Wir dokumentieren hier – anschließend an den letzten Teil der 68er-Reihe – die Aufnahme einer Diskussionsveranstaltung über Johannes Agnoli, sowie eine ältere Radiosendung über Agnoli.
1.) 50 Jahre Johannes Agnoli – Transformation der Demokratie
Im Dezember 2017 hat die Junge Panke Thomas Ebermann, Felix Klopotek und Jan Giolan von TOP B3rlin zu einer Diskussionsveranstaltung über Johannes Agnoli eingeladen. Thomas Ebermann und Felix Klopotek rekonstruieren die historischen Bedingungen, auf die Johannes Agnoli in seinem (gemeinsam mit Peter Brückner herausgegebenen) Buch Transformation der Demokratie reflektiert hat. Dabei geht es insbesondere um die Frage, inwiefern Elemente des Faschismus in den Wohlfahrtsstaat der Nachkriegszeit eingegangen sind und um den Zusammenhang mit der 68er-Bewegung. Jan Giolan geht auf die Frage ein, inwiefern Agnoli auch für eine Reflexion und Praxis im Umgang mit dem Aufstieg der AfD und des Rechtspopulismus fruchtbar gemacht werden kann. Die Diskussion dreht sich dann um Fragen der Bündnispolitik im Angesichts des Erstarkens rechter Bewegungen. In der Tageszeitung Neues Deutschland ist ein Bericht über den Abend erschienen.
Als der Politikwissenschaftler Johannes Agnoli und der Sozialpsychologe Peter Brückner im Jahr 1967 gemeinsam „Die Transformation der Demokratie“ veröffentlichten, trafen sie damit einen Nerv der beginnenden Revolte. Vor allem die Rezeption von Agnolis radikaler Kritik der parlamentarischen Demokratie innerhalb der außerparlamentarischen Bewegungen brachte der Schrift die Bezeichnung „APO-Bibel“ ein. Agnolis Auseinandersetzung mit dem Repräsentationsprinzip, das er als repressives Befriedungs- und Herrschaftsinstrument analysiert, mündet in die Kritik am konstruktiven Mitwirken in den Institutionen, das lediglich der Aufrechterhaltung der Verhältnisse sowie der Domestizierung der Opposition diene. Als „Staatsfeind auf dem Lehrstuhl“ bestand Agnoli auf Subversion, Destruktion und Aufklärung: „Es dient keinem Herrschaftssystem, wenn die Techniken des Herrschens den beherrschten zum Bewußtsein gebracht werden.“ Während Agnoli seine negationistische Staats- und Institutionenkritik am Beispiel der Grünen und der Linken Jahrzehnte später veranschaulichte und aktualisierte, scheint sie heutzutage angesichts der Angriffe auf die demokratischen Institutionen von Rechts fast anachronistisch. (via)
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2.) Johannes Agnoli – Ein Staatsfeind mit Lehrstuhl
Wir dokumentieren hier eine ältere Sendung von Context XXI. In der Sendung hat Stephan Grigat Auszüge von einer Gedenkveranstaltung für Johannes Agnoli zusammengestellt, die im Juni 2003 in Berlin stattgefunden hat und an der Michael Heinrich, Joachim Bruhn und Clemens Nachtmann beteiligt waren. Michael Heinrich führt aus, dass Agnoli keine Theorie des Staats, sondern eine Kritik des Staats als Form eines objektiven Zwangszusammenhangs formuliert hat. Joachim Bruhn schildert, auf welche Weise Agnoli sich auf den deutschen Idealismus bezogen hat. Clemens Nachtmann führt aus, was nach Agnoli eine Kritik der Politik bedeutet, geht darauf ein, inwiefern nach Agnoli Bestandteile des Nationalsozialismus in die BRD der Nachkriegszeit übergegangen sind und weist auf den Mangel hin, dass Agnoli die Differenz von Post-Faschismus und Post-Nationalsozialismus nicht ausreichend berücksichtigt habe.
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Weitere Beiträge zu Johannes Agnoli im Audioarchiv: Zur Aktualität von Johannes Agnolis ‚Transformation der Demokratie‘ | Das negative Potential – Gespräche mit Johannes Agnoli | Subversive Theorie