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Rechtskritik bei Marx und Paschukanis

Inhaltlich anschließend an den letzten Beitrag zur Staatskritik dokumentieren wir hier die Mitschnitte der Marx-Frühjahrsschule 2013 (organisiert von AG Rechtskritik, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Helle Panke und TOP-Berlin), welche die Rechtskritik bei Marx und Paschukanis zum Thema hatte:

In unserer modernen Gesellschaft scheint ein Leben ohne Recht nicht denkbar zu sein. Alle Lebensbereiche von der Mietwohnung bis zur Ausländerbehörde sind juristisch konstituiert. Die Frage, was Recht eigentlich ist – sowohl dem Inhalt als auch der Form nach –, und welche gesellschaftlichen Ursachen es hat, wird in täglichen Auseinandersetzungen und sozialen Kämpfen oft gar nicht mehr gestellt. Woher kommt die Vorstellung, alle Menschen seien frei und gleich? Was steckt hinter der formellen Gleichheit? Wieso nehmen bestimmte gesellschaftliche Beziehungen Rechtsform an? Wie kommt es zur Herausbildung des bürgerlichen Rechts und des modernen Staates?

Die Marxsche Kritik der Politischen Ökonomie erschöpft sich keineswegs in einer Wirtschaftstheorie, sondern versteht sich vielmehr als Versuch einer allgemeinen Analyse der bürgerlichen Gesellschaft. So finden sich bei Marx Ansätze einer Rechts- und Staatsphilosophie, an die der sowjetische Rechtssoziologe Eugen Paschukanis (1891-1937) anknüpft. Er entwickelt den durch Rechtsverhältnisse vermittelten gesellschaftlichen Zusammenhang aus dem Warentausch heraus. Danach sind kapitalistische Tauschbeziehungen unlösbar mit Rechtsverhältnissen verbunden: Warenbesitzer treten sich als freie und gleiche Rechtssubjekte gegenüber, denn die „Waren können nicht selbst zu Markte gehen und sich nicht selbst austauschen“ (Marx).

Das Buch „Allgemeine Rechtslehre und Marxismus“ von Eugen Paschukanis, das in der theoretisch fruchtbaren Phase der 1920er Jahre entstand, erscheint uns zur Analyse der bürgerlichen Gesellschaft und ihrem Recht auch heute noch relevant. Die Marx-Frühjahrsschule lädt Euch zur Lektüre und Diskussion des Werkes ein. [via]

1.) Recht bei Marx und Paschukanis – Eine Einführung

Nach einer kurzen Einleitung zur Tagung gibt Andreas Harms eine kurze und knappe Einführung in das Leben und Werk von Eugen Paschukanis. Es geht u.a. um die Stellung von Paschukanis in der Sowjetunion und um dessen wichtigstes Buch, „Allgemeine Rechtslehre und Marxismus. Versuch einer Kritik der rechtlichen Grundbegriffe„, in dem zum ersten mal der Ansatz einer systematischen marxistisch-materialistischen Analyse des Rechts entwickelt wurde, die vor allem auf eine Kritik der Rechtsform zielte. Dann macht Andreas Arndt zunächst einige Anmerkungen zum Rechtsverständnis von Marx, wobei er dahingehend ein Einverständnis zwischen Hegel und Marx konstatiert, dass beide am (bürgerlichen) Recht die Schaffung individueller Freiräume als fortschrittlich anerkannt hätten. Dies ist auch der wichtigste Ansatzpunkt zu Arndts Kritik an Paschukanis. Einerseits habe dieser einen reduktionistischen Rechtsbegriff, da er ihn auf verkehrte Weise mit dem Warentausch analogisiert, andererseits blende er individuelle Freiheitsrechte vollkommen aus seiner Analyse aus. Dies führe mit einer gewissen Konsequenz zu einer Vorstellung der Abschaffung des Rechts, in der das Individuum keine Existenz jenseits seiner Klasse hätte und auf seine Arbeitsleistung reduziert werde. Das angekündigte Referat von Andrea Maihofer hat aufgrund von Krankheit der Referentin nicht stattgefunden.

Am Freitagabend findet ein einführendes Podium statt, auf dem über Leben, Werk und Rezeptionsgeschichte von Paschukanis (Andreas Harms) und sein methodisches Vorgehen (Andreas Arndt) gesprochen wird. Mit einer generellen Einführung zu Marx und Recht (Andrea Maihofer) werden außerdem die Fragen im Marx’schen Werk thematisiert, an die Paschukanis anknüpft. Wer war Eugen Paschukanis und wo positionierte er sich in den Debatten seiner Zeit? Wie geht Paschukanis methodisch vor? Inwiefern lassen sich schon bei Marx Ansätze einer Rechtskritik finden? [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 87.8 MB; 1:35:55 h) | Anhören: bei Soundcloud

2.) Woher kommt der Staat?

Zuerst referiert Ingo Elbe (Rote Ruhr Uni, Mitherausgeber des Buches „Anonyme Herrschaft„) über den Zusammenhang von Warenform, Rechtsform und Staatsform (Powerpointpräsentation: hier) – wobei sein Referat eine Kurzversion des hier dokumentierten Vortrags darstellt. Besonders hörenswert ist dann aber das Referat von Heide Gerstenberger (Autorin des Buches „Die Subjektlose Gewalt„). Darin kritisiert sie Paschukanis‘ Methode der Formanalyse als fundamentalen Strukturfunktionalismus, den sie mit der real-historischen Entwicklung des Kapitalismus und der damit verbundenen Herausbildung moderner Staatlichkeit konfrontiert. Diese Konfrontation zeige, dass es keine den ökonomischen Strukturen innewohnende Dynamik gebe, die jene neutralen Formen hervorbringt, die Paschukanis und andere Formanalytiker als charakteristische Merkale des entwickelten Kapitalismus angesehen haben. Diese würden dementgegen aus politischen Kämpfen entspringen (bürgerliche Revolutionen) und würden nur für einen begrenzten Ausschnitt politischer Herrschaft im globalisierten Kapitalismus (bürgerliche Nationalstaaten der kapitalistischen Zentren) gelten. Zur Untermauerung ihrer Argumentation skizziert sie zum Schluss kurz die Charekteristika kolonialer Herrschaft.

Am Abend setzen wir uns im Rahmen einer öffentlichen Podiumsdiskussion in der Humboldt-Universität mit den Zusammenhängen von Waren-, Rechts- und Staatsform (Ingo Elbe) sowie der historischen Herausbildung des bürgerlichen Staates (Heide Gerstenberger) auseinander. Ist die Gleichheit aller Menschen ein oberflächlicher Schein oder die Geschäftsgrundlage kapitalistischer Herrschaftsverhältnisse? Was sind die historischen Entstehungsbedingungen moderner Staatlichkeit? [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 57.5 MB; 1:02:45 h) | Hören: bei Soundcloud

3.) Kritik der Kritik – Kontroversen um Paschukanis

Im Abschluss-Podium kritisiert zunächst Andreas Fisahn (u.a. Autor von „Herrschaft im Wandel„) an Paschukanis, dass dieser die Frage, warum in den kapitalistischen Gesellschaften Politik und Recht abgetrennt von der Ökonomie existieren, nicht beantworten würde. Er selbst versucht eine eigene Beantwortung dieser Frage, indem er auf die kapitalistische Akkumulationslogik, das Aufkommen von Überproduktionskrisen, das im Vergleich höhere Maß an Arbeitsteilung und funktioneller Differenzierung sowie historisch auf das Zöllibat als Ursprung staatlich-bürokratischer Verwaltung verweist. Simon Birnbaum (Jurist und Autor aus Berlin) verteidigt dann Paschukanis‘ These vom Absterben des Rechts im Kommunismus und vertritt die These, dass es kein Recht ohne Herrschaft gebe. Hierzu diskutiert er verschiedene Begriffe von Herrschaft, bleibt dabei m.E. insgesamt aber etwas diffus. Zuletzt referiert Ozren Pupovac (u.a. Versus Laboratory) auf englisch über die These, dass die Form des Rechts notwendigerweise Herrschaft und Ausbeutung im Kapitalismus reproduziert und daher eine revolutionäre Überwindung des Kapitalismus eine Zerstörung des Staates beinhalten muss. Außerdem ist sein Anliegen, Paschukanis mit Althusser zu radikalisieren und den Staat auch als Denkform zu begreifen. In der Diskussion geht es dann u.a. um die Frage, inwiefern auch im Kommunismus möglicherweise vorhandene Konflikte eine andere Form des Rechts erforderlich machen.

Zum Abschluss der Tagung am Sonntag laden wir zu einer Debatte (Andreas Fisahn, Ozren Pupovac und Simon Birnbaum) ein, die sich gängigen Kritikpunkten an Paschukanis Thesen widmet. Sind sie Ausdruck einer formalistischen Zirkulationsfixiertheit oder Grundlage einer fundierten materialistischen Rechtstheorie? Verkennt Paschukanis das emanzipatorische Potential des Rechts in sozialen Auseinandersetzungen? Was sind die blinden Flecken seiner Theorie? Welche ideologiekritischen Anschlüsse eröffnet sein Ansatz? [via]

    Download: via AArchiv (mp3; 71.3 MB; 1:17:55 h) | Hören: bei Soundcloud

Once again: Deutschland? Nie wieder [?]

Am Tag nationaler Selbstbeweihräucherung, in einem Jahr in dem immer offensichtlicher zum omnipräsentem ökonomischen Sachzwang die Niedertracht politischer Nötigung durch die europäische Hegemonialmacht – den „Zuchtmeister“ – Deutschland hinzutritt, will das Audioarchiv einmal mehr auf (theoretische) Bemühungen verweisen, die versuchen Kontinuität und Wandel deutscher Ideologie zu bestimmen.
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Der Fetischismus

Im Oktober 2011 hat sich die u.a. von TOP Berlin und der RLS veranstaltete vierte Marx-Herbstschule dem Begriff und der Sache des Fetischismus in der Kritik der politischen Ökonomie angenommen. Die überwiegend recht kurzen Referate mehr oder weniger namhafter Marx-Experten wurden aufgezeichnet und können hier nachbearbeitet bezogen werden. Ich beschränke mich in meinen Beschreibungen diesmal auf knappe Stichworte.

Michael Heinrich: Die Bedeutung und systematische Stellung der Fetischkritik im Marx’schen Werk (0:21 h)
Einführung und historische Kontextualisierung des Fetischbegriffs.

Rolf Hecker (Beiträge zur Marx-Engels-Forschung): Der Fetischbegriff in die Entstehungsgeschichte des Kapital (0:21 h)
Philologische Einführung in die Begriffsverwendung bei Marx im Verlauf der Entstehung der KdpÖ.

Hendrik Wallat (offenbar RRU): Der Fetischbegriff im Kontext der Marx’schen Theorie (0:18 h)
Ausführungen zum Zusammenhang von Fetischismus und Ideologie sowie zu den Grenzen des Fetischbegriffs mit Bezügen zu Antisemitismus und Sozialchauvinismus.

Kornelia Hafner (Marx-Gesellschaft): Zur Frage des Gebrauchswertfetischismus (0:26 h)
Bemerkungen zur Frage, warum der Begriff des Gebrauchswerts sich nicht als revolutionstheoretische Kategorie eignet. Siehe ihren Aufsatz in D. Behrens: Gesellschaft und Erkenntnis. Zur materialistischen Erkenntnis- und Ökonomiekritik, Freiburg, 1992

Diethard Behrens (Marx-Gesellschaft): Zur Problematik des Zusammenhangs von Kapitalfetisch, Technik- und Wissenschaftskritik (0:12 h)

Frieder Otto Wolf: Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Marx’schen Fetischbegriffs (0:38 h)
Kurzer Abriss über Rezeption und Weiterentwicklungen des Fetischbegriffs, u.a. bei Adorno, Benjamin, Althusser, Balibar.

Die Diskussionen sind nicht aufgezeichnet worden. Die Podiumsveranstaltung mit Hafner, Wallat und Behrens fand leider in einem akustisch ungeeigneten Saal statt. Daher sind die Aufzeichnungen trotz Nachbearbeitung von schlechter Audioqualität.

Wenn’s mal wieder länger dauert…

»Der kommende Aufstand«, die K-Frage und wir

Die Gruppe TOP Berlin hat uns auf den Mitschnitt dieser ihrer Diskussionsveranstaltung hingewiesen und diesen Hinweis wollen wir natürlich an euch weiterreichen. Auf der Veranstaltung gab es je 10- bis 15-minütige Input-Referate von den FreundInnen der klassenlosen Gesellschaft (identisch mit diesem), Boris Buden (Philosoph und Publizist), Frank Engster (Institut für Methodenkritik), Madame X (Das unsichtbare Komitee) und TOP Berlin selbst sowie eine 40-minütige Diskussion, die ebenfalls dokumentiert ist.

Download/Hören: via Soundcloud oder Archive.org, via Audioarchiv (39 MB)

Ankündigungstext: Weiterlesen

Zur Aktualität des Kommunismus

In Anlehnung an den Themenschwerpunkt der vorletzten Ausgabe der Phase 2 hat sich Inkasso Hasso mit mehreren mehr oder weniger bekannten TextproduzentInnen über Möglichkeit und Schwierigkeit des Kommunismus unterhalten. In dem 38-minütigen Feature kommen zu Wort: Joachim Bruhn, Lars Quadfasel, Roger Behrens, Bini Adamczak, Hannes Gießler, Renate Hürtgen und ein Mitglied der Gruppe TOP Berlin. Ein Schwerpunkt des Features liegt auf der Auseinandersetzung mit demjenigen Teil der kommunistischen Geschichte, der in einer Brutalisierung der Herrschaft des Menschen über den Menschen endete.

Download (via frn) [52,4 MB; 38 min 8 sec; mp3; 192 kbps; stereo]

Geschichte und Zukunft der antinationalen Linken

Im Rahmen der Ums Ganze-Kampagne »Staat.Nation.Kapital.Scheisse!« wurden zahlreiche Veranstaltung organisiert; eine davon führte Thomas Ebermann, Jutta Ditfurth und einen Vertreter von TOP Berlin zusammen, um über die Geschichte und Zukunft der antinationalen Linken zu diskutieren. Dabei wurde auch die »Staatsbroschüre« vom Ums Ganze-Bündnis (mal wieder) Gegenstand der Kritik. (3 Stunden)

Download: Original (168 MB!) oder via MF (63 MB)

Deutschland und die Herrschaft der falschen Freiheit

Die dieses Jahr vom bundesweiten »… um’s Ganze!«-Bündnis herausgegebene Broschüre »Staat, Weltmarkt und die Herrschaft der falschen Freiheit« wurde viel diskutiert. Zum Abschluss des „Supergedenk- und Jubiläumsjahres“ 2009 soll hier deshalb zum einen ein Referat der Berliner Gruppe Theorie.Organisation.Praxis dokumentiert werden, zum anderen ein Mitschnitt der Radio Corax-Sendung Inkasso Hasso, die Beiträge zur Kritik der heutigen deutschen Zustände sowie zur Diskussion um die genannte Broschüre und die Gruppe TOP kompiliert.

  1. TOP Berlin: Deutschland und die Herrschaft der falschen Freiheit
    Download (mp3, mono, 48 KBit/s; 2 h; 41,6); in weiteren Formaten hier
  2. Inkasso Hasso (Dez 2009): Wie ist Deutschland heute zu kritisieren?
    Download (mp3; mono; 48 KBit/s; 2 h; 41,3 MB)

Siehe/höre auch: Diskussion u.a. mit TOP Berlin im FSK zur Spezifik des deutschen Nationalismus heute

Zur Spezifik des deutschen Nationalismus heute. Dokumentation einer zu selten geführten Kontroverse

Das Hamburger FSK hat sich im „Supergedenk- und Jubiläumsjahr“ 2009 zwei (Sende-)Stunden Zeit genommen, um mit Mitgliedern unterschiedlicher linker Gruppen, wenn nicht zu klären, so doch wenigstens einmal zu diskutieren, wie Deutschland und sein Nationalismus heute zu kritisieren sind. Ausgangspunkt und durchgehend auch Gegenstand der Diskussion ist ein Demonstrationsaufruf der Berliner Gruppe Theorie.Organisation.Praxis. Hauptstreitpunkt ist die Postfaschismusthese bzw. die Frage, welchen Stellenwert Antisemitismus und völkisch-rassistisches Denken, der Nationalsozialismus und die Massenvernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden durch Nazideutschland für die heutige ideologische Konstitution des deutschen Nationalismus und seiner Anhänger_innen (noch) haben.
Es diskutieren Mitglieder des Bündnisses gegen deutsche Einheit und der Gruppen T.O.P. Berlin, Never Going Home und Naturfreundejugend Berlin.

Zum Thema möglicherweise (ideologiekritisch) interessant und anschaulich: »Zukunft Denkmal. In Berlin boomt die Erinnerungskultur«, ein knapp halbstündiger SWR-Beitrag zur Vielzahl von bereits errichteten oder geplanten Gedenk- und Erinnerungsstätten in Berlin (mp3, 25 MB).

Download:
FRN: Teil 1, Teil 2 (mp3, stereo, 128 kBit/s -> 103 MB)
Mediafire: In einem Stück (mp3, mono, 48 kBit/s -> 38,7 MB)
(1:52 h)

Rechtspop & Sündenbock

Die antifaschistischen Gruppen Redical [M] und Gegenstrom aus Göttingen haben 2008 mehrere Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem „Anti-Islam-Kongress“ ausgerichtet, von denen zwei aufgezeichnet wurden.

  1. Not my revolution! Über den regressiven Antikapitalismus der Nazis: Ein Vortrag von Bender (?) von T.O.P. Berlin samt Diskussion.
    Download (mp3, mono, 48 kBit/s; 31,3 MB; 1:31 h)
  2. Klaus Blees (Aktion 3.Welt Saar) und Bernhard Schmid diskutieren über RechtspopulistInnen und ihre Islamisierungsängste und wie mit ihnen umzugehen ist.
    Download (mp3, mono, 48 kBit/s; 32,9 MB; 1:36 h)
  3. Auch hörbar bei Redical [M]