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Kritik und Utopie

Die Jenaer Gruppe Revolta hat am 28. Juni Klaus Holz von der Jour Fixe Initiative Berlin zu einem Vortrag über die Begründung einer materialistischen Ethik eingeladen. Ausgehend von der Feststellung, dass es in der Kritischen Theorie ein Übergehen von der Bestimmung objektiver Möglichkeiten, hin zur Beschäftigung mit dem Subjekt gibt, das ein Bewusstsein dieser Möglichkeit haben könnte, gibt er eine Problemskizze, die für ihn eine materialistische Ethik notwendig macht. Weil gegebene Möglichkeiten nicht gleich in einem emanzipatorischen Sinne erwünscht sein müssen, bedürfe es der Ethik, die darüber reflektiert, wie mit den Tendenzen der Wirklichkeit umzugehen ist, ohne der Gefahr zu unterliegen in der Überhöhung (unbedingter) Subjektivität selbst wieder idealistisch zu werden. Materialistische Kritik, so Holz, basiert auf der Bestimmung ihrer objektiven Bedingung, kann sich aber nicht in ihr erschöpfen – damit wendet er sich einer anti-hegelianischen Position zu, die Marx aus einer kantianischen Perspektive kritisiert. Zudem problematisiert er das Verhältnis von Humanismus und „Ahumanismus“ in den verschiedenen Phasen von Marx. Auch wenn der Vortrag thematisch auf einer anderen Ebene angesiedelt ist, gibt es einige Parallelen zum Vortrag von Christine Zunke, in dem diese ebenfalls eine kanto-marxistische Position zu begründen versucht.

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Materialistische Kritik und Utopie fallen nicht in eins. Die Kritik bestehender Verhältnisse genügt nicht, um eine zukünftige Gesellschaft und den Weg zu ihr zu begründen. Denn Kritik ist einem theoretischen Antihumanismus verpflichtet, der viel über das Kapital (resp. die Gesellschaft), wenig über die Proletarier (resp. die Subjekte) zu sagen weiß. Das Problem der Emanzipation aber liegt gerade darin, dass die neue Gesellschaft zugleich neue Menschen braucht und umgekehrt. Die sich daraus ergebenden Probleme provozieren Gewalt gegen die Menschen, Entmündigung, Erziehungsdiktatur bis hin zum Gulag. Dem entspricht das linke Vorurteil, Ethik, zumal eine humanistische, sei bürgerlich, jedenfalls bäh.

Der Vortrag wird Kritik, Ethik und Utopie im Blick auf Marx, Marcuse, Bloch und Adorno erörtern, utopische Ziele benennen und Widersprüche, die den Weg zum guten Leben verstellen, reflektieren. Was also fehlt? Eine Politik, die antihumanistischer Kritik und humanistischer Ethik verpflichtet ist. Das mag man Posthumanismus nennen. [via]

Klassen, Kämpfe & Revolte: Der Mai ’68 in Frankreich

Die antikapitalistische Gruppe Revolta hat am 19. April in Jena zusammen mit der Jour Fix Initiative Berlin einen Vortrag über die Ereignisse des Mai/Juni 1968 in Frankreich organisiert. Elfriede Müller referiert über Hintergründe und Bedingungen mit denen es dort zu einer Massenstreikbewegung kommen konnte, welche die Wirtschaft des ganzen Landes für einige Wochen nahezu zum Erliegen brachte. Sie gibt einen Überblick über die Abläufe, die beteiligten Gruppierungen und die Gegenreaktionen und zieht dann Schlüsse, die aus einer revolutionären Perspektive aus diesen Ereignissen zu ziehen wären. Besonders betont sie den individualistischen Charakter der Revolte und setzt die Perspektive auf das Subjekt, die in diesen Kämpfen gewonnen wurde, in Beziehung zur Gegenwart. Neben dem zum Thema erschienenen Band der Jour Fix Initiative empfehle ich die Lektüre des Buches „Wütende und Situationisten in der Bewegung der Besetzungen„, in dem der Situationist René Viénet unmittelbar nach den Ereignissen im Mai ’68 auf das Scheitern dieses revolutionären Anlaufs reflektiert und insbesondere ein Licht auf die Rolle der Situationisten wirft, die Elfriede Müller nur am Rande erwähnt. Ebenfalls sei auf die zur Zeit laufende Veranstaltungsreihe der Jour Fix Initiative verwiesen, die einige vielversprechende Programmpunkte enthält.

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