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Wo die Liebe zu den Ge­set­zen im Staa­te ruht

Über den Zu­sam­men­hang von Weib­lich­keit und Na­ti­on

Im Rückgang an die Anfänge der bürgerlichen Gesellschaft untersucht Karina Korecky in diesem Vortrag Wesen und Entstehung des Geschlechterverhältnisses und der Geschlechtscharaktere. Diese erweisen sich dabei als irrationale Zuschreibungen, die anders als andere Vorstellungen des Aufklärungsdenken – z. B. die Notwendigkeit des Staates – nicht einmal versuchsweise logisch begründet oder rational bestimmt worden sind. Weiblichkeit bzw. die Unterordnung und Unmündigkeit von Frauen bleiben im Medium der Philosophie ebenso unbegründet wie unbegründbar und können daher als »gefühlte Gewissheit« nur Thema von Kunst oder Poesie, nicht aber eines analytischen Denkens sein. Darin ist Weiblichkeit der ebenfalls nur mythisch »bestimmbaren« Nation ähnlich. Wie beide auch innerlich zusammenhängen, zeigt der Vortrag.

Das Referat wurde auf dem wertabspalungskritischen Sommerworkshop (EXIT!) am 23.08.2011 aufgezeichnet.

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Der postmoderne Körper

1. Die Antiquiertheit des SexusZur Kritik der postmodernen Körpertechnologie: Im Rahmen der Reihe „Hab mich gerne, Postmoderne. Zur Kritik des Poststrukturalismus“ der Gruppe AG No Tears for Krauts referierte Magnus Klaue am 18. Mai 2011 über die Ersetzung des Leib-Begriffs durch den des Körpers in der postmodernen Körperpolitik. Er geht dabei zunächst auf das Konzept der Polyamorie ein, das er als einen rationalisierten, technisierten Umgang mit eigenen Gefühlen kritisiert. Während in der Polyamorie über Sexualität eigentlich gar nicht mehr gesprochen wird, ist die Austreibung der Sexualität auch für postmoderne Körperkonzepte kennzeichnend. Während im Begriff des Leibes auf etwas nicht Verfügbares verwiesen ist und zudem mit der Thematisierung des Alterns Geschichtlichkeit impliziert, ist hier der Körper als etwas bloß Erzeugtes nur noch ein Ensemble von Technologien, das keine Geschichte mehr hat. Die Aufnahmequalität ist leider nicht sonderlich gut.

Zur neuesten Tendenz postmoderner Genderpolitik gehört der Versuch, die geschlechtertheoretischen Prämissen der Arbeiten von Judith Butler et al. in einer Weise praktisch werden zu lassen, die die altlinke Formel vom Privaten, das politisch sei, in denkbar bedrohlichster Weise zu verwirklichen verspricht. Beatriz Preciados „Kontrasexuelles Manifest“, das den Hass auf Sexus und Trieb selbstbewusst im Titel führt, sowie die „gendertechnologischen“ Schriften Donna Haraways sind die Referenztexte einer gender- und queerlinken Bewegung, die jeden Einzelnen auffordert, die Abschaffung des Leibes zugunsten des „Körpers“ und den Rückbau des Ich zum bewusstlosen Knotenpunkt blinder „Konstitutionsprozesse“ mit Haut und Haaren an sich selbst zu exekutieren. Der anti-humanistische „neue Mensch“, der dabei entstehen soll und wahlweise als „Mensch-Maschine“ oder „Cyborg“ figuriert, hat kein Unbewusstes und kein Triebschicksal, keine Geschichte und kein Begehren mehr. Seine Symbolwelt steht Preciado gemäß nicht mehr im Banne des „Phallus“, sondern des „Dildos“, des puren Konstrukts, das die reale Erfahrung der Verschränkung von Sexualität und Herrschaft liquidiert, indem es Intersubjektivität und Herrschaft konvergieren lässt. In seiner Welt gibt es weder Intimität noch individuelle Liebe, die Impulse der kindlichen Sexualität sind ebenso getilgt wie die Erfahrung der Sterblichkeit des menschlichen Körpers. Sexualität, von jedem Einzelnen als angstbesetzt und rätselhaft empfunden, soll kommensurabel gemacht werden, indem sie zum puren Vollzug eines allgemeinen Gesetzes erniedrigt wird: lästig, aber nötig, frei von jedem Glücksversprechen und damit auch von der Angst vor Enttäuschung. In Anschluss an Günther Anders’ Theorem von der „Antiquiertheit des Menschen“ möchte der Vortrag zeigen, dass die Postmoderne damit endgültig zur praktischen Ethik individueller Selbstauslöschung wird, wie Anders sie in Heideggers Technikbegriff, den der deutsche Faschismus zu verwirklichen suchte, angelegt sah. Magnus Klaue ist freier Autor und schreibt unter anderem für „Bahamas“ und „Jungle World“. [via]

2. Der (post-)moderne KörperOrt der gelebten Möglichkeiten?: In ihrem Vortrag über den postmodernen Körper im Rahmen der Reihe „Kunst, Spektakel und Revolution“ kritisieren Katja und Korinna (siehe ihren Artikel Fat is a feminist Issue hier oder zum anhören hier) aus einer dezidiert feministischen Perspektive ebenfalls das postmoderne Verhältnis zum Körper. Grundthese ist hier mit Marx und Adorno, dass das verdinglichte Gesellschafts-Naturverhältnis in der kapitalistischen Produktionsweise neben einer Beherrschung der äußeren Natur auch die des eigenen Leibes bedeutet. Die so beherrschte und verdrängte Natur kehrt im bürgerlichen Konzept der Weiblichkeit wieder – die verdrängte menschliche Leiblichkeit wird auf die Frau projiziert. Mit der Emanzipation der Frau zum bürgerlichen Subjekt verschärft sich das weibliche Verhältnis zum eigenen Körper jedoch: sie muss Natur zugleich repräsentieren und beherrschen. Was diese Veränderung für weibliche Körperlichkeit bedeutet, hat dabei etwas mit den Veränderungen im Produktionsprozess zu tun: während im industriellen Zeitalter der Körper ein Mittel der Produktion darstellt, wird er im post-industriellen Zeitalter aus dem Produktionsprozess ausgeschlossen und selbst zu einem Gegenstand der Produktion: er wird zu einem gestaltbaren, jederzeit verfügbaren Produkt. Was dies für viele Frauen bedeutet, ist Gegenstand des Vortrags. In Weimar haben Katja und Korinna ihrem Vortrag ein Musikvideo vorangestellt, welches hier angesehen werden kann.

Die Entwicklung des bürgerlichen Subjekts war notwendig verbunden mit der Spaltung des Menschen in Geist und Körper. Die Herrschaft des sich autonom dünkenden Geistes über den Körper bedeutete seitdem, immer einen Teil der körperlichen Bedürfnisse zu verleugnen. Unterdessen zeichnet sich der gegenwärtige Trend eher durch eine tiefe Sorge um den Körper aus. Er ist zu einem Ort der unendlichen Gestaltung avanciert, in dem sich Bilder von Ästhetik, Fitness und Selbstkompetenz vereinen sollen. Dies scheint jedoch zunächst weniger ein Zeichen von Autonomie zu sein als vielmehr der Gewalt gesellschaftlicher Zwänge geschuldet, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Diese äußern sich nicht zuletzt darin, dass der Körper zum bevorzugten Austragungsort innerer Konflikte geworden ist. Spiegelt der destruktive Umgang mit dem Körper einerseits die leidvollen Konflikte des Subjekts mit der Gesellschaft wider, so bleibt ebenso zu fragen, welches emanzipatorische Potential sich im Körperkult ausdrückt. Steckt im Bedürfnis nach der Umgestaltung des eigenen Körpers womöglich ebenso die Anklage gegen das schlechte Bestehende wie der verborgene Wunsch der individuellen Emanzipation? Eine feministische, emanzipatorische Kritik am Körper hieße eine bewusste Reflexion auf dieses Verhältnis von Wünschen und Zwängen, dem versucht wird, nachzuspüren. Katja und Korinna leben in Leipzig. In der letzten Ausgabe der „Outside the Box Zeitschrift für feministische Gesellschaftskritik“ schrieben sie über die feministische Kritik des postmodernen Körperverhältnisses. [via]