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Zur Aktualität des Kommunismus

In Anlehnung an den Themenschwerpunkt der vorletzten Ausgabe der Phase 2 hat sich Inkasso Hasso mit mehreren mehr oder weniger bekannten TextproduzentInnen über Möglichkeit und Schwierigkeit des Kommunismus unterhalten. In dem 38-minütigen Feature kommen zu Wort: Joachim Bruhn, Lars Quadfasel, Roger Behrens, Bini Adamczak, Hannes Gießler, Renate Hürtgen und ein Mitglied der Gruppe TOP Berlin. Ein Schwerpunkt des Features liegt auf der Auseinandersetzung mit demjenigen Teil der kommunistischen Geschichte, der in einer Brutalisierung der Herrschaft des Menschen über den Menschen endete.

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Theodor W. Adorno – Kultur und Verwaltung. Vorträge und Gespräche

Im Folgenden eine Zusammenstellung von Rundfunkvorträgen und Gesprächen von und mit Adorno (Dank an Luis für das Fundstück):

1. Kultur und Verwaltung

Sendung: 26.07./02.08.1959, SWF
Aufnahmeort: Baden-Baden, Kunsthalle
Aufnahmeleitung: Biallowancz; Kranz
Laufzeit: 54:25

Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung. Kultur ist gemäß deutscher Begrifflichkeit der Verwaltung erst einmal entgegengesetzt. Sie soll das Höhere und Reine sein, das, was nicht angetastet und zurechtgestutzt wird. Die Kultur ist damit der nackten Notdurft des Überlebens enthoben. Was jedoch unter die nützlichen Güter eingereiht wird, ging schon immer über die biologischen Notwendigkeiten des Überlebens hinaus. Die Reproduktion der Arbeitskraft ist keine statische Naturkategorie, sondern folgt dem jeweils historisch erreichten Standard. Umgekehrt ist das Nützliche nicht unmittelbares, da nicht aus Gründen der Nützlichkeit, sondern um des Profits willen produziert wird. Kultur soll daher als bewusst unnütz von Planungsmethoden der materiellen Produktion unterschieden sein, damit auf der anderen Seite das angeblich Nützliche an Profil gewinnt. Kultur erhält allen Institutionen gegenüber ein kritisches Moment: Indem überhaupt etwas gedeiht, was nicht zu verwerten ist, zeigt Kultur die Fragwürdigkeit der herrschenden Praxis auf. Durch ihr Unpraktischsein hat die Kunst einen polemischen Zug und wird erst wenn der Kulturbegriff seine mögliche Beziehung zur Praxis einbüßt, ein Moment des Betriebs. Das Polemische und Unnütze wird dann zum Nichtigen oder zum schlechten Nützlichen, nämlich zu den Produkten der Kulturindustrie. Man lässt Kultur in einer Art Zigeunerwagen herumfahren, doch dieser Zigeunerwagen bewegt sich in einer monströsen Halle. Es gibt keine Schlupfwinkel mehr. Keine Armut in Würde, nicht einmal mehr die Möglichkeit des Überwinterns für den, der aus der Verwaltung herausfällt. Spontaneität schwindet, weil die Planung des Ganzen der einzelnen Regung vorgeordnet ist. Kritik wird ausgehöhlt, weil der kritische Geist den reibungslosen kulturellen Ablauf stört. Stattdessen reift parallel zur östlichen Spruchbanddenkerei eine westliche UNESCO-Philosophie heran. Willfährige Intellektuelle, die lebensbejahend den kritischen Geisten verdächtigen, finden sich genug. Der für die Verwaltung typische Jargon ist nicht die Verwaltungssprache des alten Stils, in der noch eine relative Trennung zwischen Verwaltung und Kultur vorlag. Die Verwaltung plustert sich mit Sprachbestandteilen aller gesellschaftlichen Bereiche auf, als wäre jeder Beamte sein eigener Radiosprecher. Nimmt man den Begriff der Kultur als die Entbarbarisierung der Menschen, der sie dem Zustand bloßer Natur enthebt. so ist Kultur misslungen. Kultur ist längst in sich selber fragwürdig zum geronnenen Inhalt des Bildungsprivilegs geworden, der sich als verwalteter Anhang in den Produktionsprozess eingliedert.

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2. Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft?

Sendung: 22.09.1969, SDR
Regie: Heinz Nesselrath
Laufzeit: 57:43

Es geht bei der Unterscheidung dieser beiden Begriffe nicht um eine abstrakte Unterscheidung, sondern um die Frage, ob Marx veraltet ist. Prognosen der Klassentheorie über Verelendung sind nicht so drastisch eingetreten wie erwartet. Der Kapitalismus entdeckte durch die Steigerung der Technik in sich selbst Hilfsquellen, die den Zusammenbruch aufschieben. Im Gegensatz zu der heute mit Hilfe statistischer Erhebungen an Einzelpersonen ermittelten Klassenzugehörigkeit, beruhte die Marxsche Klassentheorie auf der Stellung von Unternehmungen und Arbeitern im Prozess der Produktion und auf der Verfügung über die Produktionsmittel. Eine dialektische Theorie der Gesellschaft befasst sich daher mit den Strukturgesetzen, welche die Fakten bedingen, sich in ihnen offenbaren und gleichzeitig von ihnen verändert werden. Struktur wird hier nicht als Systematisierung verstanden, sondern als das den Daten vorgeordnete System der Gesellschaft. Eine solche Theorie darf sich nicht den Fakten entziehen oder sie zurechtbiegen. Denn eine Dialektik, die es nicht auf Bewegung abgesehen hat, sondern glaubt, invariante Gesetze feststellen zu sollen, ist ein Widerspruch in sich selbst. So geht es bei der Gegenüberstellung von Spätkapitalismus und Industriegesellschaft nicht darum, zwischen diesen beiden Formen zu wählen, vielmehr drückt dieses Verhältnis den Widerspruch aus, der die gegenwärtige Phase kennzeichnet und den die Soziologie artikulieren sollte. Die Irrationalität der gegenwärtigen Gesellschaftsstruktur verhindert ihre rationale Entfaltung in der Theorie. Herrschaft wird über Menschen durch den ökonomischen Prozess hindurch ausgeübt. Unfreiheit und Abhängigkeit von einer der Kontrolle entlaufenen Apparatur breitet sich universal über die Menschen aus. Die gegenwärtige Gesellschaft ist nach dem Stand ihrer produktiven Kräfte durchaus Industriegesellschaft, in ihren Produktionsverhältnissen jedoch Kapitalismus. Die Menschen sind demnach immer noch das, was sie zur Zeit von Marx waren: Anhängsel der Maschinerie. Produziert wird heute wie früher um des Profits willen, allerdings sind die Bedürfnisse inzwischen zu Funktionen des Produktionsapparats geworden und nicht umgekehrt. Die Bedürfnisse werden nicht nur indirekt über den Tauschwert befriedigt, sondern überhaupt erst planmäßig und auf Kosten objektiver Bedürfnisse, wie etwa dem nach Bildung und Information, hervorgebracht. Im Bereich des nicht zur nackten Lebenserhaltung Notwendigen werden die Tauschwerte als solche abgelöst genossen. Sie sind das, was man gemeinhin Statussymbol oder Prestige nennt. Doch nicht die Technik ist das Verhängnis, sondern ihr Verfilzung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen. Der Begriff Industriegesellschaft tut hingegen so, als folge das Wesen der Gesellschaft aus dem Stand der Produktivkräfte, unabhängig von deren gesellschaftlichen Bedingungen. Die Verselbstständigung des gesellschaftlichen Systems gegenüber allen, auch den Verfügenden, hat dabei einen Grenzwert erreicht. Sie ist zu jener Fatalität geworden, die in einer allgegenwärtigen, frei flutenden Angst ihren Ausdruck findet.

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3. Zum 80. Geburtstag von Ernst Bloch

Sendung: 13.06.1965, SWF
Regie: Horst Krüger
Laufzeit: 41:24

Bis zum Erscheinen des „Prinzip Hoffnung“ war „Der Geist der Utopie“ Ernst Blochs chef d’oeuvre. Schon hier wird die Unterscheidung des Helden als dem Blutenden und dem Vollendeten zwischen expressionistischer und klassizistischer Haltung differenziert, ein Ansatz den Bloch sein gesamtes Leben lang verfolgte. Aber schon das Buch selbst sah aus, als sei es von Nostradamus geschrieben. Auch der Name Bloch hatte eine ähnliche Aura: Dunkel wie ein Tor und gedämpft dröhnend wie ein Posaunenstoß. Man konnte meinen, hier sie die Philosophie dem Fluch des Offiziellen entkommen. Eine Philosophie, die sich nicht vor der avancierten Literatur zu schämen hatte, die nicht zur abscheulichen Resignation der Methode abgerichtet war. Sollte gemäß Platon die Philosophie aus dem Staunen, wörtlich dem Sich-Wundern, entspringen, so erhob Blochs Werk Einspruch gegen den zur Selbstverständlichkeit gefrorenen Widersinn, dass Philosophie wichtigtuerisch um das betrügt, was ihre eigentliche Aufgabe ist. Blochs Philosophie begann nicht nur mit dem Staunen, sondern mündete ins Erstaunliche. Das Spezifische der Philosophie Blochs war schon hier als Gestus angelegt: Die Perspektive des messianischen Endes der Geschichte, des Durchbruchs zur Transzendenz, um das sich seine gesamte Philosophie ordnet. Mit dem Begriff der unkonstruierbaren Frage hatte Bloch einen Zweifel gegen die Annahme formuliert, Denken könne von sich aus seinen Namen nennen. Um die Philosophie Blochs genauer fassen zu können, mag ein Vergleich mit Georg Simmel helfen. In Simmels Buch „Philosophische Kultur“ gibt es einen Aufsatz mit dem Titel „Der Henkel“, in Blochs „Geist der Utopie“ handeln mehrere Seiten von einem alten Krug, jedoch einem Krug ohne Henkel, einem, der nicht so unmöglich mit der Gebrauchswelt kommuniziert wie das von Simmel ausgewählte Objekt. Ästhetik wird bei Simmel zum Ästhetisieren. Anstelle unnachgiebiger philosophischer Kraft, die zur Nachgiebigkeit den Objekten gegenüber fähig ist, tritt bei Simmel Bildung. Seine Philosophie bedient sich, wie Brecht sagte, des Silbergriffes, betrachtet nur das ästhetisch Wohlfeile und kapituliert vor dem Kunstgewerbe. Der Text Blochs unterscheidet sich schon auf den ersten Blick durch das Tempo. Kein Gedanke wird exponiert oder in besinnlichen Ausführungen abgewandelt. Es wird wie im Film mit bewegter Kamera gedacht. Schön sind bei Bloch nicht länger die Maßverhältnisse des Kruges, sondern was sich an Werden und Geschichte in ihnen aufgespeichert hat. Das Tempo Blochs ist auch Ungeduld mit der Kultur, die das Noch-nicht-Gewesene verstellt. Die Simmelsche Wald-und-Wiesen-Metaphysik ist bei Bloch verbrannt. Mensch und Krug gleichen sich nicht länger in ihrer dünnen Doppelzugehörigkeit zur Welt ästhetischer Autonomie und praktischer Zweckmäßigkeit. Der Krug Blochs bin ich selber, wörtlich und unmittelbar, dumpfes Muster dessen, was ich werden könnte und nicht sein darf.

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4. Öffentlichkeit – was ist das eigentlich?

Theodor W. Adorno und Arnold Gehlen im Gespräch
Sendung; 18.03.1964
Regie: Horst Krüger
Laufzeit: 56:55

Öffentlicheit als Kategorie und bestimmende Form des Bewusstseins ist aus einer Polemik entstanden, die John Locke im Gegensatz zur geheimen Kabinettspolitik formulierte. Es sollte öffentlich werden was von allgemeinem Interesse ist. Öffentlichkeit ist damit die Beschreibung einer zu erfüllenden Funktion. Der Begriff hat sich inzwischen verselbstständigt und ist zu einer eigenen Macht geworden, einer Sphäre, in das, was zwischen Menschen stattfindet, verdinglicht wird. Der Begriff der Öffentlichkeit geht dabei an Institutionen wie die Medien über, so dass nur das als Öffentlichkeit wahrgenommen wird, was in ihnen erscheint. Gesellschaftliche Fragen werden in den Medien generell privatisiert, etwa bei Wahlen mit der Frage: Wer ist der beste Mann? Das Öffentliche wird hinter dem Schleier des Privaten präsentiert. Das hingegen, was Schutz verdiente, die Privatsphäre der einzelnen Menschen, wird ununterbrochen in die Öffentlichkeit gezerrt. Intimsphäre ist damit das, worüber alle reden. In einer Gesellschaft konkurrierender Wirtschafts- und Klasseninteressen, besteht ein Interesse an Geheimhaltung. Doch in der Geheimhaltung liegt auch ein Moment der Negativität, es ist das Tuscheln der Schamanen, die es besser wissen. Wenn in der Welt, in der wir leben, die einzelnen Gruppen zu Geheimnis und Intrige gezwungen sind, so hat die Öffentlichkeit zumindest das Recht, eine gewisse Kontrolle auszuüben. Die Presse als Medium der Öffentlichkeit hat selbst den Charakter einer öffentlichen Einrichtung. Gleichzeitig erklärt sie ihre eigenen Interessen für die der Öffentlichkeit. Die Medien haben eine privilegierte Stellung. Sobald man in den Raum der Öffentlichkeit eintritt, entsteht eine Potenzierung der Lebenswirklichkeit. Auf der anderen Seite hat das öffentliche Ansehen ein Moment des Scheinhaften. Eine öffentliche Figur zu sein, hat immer auch etwas vom Schauspieler der öffentlichen Rolle. Neben dem Realisierungseffekt gibt es auch einen Vernichtungseffekt. Ein Politiker, der auf dem Fernsehschirm versagt, ist für die Politik unbrauchbar. Was man früher Revolution nannte, sind heute nur noch Verwaltungsakte, die inszeniert werden. Diese Kategorien der Kritik, mit denen das Scheinhafte des Öffentlichen bezeichnet wird, dürfen jedoch nicht den Menschen selbst zugeschrieben werden, Die Öffentlichkeit ist eine noch nicht verwirklichte. Sie ist eine Ideologie, jedoch eine Ideologie, die die Möglichkeit hat, ihre eigenen Verhältnisse zu durchstoßen.

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5. Ist die Soziologie eine Wissenschaft vom Menschen?

Theodor W. Adorno und Arnold Gehlen im Gespräch
Sendung; 28.03.1966, SWF
Laufzeit: 50:07

Die Soziologie ist im Wesentlichen eine Wissenschaft, die sich auf kulturelle Momente bezieht und sich nicht auf anthropologische Prinzipien reduzieren lässt, da es vor dem Menschen keine Kultur gab. Die wichtige Frage der Soziologie ist die, ob krisenhafte Momente der Gesellschaft auf den Menschen selbst zurückzuführen sind oder auf Verhältnisse, die zwar vom Menschen geschaffen wurden, sich aber verselbstständigt haben. Der Fortschritt vollzieht sich heute von selbst. Materielle Lebensgüter und geistige Lebensreize werden immer mehr Menschen zugängig. Hauptsächlich ist es jedoch eine Fortschritt innerhalb der Naturbeherrschung. Die Menschheit ist durch ihn nicht mündig geworden. Das universale Tauschprinzip scheidet die spezifischen Eigenarten der zu tauschenden Güter ab, ebenso die spezifischen Arbeitsformen der Produzierenden und die spezifischen Bedürfnisse derer, die sie empfangen. Gesellschaftliche Verhältnisse werden durch die Technik verdeckt. Der Kalte Krieg hat dazu geführt, dass die saubere Scheidung von Krieg und Frieden nicht mehr gilt. Das alles sind Erstmaligkeiten, für deren Beschreibung die Worte fehlen. Die Menschen sind heute in einem zuvor nicht gekannten Maß von den Institutionen abhängig. Die Institutionen stehen den Menschen als fremde und bedrohliche Macht gegenüber, als eine Fatalität, derer sie sich kaum erwehren können. Diese Fatalität entsteht aus der Tatsache, dass menschliche Verhältnisse und Beziehungen zwischen Menschen sich selbst undurchsichtig geworden sind. Institutionen sind bewahrend und verzehrend. Sie fordern Anpassungsprozesse, die zu einer Verkrüppelung des Menschen führen. Das Verhältnis vieler Menschen zur Technik wird dabei neurotisch. Der Defekt ist zur Norm geworden. Die Menschen bewegen sich viel zu genau in den ihnen vorgezeichneten Bahnen. Sie beziehen daraus eine gewisse Sicherheit im Bezug auf die Realität, entkommen jedoch nicht einer Realangst, die sich aus dem Wissen speist, dass es auch ohne sie geht. Solange man die Menschen entlastet und ihnen nicht die ganze Verantwortung und Selbstbestimmung zumutet, ist ihr Glück in dieser Welt ein Schein, der eines Tages platzen wird. Die Not, die den Menschen zu den entlastenden Institutionen treibt, wird ihnen genau von diesen Institutionen aufgebürdet. Man flüchtet sich zu genau der Macht, die einem das Unheil überhaupt erst antut. Es ist eine Identifikation mit dem Angreifer. Aus dieser Lage kann uns, wie Grabbe sagt, nichts als nur Verzweiflung noch retten.

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6. Soziologische Erfahrungen an der modernen Kunst

Theodor W. Adorno und Arnold Gehlen im Gespräch
Sendung: 28.03.1966, SWF
Laufzeit: 50:07

Bisher war es so, dass die Kunstwerke für einen Liebhaber oder Käufer gedacht waren. Mittlerweile soll das Kollektiv mit der Kunst angesprochen werden. Gerade weil die Beziehung zwischen Kunst und Kollektiv gestört ist, versucht die Kunst diese Grenze zu überspringen. Happening ist zum Beispiel eine Inszenierung von Leben, die Vortäuschung, dass etwas passiert. Es ist ein Versuch, das, was an Leben ausgetrieben ist, das Moment der Unmittelbarkeit und Spontaneität, als Fiktion wieder herzustellen. Gerade weil die Oberfläche der Gesellschaft so dicht ist, dass sie das Wesen dieser Gesellschaft nicht mehr durchlässt, wird die gesellschaftliche Betrachtung auf die Kunst verwiesen. Die Kunst zeigt in einer Art von Chiffre viel von den verborgenen Elementen der Gesellschaft. Sie fällt dabei keine Urteile und braucht keine Begriffe, auch setzt sie keinen positiven Sinn. Sie hat aber insofern Sinn, als sie menschliche Erfahrung ausdrückt und einen Zustand der Gesellschaft widerspiegelt. Diese in der Kunst verkörperten Inhalte bedürfen jedoch der soziologischen und philosophischen Interpretation. Ein Kunstwerk, das sich jeder möglichen Kritik entzieht, gibt damit auch seinen Wahrheitsanspruch auf und ist damit kein Kunstwerk mehr. Dabei gibt es Kunstwerke, die in sich selbst an die Grenze des Schweigens gehen, die eigene Lädiertheit ausdrücken und in ihrer Isolation dennoch einen Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse zu Stande bringen. Eigentliches lässt sich jedoch nicht mehr sagen, so dass sich für jeden ernsthaften Künstler die Frage stellt, ob er nicht aufhören soll. Das Verhältnis der Kunst zur rationalisierten Welt war immer doppeldeutig. Auf der einen Seite hat die Kunst Protest gegen die Verdinglichung ausgesprochen, auf der anderen Seite war sie immer auch in den Prozess eingeordnet und hatte an ihm Teil. Das Verhältnis der Kunst zur Welt der Rationalität ist auch nicht hoffnungslos zufällig, da sie in sich technische Kriterien ausbildet und eigene Gesetzmäßigkeiten hat, an denen sie sich erkennen lässt. Zwar redet kein Mensch mehr von Perspektive oder Harmonielehre, dennoch gehen diese Elemente als erfahrene und negierte in das Kunstwerk ein. Im Widerstand der Kunst gegen die Ordnung der Welt liegt das, was menschenwürdig an ihr ist, denn sie drückt die Hoffnung aus, dass es nicht immer so bleiben muss.

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Schnabelfeld

Marx-Woche beim Hörsaal

Der Hörsaal hat im Mai ausgerechnet den Bundesparteitag von Die Linke zum Anlass genommen, alte Vorträge über Karl Marx zu senden.

  1. In der ersten Sendung kamen Hannah Arendt und Franz Borkenau zu Wort. Erstere mit dem Vortrag »Von Hegel zu Marx« (1953), letztgenannter mit einem Beitrag zum Weg »Von Marx zu Lenin« (1956).
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  2. In der zweiten Sendung ist zunächst ebenfalls Franz Borkenau zu hören mit dem Referat »Mensch und Gesellschaft bei Karl Marx« (1950), anschließend der erste Teil der Rede »Karl Marx und die Gegenwart« (1968) von Siegfried Landshut.
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  3. Die dritte Sendung beinhaltet die Fortsetzung von Landshuts Beitrag sowie den aktuellen Vortrag »Scheidewege der deutschen Geschichte: Die doppelte Staatsgründung 1949«
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  4. Die letzte Sendung des Zyklus behandelt die DDR: »Wiederaufbau und Industrialisierung in beiden deutschen Staaten« von Franz-Josef Brüggemeier und »Die Wende: Fakten, Probleme und Perspektiven« von Jürgen Kocka.
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Die Sendungen sind je etwa 40 bis 50 Minuten lang und 18 bis 23 MB groß.

Den Stachel ziehen? Konflikte um die Edition der Manuskripte von Marx und Engels

Ein weiteres »Satellitenseminar« mit Marx-Philologie von Thomas Marxhausen, Redakteur der MEGA². Sein Referat behandelt die Editionsgeschichte der Marxschen (und Engelesschen) Schriften und die Editionsprinzipien der MEGA1&2. Seine Kritik gilt insbesondere der unter dem Vorzeichen der »Entideologisierung« vorgenommene Entpolitisierung des Werkes Marxens seit 1990.
Der von der RLS bereit gestellte Mitschnitt endet relativ unvermittelt nach 42 Minuten, ist also vermutlich nicht vollständig.

Download: via RLS (39 MB), via MF (12 MB)

Die vielen Schichten der Zwiebel: Wie »Das Kapital« entstand

Marx-Philologie von einem Mitarbeiter der MEGA: Rolf Hecker stellt in diesem von der Rosa-Luxemburg-Stiftung dokumentierten Vortrag die Entstehungs-, Editions- und z.T. auch die Rezeptionsgeschichte der Marx’schen Kritik der politischen Ökonomie dar. 1:55 h

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    Original via RLS (53 MB)
    Kleinere Fassung via MF (33 MB)

»…alle Verhältnisse umzuwerfen…« Die Marxsche Gesellschaftskritik

Per Mail wies mich Tarek freundlicherweise auf den ersten verfügbaren Mitschnitt der im Dezember 2009 vom FreibÄrger organisierten Veranstaltungsreihe »Kritik und Krise« mit Martin Dornis (Bündnis gegen Antisemitismus Leipzig) hin. Aufhänger der Referate sind die kategorischen Imperative von Marx und Adorno. Das erste behandelt also einführend Grundzüge und Genese (z.B. Frühsozialismus) der Marx’schen Gesellschaftskritik.

Download (mp3, mono, 48 kBit/s; 1:16 h; 26,2 MB)

»Das Kapital«. Eine kurzweilige Einführung von Francis Wheen

Francis Wheen hat sich nicht nur als Marx-Biograph hervorgetan (eine „insgesamt ganz nützliche Arbeit“, bemerkt Udo Winkel in der »Exit!« 6), sondern auch eine zwar nicht sonderlich tiefe aber dafür mit Informationen zum Entstehungsprozess und den Lebensumständen des Verfassers gespickte Einführung in die Kritik der politischen Ökonomie geschrieben. Das Hörbuch ist über 4:30 Stunden lang.

Geschlechter- & Produktionsverhältnisse. Über die »unglückliche Ehe« von Feminismus und Marxismus

Die radikale Linke ist sich bewusst (oder sollte es sein), dass eine Kritik der herrschenden Geschlechterverhältnisse im Kontext einer umfassenden Kritik der Gesellschaft und ihrer Produktionsweise stattfinden muss und dass, umgekehrt, eine ihrem eigenen Anspruch nach radikale Herrschaftskritik auch vor noch immer patriarchalen Strukturen nicht halt machen darf.

  1. Eine, die (einen recht traditionellen) Marxismus mit feministischen Forderungen zu vereinbaren suchte und noch immer eine kritische Perspektive auf »Geschlechterverhältnisse als Produktionsverhältnisse« pflegt, ist die Soziologin Frigga Haug. Im Interview mit Radio Z (Nürnberg) sprach sie (2009) über die »unglückliche Ehe von Feminismus und Marxismus«, über die zweite Frauenbewegung und ihr Verhältnis zur damaligen Arbeiterbewegung, über »doppelte Militanz« und ihren eigenen Anspruch, »Marx feministischen zu beerben«.

    (ca. 15 Minuten)

    [Download, Original bei FRN 1, 2]

  2. Welchen Beitrag Marx zur Analyse von Geschlechterverhältnissen geliefert hat, untersucht Robin Stoller in einem von der Rosa-Luxemburg-Stiftung dokumentierten Vortrag. Dieser wurde im Rahmen der hier schon mehrfach erwähnten »Satellitenseminare« im Oktober 2009 gehalten. Stoller wendet sich sowohl ökonomischen wie auch rechts-, staats- und ideologiekritischen Fragen zu.

    Download (mp3, mono, 48 kBit/s; 18,9 MB; 55 Minuten)

  3. Die KPÖ widmete im März 2009 eine Konferenz der Frage »Wie feministisch ist die Linke – wie links ist der Feminismus?«. Die Mitschnitte der Vorträge sind im Cultural Broadcasting Archive der freien Radios Österreich dokumentiert.

    (Je etwa 30, in Haugs Fall über 60 Minuten)
    Ich danke n0b0dy für den Hinweis.

Siehe/höre auch: Weiterlesen

»Das Kapital« Bd. 2: Wieso nicht die Krise, sondern die Stabilität kapitalistischer Produktionsweise das Wunder ist

Einen sehr langen Vortrag zum zweiten Band der Marxschen »Kritik der politischen Ökonomie« hielt Michael Krätke im März 2009 beim »Satellitenseminar« (»Dem Wert auf der Spur«). Er referiert Teile des Inhalts und der Entstehungsgeschichte des »Kapitals«.

Download: Teil 1, Teil 2 (mp3, mono, 40 kBit/s; 29 MB; 1:41 h), Präsentationsfolien (pdf, 117 KB)

Gedankt sei der Rosa-Luxemburg-Stiftung für die Dokumentation des Mitschnitts (in etwas größeren, aber qualitativ gleichen Dateien).

I. Elbe: Marx & Marxismus. Zu den verschiedenen Lesearten der Marxschen Theorie

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung dokumentiert einen im September 2009 gehaltenen Vortrag Ingo Elbes (Rote Ruhr Uni), der von diesem zwar als „kurz“ und „einführend“ angekündigt wird, dann aber doch mehr als eine Stunde Zeit in Anspruch nimmt. Sein Gegenstand ist die Theoriegeschichte des Marxismus, in der er drei (idealtypische) Phasen bzw. Paradigmata der Interpretation des Marx’schen Werkes ausmacht. Elbe untersucht zunächst recht ausführlich den traditionellen, dann wesentlich kürzer den sog. westlichen Marxismus und grenzt schließlich die »Neue Marx-Lektüre« von beiden ab. Im Zentrum stehen dabei philosophisch-method(olog)ische Fragen, sowie (sekundär) das Staatsverständnis der jeweiligen Lesart.

Download:
Große Fassung (mp3, stereo, 128 kBit/s, 63,8 MB)
Kleine (qualitätsgleiche) Fassung (mp3, mono, 48 kBit/s, 23,6 MB)

Hinweise: Textfassung (pdf) des Vortrags. Das hier ausgesparte Thema der Revolutionstheorie behandelt Elbe hier, die staatstheoretischen und -kritischen Auffassungen innerhalb des Marxismus ausführlich hier.

Kritik und Dialektik – Versuch einer einführenden Annäherung an »dialektische Kritik« und »kritische Dialektik«

Kurzbeschreibung: Biene Baumeister, Mitautor des Buches „Situationistische Revolutionstheorie„, referiert beim Negativen Nachmittag der Gruppe „Seltsamer Zusammenschluss“ über die dialektische Methode, Kritik und verkehrtes Bewusstsein.

Audiocharakteristika: mp3, mono, 128 kbps (Gesamtgröße: 68,1 MB)

Gesamtlänge: 74 min

Download: hier oder: Teil 1 & 2

Textfassung des Vortrags: hier (PDF)

Karl Marx: Das Kapital

Das Hauptwerk Marxens, die Kritik der politischen Ökonomie als Hörbuch. Es handelt sich um alle drei Bände in einer von Wal Buchenberg gekürzten und kommentierten Fassung.
Download auch hier (mp3, mono, 64 kBit/s).

Wer lieber nicht alle Dateien einzeln laden möchte, kann diese vier Zip-Archive von je etwa 100 bis 200 MB nutzen: 1, 2, 3, 4.