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Über Marx und die Judenfrage und den Zusammenhang von deutschem Arbeitswahn und Antisemitismus

Nach sieben Wochen Abstinenz meldet sich das Audioarchiv mit zwei aktuellen Vorträgen der Bremer Associazione delle talpe zurück: Während Heribert Schiedel den Antisemitismus mit Hilfe der Marxschen Theorie zu fassen versucht, stellt Klaus Thörner den von Martin Luther geprägten deutschen Arbeitsbegriff und die gewaltsam durchgesetzte deutsche Arbeitsmoral dar und geht deren Auswirkungen bis in die Gegenwart nach.

Heribert Schiedel: Marx und die „Judenfrage“ – Chancen und Grenzen der Kritik der politischen Ökonomie zur Erklärung des Antisemitismus

Dass der moderne Antisemitismus als bürgerliche Basisideologie mit undurchschauter abstrakter Herrschaft in Zusammenhang steht, zeigt schon das Beispiel Karl Marx, der zunächst – in seiner „Judenfrage“ – es noch nicht vermochte, „hinter den Schein der bürgerlichen Gesellschaft, die Zirkulation, zu schauen“ (Detlev Claussen). Erst mit der Entdeckung der Gesetzmäßigkeiten der Wert verwertenden Produktionsweise und hier vor allem des Fetischcharakters der Ware war es möglich, das Wesen hinter der Erscheinung und den Antisemitismus als wahnhafte oder extremste Form fetischistischen Bewusstseins zu kritisieren. Der ,Marxismus’ fiel jedoch rasch hinter diesen Erkenntnisstand zurück: Der Antisemitismus verkam ihm zur Ideologie der Herrschenden, die soziale Wut auf die wieder mit der Zirkulation identifizierten Jüdinnen und Juden umlenken wollten. Oder er wurde als „Sozialismus der dummen Kerls“ (August Bebel), als Übergangstadium zur revolutionären Erkenntnis missverstanden. Genauso verbreitet und nicht minder falsch war der Glaube, dass der Antisemitismus als Kennzeichen vorkapitalistischer Gesellschaften mit diesen von alleine verschwinden werde und die Linke ihn nicht zu bekämpfen brauche.

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Klaus Thörner: „Arbeit macht frei“ – Über den Zusammenhang von deutschem Arbeitswahn und Antisemitismus

Nicht der Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkrieges, der 8. Mai, ist gesetzlicher Feiertag in Deutschland, sondern, seit seiner Einführung durch Adolf Hitler, der Tag der Arbeit am 1. Mai. Auch für die deutsche Linke hat dieser Tag als “Kampftag der Arbeiter” bis heute eine größere Bedeutung als der 8. Mai. Dabei negiert sie den verhängnisvollen Zusammenhang des deutschen Arbeitsverständnisses mit dem Antisemitismus, der sich für die Opfer der Shoah in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern bereits an den Eingangstoren in der Parole “Arbeit macht frei” manifestierte […].

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