu besitzen glaubt. Alfred Sohn-Rethel hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß in ihm, der allgemeinen und notwendigen Tätigkeit des Geistes, unabdingbar gesellschaftliche Arbeit sich birgt. Der aporetische Begriff des transzendentalen Subjekts, eines Nichtseienden, das doch tun; eines Allgemeinen, das doch Besonderes erfahren soll, wäre eine Seifenblase, niemals aus dem autarkischen Immanenzzusammenhang von notwendig individuellem Bewußtsein zu schöpfen.« (Adorno, Negative Dialektik) Es werden Kriterien zur Aneignung der idealistischen Dialektik durch eine materialistische Theorie erarbeitet, die in der Folgesendung historisch weitergeführt wird.

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Wo keins ist, ist eins.

Die Idee eines jüdischen Staates

Der Zionismus von den Anfängen bis zur Gegenwart

In einer fünfteiligen Reihe hat Deutschlandfunk kürzlich ein Gespräch zur Geschichte des Zionismus gesendet. Antisemitismus, Theodor Herzl und der Zionismus, die Kibbuz-Bewegung sowie die Gründung des Staates Israel und der Stellenwert der Religion – diese Themen haben Rüdiger Achenbach und Günther Bernd Ginzel in der Sendung »Tag für Tag« dabei aufgegriffen.

    Download: (das ganze Gespräch) – via Mediafire | via RS |via Uploadilcloud (mp3; 30,8 MB; 53;44 min)
    Stream: (die einzelnen Teile) – per dRadio
    Gespräch in Textform: Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 | Teil 4 | Teil 5 | oder untenstehend:

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Reflexionen über die Kulturindustrie

Im Rahmen der Sendung Klärwerk hat Marius Meier von Radio Z Nürnberg im Juli 2012 ein interessantes Interview mit Detlev Claussen geführt, das in eine Reihe von Reflexionen über Begriff und Wirklichkeit der Kulturindustrie eingebettet ist. Sowohl eine knappe Einführung in die Kritik der Kulturindustrie wird geboten, als auch die Frage nach ihrer Aktualisierung (insb. hinsichtlich des WWW) gestellt. Interessant sind Claussens Ausführungen zum Verhältnis des Internets zur (Halb-)Bildung sowie zum Eindringen der Verwalteten Welt ins Individuum.

Download: via AArchiv (0:28 h, 10 MB), via Radio Z (26 MB) | via FRN (0:23 h, 33 MB, Interview ohne Kommentar!)

Im Rahmen unserer letzten Sendung beschäftigten wir uns eine Stunde lang mit der Theorie der Kulturindustrie.

Ein wechselhafter Sommer hat begonnen, und während andere Medien sich vor allem einer ressentimentbehafteten Berichterstattung über die Folgen der Schulden- und Wirtschaftskrise widmen, will das Klärwerk heute die Frage nach den Verhältnissen und Rahmenbedingungen stellen, unter denen sich Kultur im Jahre 2012 abspielt.
Der Begriff der „Kulturindustrie“ geisterte noch vor 20 Jahren häufiger durch Zeitungen und Magazine und wurde häufig im Sinne der kulturkonservativen Konstatierung eines vermeintlichen Werteverfalls missbraucht. Heutzutage gibt es kaum mehr öffentliche Debatten, die sich seiner bedienen.Wir versuchen im Rahmen unserer Themenstunde in die Theorie der Kulturindustrie einzuführen.

Das situationistische Ende der Kunst und sein Ausbleiben

Alles falsch — auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie

Anlässlich des kürzlichen Erscheinens des Buches »Alles falsch. Auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie« hat Sebastian Dittmann am 3. Juli 2012 in Halle einen Vortrag gehalten, in dem er zunächst eine kurze Einführung in das Theorem der Kulturindustrie von Horkheimer & Adorno gibt und anschließend über die Spektakel-Kritik der Situationisten referiert. Konklusio des Vortrags ist die Gegenüberstellung der verschiedenen Ausgangsbedingungen Adornos und Horkheimers auf der einen und Debords und der Situationisten auf der anderen Seite und wie daraus unterschiedliche Positionen zum Umgang mit der Kunst entspringen.

Während es üblich geworden ist, innerhalb der Kulturwaren zu differenzieren, um so deren vermeintliche Freiheitspotentiale zu entdecken, haben es sich die Autoren eines vor kurzem im VerbrecherVerlag erschienenen Buches vorgenommen, die Kulturindustrie als das zu kritisieren, was sie ist: Produkt und zugleich Produzentin des falschen Ganzen, als welche sie Theodor W. Adorno zu seiner Zeit verurteilte. Konnte der noch damit rechnen, durch Übertreibung ihre Wahrheit zu treffen, hat die Kulturindustrie unterdessen ihren eigenen Superlativismus übertroffen. „Alles falsch – Auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie“, heißt das betreffende Buch. Mitherausgeber Sebastian Dittmann stellt es nun vor. In den Mittelpunkt rückt Dittmann dabei die Situationisten um Guy Debord. Debord und Adorno versuchten Mitte des letztens Jahrhunderts das Voranschreiten der Entfremdung seit dem Erscheinen von Marx´ ›Kapital‹ zu fassen. Interessanterweise ist ihre Kritik von „Kulturindustrie“ bzw. „Spektakel“ sich dabei recht ähnlich, manchmal bis in die Wortwahl, aber ihre Schlußfolgerungen unterscheiden sich radikal: Bejahte Adorno die Kunst als letztes Medium von Kritik, verneinten die Situationisten sie, da in der von ihnen erwarteten Revolution die in der Kunst in eine eigene Sphäre ge- und verbannte ästhetische Qualität in die wirkliche Welt zurückgenommen, die Poesie mit dem Leben versöhnt werden sollte; in dieser Aufhebung der Kunst erblickten die Situationisten die „Nordwestpassage“ der proletarischen Revolution. Der Vortrag versucht, zuerst einige zentrale situationistische Begriffe darzustellen und davon ausgehend ihre Kritik der Kunst behandeln; abschließend wird es um die Frage gehen, warum die erwartete Aufhebung der Kunst ausblieb. [via]

    Download via FRN (mp3; 41:41 min; 57,3 MB) | via AArchiv (23,9 MB)

Zur feministischen Kritik am Poststrukturalismus

1. Judith Butler und die uneigentliche Erfahrung. Zur Kritik des Poststrukturalismus — Im Rahmen der Tübinger Reihe »Zur feministischen Kritik am Poststrukturalismus« hat Korina Korecky einen hörenswerten Vortrag über Judith Butler gehalten. Sie skizziert dabei zunächst die Geschichte des bürgerlichen Subjekts und seines Verhältnisses zur Frau; insbesondere wie es seine Handlungsfähigkeit verliert, was schließlich Voraussetzung für die poststrukturalistische Theoriebildung ist. Im zweiten Teil gibt sie einen Überblick über die Probleme, die Butlers Texte aufwerfen.

Dass die Poststrukturalisten voraussetzen, was sie kritisieren oder verwerfen, nämlich Tradition, Identität, Geschichte, Sinn und Handlungsziele, haben schon so viele Schlaumeier geschrieben, dass es kaum der Wiederholung wert ist. Das poststrukturalistische Denkgebäude fällt trotz dieses grundlegenden – und zutreffenden – Einwands nicht in sich zusammen, was vermuten lässt, dass es (wie jede andere Theorie auch) seine Evidenz nicht aus sich heraus bezieht. Dem poststrukturalistischen Denkgebäude insofern Irrtümer und logische Fehlschlüsse, gar Nicht-Übereinstimmung mit dieser oder jener und der eigenenTheorie, nachzuweisen, ist eine einigermaßen sinnlose Übung. Zu fragen wäre vielmehr nach dem „Erfahrungsgehalt dieses Denkens“ (Peter Bürger), oder anders: danach, welchem gesellschaftlichen Bedürfnis es entspricht. Für den Feminismus besteht die Attraktivität des poststrukturalistischen Denkens genau in dessen Infragestellung von Wahrheit, Subjekt und Einheit. Die patriarchale Souveränität des strahlenden Subjekts als voraussetzungsreich auf Kosten der Frauen konstituiert anzugreifen, ist ein zentrales Moment feministischer Gesellschaftskritik und darin trifft sie sich, bei allen Differenzen, mit einem den Poststrukturalismus motivierenden Impuls. Dieses Zusammentreffen wahrzunehmen, verbietet eine Form der Kritik am poststrukturalistischen Denken, die in Reaktion darauf ihrerseits bloß auf Wahrheit, Subjekt und Einheit pocht. Aus feministischer Perspektive sollte deshalb dem Poststrukturalismus nicht sein Verzicht auf die Konstatierung von Wahrheit, sondern von gesellschaftlicher Unwahrheit vorgeworfen werden. Versucht wird das im Vortrag an Judith Butlers „Doing Gender“. [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 53:04 min; 18,2 MB)

2. Subversion, wo steckst du? Eine Spurensuche an den Universitäten — Einen etwas anderen Blickwinkel wirft Tove Soiland auf poststrukturalistische Theoriebildung in einem Vortrag, den sie auf Einladung des Promotionskollegs »Geschlechterverhältnisse im Spannungsfeld von Arbeit, Organisation und Demokratie« in Marburg gehalten hat: Sie formuliert eine Kritik an den cultural studies und führt aus, warum der Fokus auf Identität reale gesellschaftliche Probleme des Geschlechterverhältnisses verdeckt. Sie plädiert dagegen dafür, gesellschaftliche Arbeitsteilung in den Fokus feministischer Kritik zu rücken und bezieht sich dabei auf Slavoj Žižek und die Ljubljana school of psychoanalysis, die vor allem Theoreme von Lacan weiterentwickelt.

    Download: via AArchiv (mp3; 52:59 min; 30,3 MB)

Weitere spannende Vorträge aus der Reihe des Marburger Gender-Kollegs gibt es hier: Bitlove.de.

Einführung in die Wert-Abspaltungs-Kritik

Auf Einladung interessierter Studierender der TU Darmstadt versuchte sich Daniel Späth (Redaktion »EXIT!«) an einer Einführung in die Wert- bzw. Wert-Abspaltungs-Kritik. Beginnend mit einer an Kant ansetzenden Kritik der Aufklärung, setzt er sich mit dem bürgerlichen und dem kritischen Marx sowie der Arbeiterbewegung auseinander, nimmt Bezug auf Foucaults Ordnung der Dinge und formuliert eine Kritik der Spaltung der deutschen Linken in »Antiimps« und »Antideutsche«. Abschließend geht er auf das geschlechtliche Abspaltungsverhältniss ein.

Download via AArchv: Vortrag (21 MB), Diskussion (unvollständig, 11 MB)

Robert Kurz zum Gedächtnis

Am 18.7.2012 starb Robert Kurz im Alter von 68 Jahren. Mit ihm verliert die radikale Linke einen ihrer produktivsten wie innovativsten Theoretiker und Kritiker. Seine Analysen waren meist umstritten, aber stets von einer heute alles andere als selbstverständlichen Tiefe. War sein Tonfall zuweilen nicht frei von Polemik, so wurde sie ihm doch nie zum Selbstzweck. Schriften wie das Schwarzbuch Kapitalismus, deren Eindringlichkeit sich nicht zuletzt aus dem ungemilderten Hass aufs Bestehende und dessen Irrationalität speisten, brachten mich und sicher auch viele andere der Wert- und Abspaltungskritik näher und regten zum Weiterlesen, -fragen, -denken an. Robert Kurz und sein unbeirrbar kritischer Geist werden zweifellos fehlen in geistlosen Zuständen, die mehr denn je einer radikalen Kritik bedürfen. Ihm sind die folgenden Beiträge gewidmet.

1. Nachruf von Roger Behrens mit anschließendem Interview von 2006.

    Download via AArchiv (0:40 h, 14 MB) | via FRN (45 MB)

2. Collage von FSK Hamburg. Eine Stunde, gefüllt mit Erinnerungen, Würdigungen sowie teilweise kommentierten Zitaten des Verstorbenen. Mit Beiträgen u.a. von JustIn Monday, Günther Jacob, Daniel Späth.

    Download via AArchiv (1:02 h, 21 MB) | via FRN (57 MB)

3. »Proletarier aller Länder, macht Schluß!«

Das Manifest gegen die Arbeit der Gruppe Krisis stammt aus dem Jahre 1999 und ist im gleichen Zeitraum von der Redaktion 3 [FSK] eingelesen worden.

    Download: Teil 1 (19 MB), Teil 2 (20 MB) via AArchiv | via FRN (~2 h, 103 MB)

Zum Schluss noch der Hinweis darauf, dass das neue Buch von Robert Kurz im Erscheinen begriffen ist.

Kapitalismus forever

Am 24.06. hat Wolfgang Pohrt in der Schankwirtschaft Laidak sein neues Buch ›Kapitalismus forever‹ (Leseprobe) vorgestellt. Man hat es in bestimmten Kreisen mit einer gewissen Unruhe erwartet und es fällt manchem schwer, ein Urteil darüber zu fällen. In seinem Vortrag referiert Pohrt essayistisch-assoziativ über verschiedene Themen: den Begriff des Gemeinwesens und des Geldes, die Begriffsstutzigkeit angesichts der Krise, die Nichtverstehbarkeit des Kapitalverhältnisses und das Rätselraten der Marxisten, Fortschrittsgeschichte bei Marx, das Verhältnis von Produktivkräften, Produktionsverhältnis und Klassenkampf, etc … — wobei recht bald klar wird, dass es ein Elend ist mit der Menschheit, dieser Amöbe und nur noch das Hoffen auf ein Wunder bleibt. Meinem Eindruck nach stecken insgesamt ein paar kluge Gedanken drin, der Vortrag bleibt jedoch insgesamt begrifflich oberflächlich und unscharf. Ärgerlich ist der mitunter ziemlich plumpe, antifeministische Affekt, der vor allem in der Diskussion immer wieder hochkommt.

    Download (via AArchiv): Vortrag (mp3; 24,8 MB; 43:15 min), Diskussion (mp3; 29,5 MB; 51:36 min) | (via MF) Vortrag, Diskussion | oder hören auf: magazinredaktion.tk

Kritik und Utopie

Die Jenaer Gruppe Revolta hat am 28. Juni Klaus Holz von der Jour Fixe Initiative Berlin zu einem Vortrag über die Begründung einer materialistischen Ethik eingeladen. Ausgehend von der Feststellung, dass es in der Kritischen Theorie ein Übergehen von der Bestimmung objektiver Möglichkeiten, hin zur Beschäftigung mit dem Subjekt gibt, das ein Bewusstsein dieser Möglichkeit haben könnte, gibt er eine Problemskizze, die für ihn eine materialistische Ethik notwendig macht. Weil gegebene Möglichkeiten nicht gleich in einem emanzipatorischen Sinne erwünscht sein müssen, bedürfe es der Ethik, die darüber reflektiert, wie mit den Tendenzen der Wirklichkeit umzugehen ist, ohne der Gefahr zu unterliegen in der Überhöhung (unbedingter) Subjektivität selbst wieder idealistisch zu werden. Materialistische Kritik, so Holz, basiert auf der Bestimmung ihrer objektiven Bedingung, kann sich aber nicht in ihr erschöpfen – damit wendet er sich einer anti-hegelianischen Position zu, die Marx aus einer kantianischen Perspektive kritisiert. Zudem problematisiert er das Verhältnis von Humanismus und „Ahumanismus“ in den verschiedenen Phasen von Marx. Auch wenn der Vortrag thematisch auf einer anderen Ebene angesiedelt ist, gibt es einige Parallelen zum Vortrag von Christine Zunke, in dem diese ebenfalls eine kanto-marxistische Position zu begründen versucht.

    Download: via AArchiv | via MF (mp3; 35,1 MB; 1:01:21 h)

Materialistische Kritik und Utopie fallen nicht in eins. Die Kritik bestehender Verhältnisse genügt nicht, um eine zukünftige Gesellschaft und den Weg zu ihr zu begründen. Denn Kritik ist einem theoretischen Antihumanismus verpflichtet, der viel über das Kapital (resp. die Gesellschaft), wenig über die Proletarier (resp. die Subjekte) zu sagen weiß. Das Problem der Emanzipation aber liegt gerade darin, dass die neue Gesellschaft zugleich neue Menschen braucht und umgekehrt. Die sich daraus ergebenden Probleme provozieren Gewalt gegen die Menschen, Entmündigung, Erziehungsdiktatur bis hin zum Gulag. Dem entspricht das linke Vorurteil, Ethik, zumal eine humanistische, sei bürgerlich, jedenfalls bäh.

Der Vortrag wird Kritik, Ethik und Utopie im Blick auf Marx, Marcuse, Bloch und Adorno erörtern, utopische Ziele benennen und Widersprüche, die den Weg zum guten Leben verstellen, reflektieren. Was also fehlt? Eine Politik, die antihumanistischer Kritik und humanistischer Ethik verpflichtet ist. Das mag man Posthumanismus nennen. [via]

Denkstoffe

Beim Schweizer Radio DRS gab es in der Sendung Reflexe eine interessante Reihe zu KlassikerInnen der Kulturwissenschaften im 20. Jh. In je etwa halbstündigen Gesprächen mit KennerInnen des besprochenen Werkes geht u. a. um Horkheimer/Adorno, H. Arendt, M. Foucault, J. Butler, J. Derrida und N. Luhmann. (Backup via MF)

Von der Niederlage der Novemberrevolution zur kritischen Theorie

Georg Lukács und die Ohnmacht der Arbeiterklasse

Markus Bitterolf und Denis Maier, die beiden Herausgeber des kürzlich im ça ira-Verlag erschienen Sammelbandes „Verdinglichung, Marxismus, Geschichte – Von der Niederlage der Novemberrevolution zur kritischen Theorie„, haben am 23. Mai das zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienene Buch vorgestellt. Darin referieren sie über die historischen Bedingungen (Oktoberrevolution in Russland, Novemberrevolution in Deutschland) unter deren Einfluss der ungarische Marxist Georg Lukács zu wirken begann. Sie rekonstruieren Lukács‘ politischen Werdegang und diskutieren dann einige zentrale Kategorien der mittleren Phase des Denkers: Das Rätsel der Ware und die Verdinglichung, Totalität, Klassenbewusstsein und Freiheit. Zuletzt sprechen sie über Horkheimers Weiterentwicklung Lukács’er Theoreme, dessen spezifischem Begriff von Materialismus und die damit einhergehende Verabschiedung der kritischen Theorie vom Proletariat. Mangel des Vortrags, ähnlich wie der meisten Beiträge des Buches, ist m.E. die vollständige Aussparung des Lukács’en Spätwerkes (u.a. Ontologie des gesellschaftlichen Seins und Die Eigenart des Ästhetischen), in dem Lukács seine früheren Schriften selbst einer gründlichen Kritik unterzieht.

    Download: via AArchiv (mp3; 21,7 MB; 47:26 min)

Daß “die Weltrevolution um die Ecke ist”, wie sich Leo Löwenthal einmal ausdrückte, war nicht nur für viele Linke in den Jahren nach der Oktoberrevolution gewiß. So auch für Georg Lukács. Warum sich allerdings das “Tempo der Entwicklung der Revolution” verlangsamt hatte und wie diese Einsicht mit der “Erkenntnis von Gesellschaft und Geschichte” zusammenhing, diese Frage wollte Lukács beantworten. Vor dem Hintergrund von Krieg, Krise und Revolution schrieb er acht Aufsätze, die damals einen der radikalsten Versuche bedeuteten, das Revolutionäre an Marx durch Weiterführung der Hegelschen Dialektik wieder aktuell zu machen. Als sie 1923 unter dem Titel Geschichte und Klassenbewußtsein erschienen, war zunächst kaum abzusehen, welche Bedeutung diesem Buch vergönnt sein sollte. Der wichtigste Essay über Die Verdinglichung und das Bewußtsein des Proletariats orientierte sich an Marx’ Kritik des Fetischcharakters der Ware und wollte gleichzeitig begründen, warum das Proletariat sich als revolutionäres Subjekt konstituieren müsse. Dem Materialismus, wie ihn Max Horkheimer bestimmte, blieb es überlassen zu fragen, wie die Aktualität der Revolution mit der Erfahrung ihres Scheiterns zusammenhing, wie die Entwicklung in der Sowjetunion zu beurteilen sei und warum sich das Proletariat nicht als das Subjekt-Objekt der Geschichte konstituieren wollte, wie es Lukács’ Theorie darlegte. – Es sprechen Markus Bitterolf (Heidelberg) und Denis Maier (Luzern), Herausgeber des Bandes Georg Lukács u.a., Verdinglichung, Marxismus, Geschichte. Von der Niederlage der Novemberrevolution zur kritischen Theorie. [via]

Zum Begriff der Natur in der materialistischen Gesellschaftskritik

Wir dokumentieren hier zwei sehr unterschiedliche Vorträge, die sich aus einer Perspektive materialistischer Gesellschaftskritik mit dem Begriff der Natur beschäftigen.

1. Materialistische Naturbegriffe und Kritik herrschender Naturvorstellungen

Kann die Kritik an den herrschenden Vorstellungen von Natur und den Naturwissenschaften politisiert und zum Aktionsfeld emanzipatorischer Kritik gemacht werden?

Im Vortrag von Christoph Plutte geht es um Naturbegriffe und -philosophien, wie sie von den französischen Materialisten der (Vor-)Revolutionszeit, Friedrich Engels (Dialektik der Natur) und Anton Pannekoek entworfen worden sind. Einigen Raum nimmt dabei die Diskussion des Verhältnisses von Zufall und Notwendigkeit ein. Auffällig und m.E. problematisch ist, dass Plutte offenbar einen positiv bestimmten Naturbegriff sucht, statt die Kritik der Naturbeherrschung als destruktiver gesellschaftlicher Praxis in seine Überlegungen einzubeziehen.

Der Vortrag wurde am 29. März 2012 von der Linksorientierten Studierendeninitiative Münster veranstaltet.

Ankündigungstext, Referenteninfo & Literaturhinweis:

In jeder historischen Epoche werden bestimmte Vorstellungen von Natur ausgebildet, in denen sich die gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse vielfach widerspiegeln. Die Naturvorstellungen des Mittelalters wurden von der Kirche sanktioniert und überwacht, die die gesellschaftliche und ständische Ordnung in der himmlischen und natürlichen Ordnung zu verdoppeln suchte. Daher bekämpfte die Kirche vehement alle Versuche, das starre Bild der von Gott geschaffenen Natur aufzuweichen.

Unter ihren zahlreichen Gegner*innen haben insbesondere die Materialist*innen im Vorfeld der französischen Revolution die Naturphilosophie dazu benutzt, am Gegenstand von Natur und Mensch, Seele und Körper und in naturphilosophischen Begriffen über die Gesellschaft zu sprechen, revolutionäre Gedanken zu entwickeln und den Sturz des Königs zu fordern.

Seitdem hat sich viel verändert und die Naturanschauung unterliegt keiner Zensur von Staat und Kirche mehr und auch die politische Herrschaft stützt sich nicht mehr auf unhinterfragbare Wahrheiten, sondern eher auf ein konfuses Durcheinander von Meinungen. Nicht mehr der Zweifel an „ewigen Wahrheiten“ ist ein Skandal, sondern die selbstbewusste Behauptung, wahre Aussagen über die Ursachen der gesellschaftlichen Misere treffen zu können.

Im Vortrag sollen unter anderem die Versuche Friedrich Engels beleuchtet werden, einen dialektisch-materialistischen Begriff von Natur zu entwickeln. Wenn von linker und emanzipatorischer Seite naturwissenschaftliche Anschauungen und Theorien kritisiert werden, dann bezieht sich diese Kritik häufig auf Naturwissenschaftler*innen, die naturwissenschaftliche Theorien auf soziale Phänomene übertragen wie z.B. beim Sozialdarwinismus oder gegenwärtig bei Hirnforschern und Gentechnikern.

Dabei wäre vielmehr die Frage zu stellen, inwiefern ein materialistisch-dialektischer Naturbegriff dabei helfen kann, nicht nur diese falschen Übertragungen und Biologisierungen zu kritisieren, sondern diesen an der Wurzel ein anderes Naturverständnis entgegenzusetzen. Schließlich scheint die erkenntnistheoretische Selbstbeschränkung in den Naturwissenschaften – keine Begriffe von Natur, sondern nur Modelle zur Berechnung von Naturphänomenen liefern zu wollen – ein Pendant zur Behauptung zu sein, das menschliche Elend und die gesellschaftlichen Missstände nicht abschaffen, sondern nur sozialdemokratisch lindern zu können.

Diese Gedanken sollen vor dem Hintergrund der materialistischen Naturphilosophie der französischen Aufklärung und der ›Dialektik der Natur‹ von Friedrich Engels, die in gewisser Weise ihre Weiterentwicklung ist, ausgeführt werden.

Christoph Plutte arbeitet als Programmierer in Berlin und veröffentlichte im vergangenen Jahr in der Zeitschrift prodomo einen Artikel über Engels‘ Naturdialektik [dazu eine Erwiderung von Franz Forst]. Ebenfalls 2011 ist in der Edition Tiamat eine Sammlung von Briefen Guy Debords erschienen, die er mit übersetzt hat.

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2. Naturbeherrschung und Emanzipation

Was Plutte nicht interessiert, leistet Dirk Lehmann in seinem Vortrag über die Verdinglichung der Natur. Er greift dazu auf die Dialektik der Aufklärung von Horkheimer/Adorno und die Verdinglichungskritik von Georg Lukács zurück. Ihm geht es dabei im Anschluss an die Kritische Theorie sowohl um die Geschichte als auch um das Subjekt der Naturbeherrschung. Auch einige Andeutungen Adornos zur Utopie eines nicht-verdinglichenden Umgangs mit der Natur gibt er wieder.

Der Vortrag wurde, organisiert von [association critique], am 1. Juni 2011 in Bielefeld gehalten.

Literaturhinweis: Die Verdinglichung der Natur. Über das Verhältnis von Vernunft und die Unmöglichkeit der Naturbeherrschung in Phase 2. 33/2009

Ankündigungstext & Referenteninfo:

Die Erfahrung, die der kritischen Theorie Max Horkheimers und Theodor W. Adornos, vor allem der gemeinsam verfassten Dialektik der Aufklärung, zugrunde liegt, ist, dass die Geschichte der Befreiung des Menschen von übermächtigen (Natur-)Gewalten nicht zu einem vernünftigen Zustand der Welt geführt hat. Indem die Menschen ihre Emanzipation ins Werk gesetzt haben, eine Unternehmung, die wesentlich darin bestand, sich zum Herren und Eigentümer der Natur zu machen, haben sie sich einer allein technisch-instrumentellen Rationalität ausgeliefert, so dass schließlich, nach der bekannten Aussage der Dialektik, die »vollends aufgeklärte Welt… im Zeichen triumphalen Unheils« strahlt.

Das Werk Horkheimers und Adornos ist bestrebt, den fehlerhaften Mechanismus bloßzulegen, der den bisherigen Geschichtsverlauf beinah schicksalhaft dominiert. Damit halten die Autoren an der Absicht fest, in den Weltlauf einzugreifen. Mit der Dialektik der Aufklärung wird, freilich in emanzipatorischer Perspektive, versucht, das wahre Wesen der Vernunft und den in ihrem Fundament verborgenen Defekt aufzutun.

Im Vortrag soll zunächst näher erläutert werden, was eigentlich unter diesem ‚schwierigen’ (Christoph Görg) Begriff der Naturbeherrschung zu verstehen ist. Hierzu ist ein Rückgriff auf die Verdinglichungskritik Georg Lukács’ hilfreich, auch weil damit deutlicher wird, warum die spezifische Art und Weise der Aneignung des Natürlichen vor allem im modernen Kapitalismus zum Problem wird. Überdies wird die Entstehung und Entwicklung des herrschaftlichen Umgangs mit Natur im Sinne der Dialektik der Aufklärung nachgezeichnet – mitsamt den Konsequenzen sowohl für die Erde wie auch den Menschen. Schließlich soll das Projekt einer vernünftigen Einrichtung der Welt im Lichte der kritischen Theorie über die Naturbeherrschung reflektiert werden.

Dirk Lehmann hat in Duisburg und Bielefeld Soziologie studiert und arbeitet gegenwärtig über den Begriff der Naturbeherrschung der kritischen Theorie. Er schreibt für Phase 2 sowie analyse und kritik.

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