Archiv für den Monat: Juli 2012

Robert Kurz zum Gedächtnis

Am 18.7.2012 starb Robert Kurz im Alter von 68 Jahren. Mit ihm verliert die radikale Linke einen ihrer produktivsten wie innovativsten Theoretiker und Kritiker. Seine Analysen waren meist umstritten, aber stets von einer heute alles andere als selbstverständlichen Tiefe. War sein Tonfall zuweilen nicht frei von Polemik, so wurde sie ihm doch nie zum Selbstzweck. Schriften wie das Schwarzbuch Kapitalismus, deren Eindringlichkeit sich nicht zuletzt aus dem ungemilderten Hass aufs Bestehende und dessen Irrationalität speisten, brachten mich und sicher auch viele andere der Wert- und Abspaltungskritik näher und regten zum Weiterlesen, -fragen, -denken an. Robert Kurz und sein unbeirrbar kritischer Geist werden zweifellos fehlen in geistlosen Zuständen, die mehr denn je einer radikalen Kritik bedürfen. Ihm sind die folgenden Beiträge gewidmet.

1. Nachruf von Roger Behrens mit anschließendem Interview von 2006.

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2. Collage von FSK Hamburg. Eine Stunde, gefüllt mit Erinnerungen, Würdigungen sowie teilweise kommentierten Zitaten des Verstorbenen. Mit Beiträgen u.a. von JustIn Monday, Günther Jacob, Daniel Späth.

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3. »Proletarier aller Länder, macht Schluß!«

Das Manifest gegen die Arbeit der Gruppe Krisis stammt aus dem Jahre 1999 und ist im gleichen Zeitraum von der Redaktion 3 [FSK] eingelesen worden.

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Zum Schluss noch der Hinweis darauf, dass das neue Buch von Robert Kurz im Erscheinen begriffen ist.

Kapitalismus forever

Am 24.06. hat Wolfgang Pohrt in der Schankwirtschaft Laidak sein neues Buch ›Kapitalismus forever‹ (Leseprobe) vorgestellt. Man hat es in bestimmten Kreisen mit einer gewissen Unruhe erwartet und es fällt manchem schwer, ein Urteil darüber zu fällen. In seinem Vortrag referiert Pohrt essayistisch-assoziativ über verschiedene Themen: den Begriff des Gemeinwesens und des Geldes, die Begriffsstutzigkeit angesichts der Krise, die Nichtverstehbarkeit des Kapitalverhältnisses und das Rätselraten der Marxisten, Fortschrittsgeschichte bei Marx, das Verhältnis von Produktivkräften, Produktionsverhältnis und Klassenkampf, etc … — wobei recht bald klar wird, dass es ein Elend ist mit der Menschheit, dieser Amöbe und nur noch das Hoffen auf ein Wunder bleibt. Meinem Eindruck nach stecken insgesamt ein paar kluge Gedanken drin, der Vortrag bleibt jedoch insgesamt begrifflich oberflächlich und unscharf. Ärgerlich ist der mitunter ziemlich plumpe, antifeministische Affekt, der vor allem in der Diskussion immer wieder hochkommt.

    Download (via AArchiv): Vortrag (mp3; 24,8 MB; 43:15 min), Diskussion (mp3; 29,5 MB; 51:36 min) | (via MF) Vortrag, Diskussion | oder hören auf: magazinredaktion.tk

Kritik und Utopie

Die Jenaer Gruppe Revolta hat am 28. Juni Klaus Holz von der Jour Fixe Initiative Berlin zu einem Vortrag über die Begründung einer materialistischen Ethik eingeladen. Ausgehend von der Feststellung, dass es in der Kritischen Theorie ein Übergehen von der Bestimmung objektiver Möglichkeiten, hin zur Beschäftigung mit dem Subjekt gibt, das ein Bewusstsein dieser Möglichkeit haben könnte, gibt er eine Problemskizze, die für ihn eine materialistische Ethik notwendig macht. Weil gegebene Möglichkeiten nicht gleich in einem emanzipatorischen Sinne erwünscht sein müssen, bedürfe es der Ethik, die darüber reflektiert, wie mit den Tendenzen der Wirklichkeit umzugehen ist, ohne der Gefahr zu unterliegen in der Überhöhung (unbedingter) Subjektivität selbst wieder idealistisch zu werden. Materialistische Kritik, so Holz, basiert auf der Bestimmung ihrer objektiven Bedingung, kann sich aber nicht in ihr erschöpfen – damit wendet er sich einer anti-hegelianischen Position zu, die Marx aus einer kantianischen Perspektive kritisiert. Zudem problematisiert er das Verhältnis von Humanismus und „Ahumanismus“ in den verschiedenen Phasen von Marx. Auch wenn der Vortrag thematisch auf einer anderen Ebene angesiedelt ist, gibt es einige Parallelen zum Vortrag von Christine Zunke, in dem diese ebenfalls eine kanto-marxistische Position zu begründen versucht.

    Download: via AArchiv | via MF (mp3; 35,1 MB; 1:01:21 h)

Materialistische Kritik und Utopie fallen nicht in eins. Die Kritik bestehender Verhältnisse genügt nicht, um eine zukünftige Gesellschaft und den Weg zu ihr zu begründen. Denn Kritik ist einem theoretischen Antihumanismus verpflichtet, der viel über das Kapital (resp. die Gesellschaft), wenig über die Proletarier (resp. die Subjekte) zu sagen weiß. Das Problem der Emanzipation aber liegt gerade darin, dass die neue Gesellschaft zugleich neue Menschen braucht und umgekehrt. Die sich daraus ergebenden Probleme provozieren Gewalt gegen die Menschen, Entmündigung, Erziehungsdiktatur bis hin zum Gulag. Dem entspricht das linke Vorurteil, Ethik, zumal eine humanistische, sei bürgerlich, jedenfalls bäh.

Der Vortrag wird Kritik, Ethik und Utopie im Blick auf Marx, Marcuse, Bloch und Adorno erörtern, utopische Ziele benennen und Widersprüche, die den Weg zum guten Leben verstellen, reflektieren. Was also fehlt? Eine Politik, die antihumanistischer Kritik und humanistischer Ethik verpflichtet ist. Das mag man Posthumanismus nennen. [via]

Denkstoffe

Beim Schweizer Radio DRS gab es in der Sendung Reflexe eine interessante Reihe zu KlassikerInnen der Kulturwissenschaften im 20. Jh. In je etwa halbstündigen Gesprächen mit KennerInnen des besprochenen Werkes geht u. a. um Horkheimer/Adorno, H. Arendt, M. Foucault, J. Butler, J. Derrida und N. Luhmann. (Backup via MF)