Archiv der Kategorie: Audio

Audiobeiträge

Phantasie als Kompetenz. Zur Ideologie der Kreativität in der neueren Pädagogik.

Im Rahmen der Antifaschistischen Hochschultage (unter dem schönen Titel Hört auf zu studieren, fangt an zu begreifen) lud die ag antifa Magnus Klaue nach Halle, um ihn über die Ideologie der Kreativität in der neueren Pädagogik referieren zu lassen. Nach einigen Worten zur Begriffsgeschichte der Kreativität, skizziert Klaue – mit Verweis auf einen Ausspruch Neil Postmans (der vom Verschwinden der Kindheit schrieb) – die Veränderung des Kindheitsbegriffs und zeigt die Umgestaltung der Pädagogik: Am Beispiel der sogenannten unbedingten Schule, einer Reformschule aus Bonn, verdeutlicht er die Integration einstiger Ideologiekritik, um abschließend über die Möglichkeiten einer ästhetischen Erziehung (Schiller) zu sprechen.

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Kulturindustrie is coming heim. Eine Vergangenheitsbewältigung

Alles falsch. Auf ver­lo­re­nem Pos­ten gegen die Kul­tur­in­dust­rie (II)

Eine Buchvorstellung zu diesem im Verbrecherverlag erschienenen Sammelband haben wir bereits vor einiger Zeit dokumentiert. Nun hat mir ein Genosse aus Frankfurt eine weitere Aufzeichnung zugespielt – herzlichen Dank dafür! In ihr ist Mitherausgeber Dirk Braunstein zu hören, der nach einigen Worten zum Inhalt des Bandes aus seinem eigenen Beitrag liest. Es handelt sich um eine treffsicher-polemisch kommentierte Presseschau zu Adornos 100. Geburtstag (2003). Braunstein behandelt damit in angemessener Weise einige hanebüchenen »Würdigungen« Adornos, die im Schlechten nur noch von den – zu diesem Anlass ebenfalls überreichlich und nicht selten im selben Atemzug verbreiteten – dummdreisten »Kritiken« an »Teddie, dem Schlechte-Laune-Bären« übertroffen werden. Und das ist nicht nur hörens- bzw. lesenswert, sondern stellenweise auch (im Einklang mit der Kulturindustrie?) sehr amüsant.

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Twitter/RSS-Feeds

Ich habe gestern einige Zeit damit verbracht, herauszufinden, wie Twitter-Mitteilungen weiterhin als RSS-/Atom-Feed abrufbar sind, nachdem Twitter diese Funktion eingeschränkt bzw. versteckt hat. Außerdem habe ich das Widget in der Sidebar („Zuletzt geschrieben“) erneuert. Wie auch immer, wer unsere Twitter-Neuigkeiten mit einem Feedreader bzw. Mailprogramm wie Thunderbird abonnieren möchte ohne einen Twitter-Account anzulegen, kann – zumindest vorläufig noch – diesen Link nutzen. Das würde ich auch empfehlen, da wir auf Twitter immer wieder auf (kürzere) Beiträge von FRN oder aus dem Öffentlich-Rechtlichen hinweisen, die nicht im Blog und somit auch nicht im Blog-Feed erscheinen.

100 Jahre Jean Améry

Vor hundert Jahren, am 31. Oktober 1912 wurde Jean Améry als Hans Chaim Mayer in Wien geboren. Der politische Essayist und Schriftsteller, von den Nazis als Jude und Widerstandskämpfer verfolgt, interniert, gefoltert, wählte 1978 den Freitod. Die folgenden Beiträge, welche teilweise aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, teilweise aus den freien Radios stammen, erinnern an Améry, an seine leidvolle Biographie ebenso wie an sein leidenschaftlich-engagiertes Schreiben nach 1945.

1. 100 Jahre Jean Améry: Die Unmöglichkeit weiterzumachen.

Roger Behrens geht u.a. Amérys Kritik des linken Antisemitismus und seiner Auseinandersetzung mit Philosophie und Literatur nach.

Jean Améry wurde im April 1945 von den Engländern aus Bergen-Belsen befreit – nach zwei Jahren in verschiedenen Konzentrationslagern, darunter Auschwitz.
Der Schriftsteller polemisierte in den folgenden Jahren gegen alle diejenigen, die die existenzielle Bedeutung des Staates Israels nicht sehen wollten. Denn das Bestehen dieses Staates, so Améry, sei nur vor dem Hintergrund der Katastrophe Auschwitz und der darin enthaltenen Möglichkeit eines zweiten Auschwitz zu sehen. Améry hatte sich selbst immer als der Linken zugehörig betrachtet. Die Ignoranz gegenüber der andauernden Bedrohung Israels und der zunehmende und nur schlecht als „Antizionismus“ verhüllte Antisemitismus ausgerechnet innerhalb der Linken ließen ihn jedoch schließlich an dieser Linken verzweifeln. Wir hören Roger Behrens über Améry, der am (heutigen) Mittwoch 100 Jahre alt geworden wäre.

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ˌKɔmuˈnɪsmʊs. Reflexion über Geschichte, Kritik und Rettung eines bedeutungsschweren Begriffs

Unter dem Titel kommunismus – communismus – ˌkɔmuˈnɪsmʊs. Reflexion über Geschichte, Kritik und Rettung eines bedeutungsschweren Begriffs fand im August 2012 ein Kongress in Oberhausen statt. Dabei wurde der Versuch unternommen, vergangenes kommunistisches (Auf-)Begehren zu reflektieren. Vier Referate der Veranstaltung können wir im Folgenden dokumentieren.
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Die suspendierte Gattung

Zur Kritik der deutsch-europäischen Flüchtlingspolitik

Mit dem von Würzburg ausgehenden Protestmarsch nach Berlin, dem Protestcamps in neun deutschen Städten vorangegangen waren, der Besetzung der nigerianischen Botschaft (siehe auch hier) und der großen Demonstration am 13.10.2012 in Berlin erfährt das Thema der Flüchtlingspolitik zur Zeit erfreulicherweise einige Aufmerksamkeit. Danyal, Autor des Blogs Cosmoproletarian Solidarity, hat im Juni diesen Jahres auf Einladung der AG Gesellschaftskritik in Würzburg einen Vortrag über die europäische Flüchtlingspolitik gehalten. Zum einen gibt er dabei zahlreiche Beispiele für den Umgang der deutschen und europäischen Behörden mit Flüchtlingen, zum anderen formuliert er eine Kritik am Prinzip kapitalistischer Staatlichkeit, das sich systematisch gegen »das flüchtige Leben« richtet. Eine Textversion des Vortrags findet sich auf dem Blog der Zeitschrift »Das Grosse Thier«.

Ankündigungstext: Mehr als 1.500 Exilsuchende starben im Jahr 2011 in jenem Gewässer, das den wesentlichen vom vollends verüberflüssigten Teil der kapitalisierten Gattung trennt. Den vielen anderen nimmt sich Frontex an, die Apparatur zur militärischen Abriegelung der europäischen Außengrenzen vor dem überflüssigen Leben, oder, wenn der eine oder die andere doch durchschlüpft, die Heimatfront aus regierungsamtlicher Schikane, kulturalistischer Betreuungsökonomie und nächtlichem Abschiebekommando. Den Geflüchteten aus den Ruinen des Weltmarkts oder vor Despotien wie dem Iran wird ihre Überflüssigkeit vor dem Kapital wieder eingehämmert: Man kaserniert sie, dass sie nur keine Freude haben an der Selbstbefreiung vom unmittelbaren Zwang und sich wieder aus freiem Willen verflüchtigen. Die Subjektivität, d.h. die Ermächtigung zur Selbsterhaltung, wird ihnen abgesprochen und zwar im Interesse der nationalen Arbeitskraft. Der politische Souverän, der Menschen als Deutsche konstituiert, stundet die Fungibilität der nationalen Arbeitskraft, er täuscht ihre kapitale Wertigkeit nur vor, um so die nationale Formierung zu garantieren. Vor Hunger, Krieg und Tugendterrorismus Geflüchtete sind der Ausschuss jener vernunftwidrigen Sozietät, die von den konkreten Individuen absieht, um sie als Exemplare der kapitalisierten Gattung zu konstituieren, die alsdann aus dem Blut und Boden einer Nation erwachen. Kein politischer Souverän existiert, der ihr Leben zu schützen wagt; keine Zwangsgewalt, die sie als die Ihrigen identifiziert und fähig ist, ihre Selbstverwertung zu verbürgen. (via)

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Die Krise des Geldes und der Geldsubjektivität

Wir dokumentieren im Folgenden die Aufzeichnungen dreier Vorträge, die Anfang Oktober 2012 auf dem Jahresseminar der wert-abspaltungs-kritischen Theoriezeitschrift EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft gehalten worden sind.

Alle Aufnahmen sind auch auf Archive.org zu finden.

1. Georg Gangl: Geld und Zeichen. Eine kleine Ideologiegeschichte

Georg Gangl nimmt sich in seinem Vortrag linker Theorien an, die das Geld als bloßes Zeichen begreifen. Nach einem Abriss der Marxschen Geldtheorie gibt einen Überblick über die Geschichte moderner Sprach- und Zeichentheorien im Kontext subjektivistischer Ökonomie, angefangen bei Ferdinand de Saussure. Im Hauptteil steht dann Derridas Geldtheorie im Zentrum der Kritik. Die Diskussion (mit Beiträgen u.a. von JustIn Monday und Roswitha Scholz) kreist u.a. um das Verhältnis solcher Theorien zur Krisenentwicklung und zum Antisemitismus.

Anfang Juni hieß es in einem Kommentar in der „Taz“, dass Geld kein Apfel sei, sondern eine soziale Konstruktion, die sich schlussendlich auf Vertrauen gründe. Diese Gegenüberstellung ist in ihrem einfachen Gegensatz (Geld als Ding vs. Geld als soziale Konstruktion) leicht als kapitalistische Ideologie zu dechiffrieren. Und in der Tat gibt es im Kapitalismus die ideologische Tendenz, Kategorien von gesamtgesellschaftlicher Geltung zu subjektivieren und der gar nicht mehr so neue Schrei in diesem Arsenal ist die soziale Konstruktion, die sich, wenn es politisch wird, auf Vertrauen reduzieren lassen soll. Nun musste sich bereits Marx im ersten Band des Kapitals, bei der fundamentalen Bestimmung der Geldware, nicht nur mit Theoretikern herumschlagen, die meinten, Geld sei nichts Anderes als ein Apfel, sondern auch mit solchen, die Geld als reines „Zeichen“ – und somit als „soziale Konstruktion“ – begriffen. In der „beliebten Aufklärungsmanier des 18. Jahrhunderts“, so Marx, erkannten diese Theoretiker, dass die „Geldform des Dings (…) bloße Erscheinungsform dahinter versteckter menschlicher Verhältnisse“ sei, welche von ihnen aber sogleich „für willkürliches Reflektionsprodukt der Menschen“ erklärt würde.

Diese Kritik ist auch heute noch gegen die modernen ZeichentheoretikerInnen des Geldes hochzuhalten, auch wenn die Marxsche Kulanz gegenüber den ideologiekritisch-aufklärerischen Aspekten der Geldkritiken des 18. Jahrhunderts gegenwärtig nicht mehr angebracht scheint. Denn eine Betonung des Konstruktionscharakters des Geldes geht in der kapitalistischen Ideologiegeschichte nur allzu leicht einher mit dem Benennen von angeblichen Schuldigen, die mit ihren vorgeblichen Machinationen das so wichtige Vertrauen in „unsere“ Konstruktion namens Geld arglistig hintertreiben.

Im Vortrag soll es schwerpunktmäßig um moderne Formen der Zeichentheorie des Geldes gehen, die von einem linguistisch-semiotischen Standpunkt aus argumentieren. Ausgang nimmt diese Art der Geldtheorie von Ferdinand de Saussures Linguistik. Als solche hatte sie zu Marxens Zeiten noch keinen Bestand, aber seine Kritik an der Willkürlichkeit der Zeichentheorien seiner Zeit scheint auch in diesem Fall treffend zu sein. In dieser Hinsicht ist nicht nur De Saussures Verhältnis zu Vilfredo Pareto von Interesse, sondern auch die späteren Weiterentwicklungen dieses ideologischen Gepräges in den Theorien von Jean Baudrillard, Jacques Derrida und Micheal Hardt und Antonio Negri. Dabei sollte klar werden, dass diese „linke“ Form der Geldtheorie und -kritik mit ihrem rechten Gegenpart mehr gemein hat als ihr selbst lieb sein kann und dass sie, akzeptiert bis weit in den bürgerlichen Mainstream, zu nichts Anderem führt als der sozialdemokratischen Illusion einer „demokratischen Kontrolle der Währung“.

2. Peter Bierl: Einige gute Aktionen, neunundneunzig Prozent falsche Analysen. Eine Zwischenbilanz zur Occupy-Bewegung

Seinen Vortrag zur Kritik der Occupy-Bewegung und ihrer ideologischen Elaborate beginnt Peter Bierl mit einem Überblick über die unterschiedlichen Protestbewegungen in verschiedenen Ländern, welche diesem Label zugeordnet werden. Anschließend widmet er sich ideologiekritisch David Graebers Buch Schulden. Die ersten 5000 Jahre.

Die Demonstranten, die in Athen protestierten und im Frühjahr 2011 den Tahrir-Platz in Kairo besetzten, inspirierten Menschen in der ganzen Welt. Den Anfang machten Jugendliche in Spanien und Israel. Aus der Besetzung des Zuccotti-Parks nahe der Wallstreet in New York im September leitet sich der Name für eine neue Bewegung ab: Occupy. Sie verzichtet bislang auf Forderungskataloge im Unterschied zu Globalisierungskritikern und traditionellen Linken. Die Bewegung ist zumindest in den USA und Spanien anarchistisch beeinflusst.

Statt einer sozialdemokratischen Einhegung des Kapitalismus stehen der direkte Anspruch auf Gebrauchswerte und eine direkte Demokratie im Vordergrund. Anstelle des Gipfelhopping der Globalisierungskritiker engagieren sich spanische „Empörte“ ebenso wie Occupy in den USA in Alltagskämpfen: gegen den Abbau von Gesundheitszentren und Bildung, gegen Polizeiterror gegen illegale Einwanderer (Spanien), gegen Zwangsräumungen und Zwangsversteigerungen von Häusern, für Gewerkschaftsrechte (USA). Ihre Methoden sind die direkte Aktion und der zivile Ungehorsam. Das sind erfreuliche Aspekte. In Deutschland dagegen beschränkte sich Occupy aufs Zelten, obskure Gruppen wie die Zeitgeist-Bewegung und die marktradikalen Anhänger der Zinstheorien Silvio Gesells mischen mit.

Occupy pflegt wie viele Linke und Globalisierungskritiker einen regressiven Antikapitalismus. Dazu gehören falsche Vorstellungen von einem Gegensatz zwischen Finanzkapital und „Realwirtschaft“ und dass gierige Banker und Börsianer für alle Übel der Welt verantwortlich wären, was einem verbreiteten Unbehagen in der Bevölkerung entspricht und nach rechtsaußen anschlussfähig ist. Praktisch drückt sich das in Camps im Frankfurter Bankenviertel oder an der Wallstreet aus. Der Anthropologe David Graeber verstellt eine stringente Kritik des Kapitalismus schon im Ansatz, insofern er die Marxsche Werttheorie verwirft. Stattdessen entwickelt er konfuse Vorstellungen über Schulden und Schuldenerlass. Geben-und-Nehmen in Familie, Nachbarschaft, Dorf und Stadtviertel gilt ihm als Kommunismus und zusammen mit Warentausch und Hierarchien als Basis menschlichen Zusammenlebens. Solche Verklärungen schätzt das bürgerliche Feuilleton und feiert Graeber als Mastermind der Bewegung.

In dem Vortrag sollen die Occupy-Bewegung und ihre länderspezifischen Ausprägungen, Aktionen und Strukturen skizziert und die Diagnosen und Perspektiven der Bewegung, ihrer Vertreter und Bezugspersonen kritisch analysiert werden.

3. JustIn Monday: Money makes the mind go round. Spekulationen zur Frage, welche Form der Erkenntnis in der gegenwärtigen Krise zerfällt

JustIn Monday geht in seinem Beitrag u.a. der Frage nach, was passiert, wenn der Alltagsverstand in der Krise sein praktisches Wissen im Umgang mit Geld aufgibt zugunsten eines Erkenntnisinteresses, das sich auf Geld und Geldsystem selbst richtet.

Vom Geld wird in der bürgerlichen Nationalökonomie entweder so gesprochen, als sei es die natürlichste Sache der Welt, oder aber reine Künstlichkeit. Entweder nichts besonderes, oder aber vom Teufel. Erstere Linie geht vom Liberalismus aus und endet bei und mit Keynes. In Adam Smiths Kapitel „Vom Ursprung und der Verwendung des Geldes“ ist Geld schlichtweg die nützlichste Erfindung seit Adam und Eva, weil ansonsten alle Gesellschaftsmitglieder in unpraktisch verschiedenen Einheiten tauschen müssten. Im Hinblick auf diese Eigenart, durch die Wertform der Waren unmittelbar evident gegeben und gleichzeitig der Erkenntnis entzogen zu sein, entwickelte Marx seine Analyse vom Fetischcharakter der Waren. Erkenntnistheoretisch thematisiert wird darin die Grenze der Erkennbarkeit der Welt in der Wertform, wovon die naturwüchsige Entstehung des Geldes Zeugnis ablegt.

Im wesentlichen blieb es bis Keynes bei dieser Konstellation. Einerseits verlängerte dieser die liberale Linie, weil er in „Die wesentlichen Eigenschaften von Zins und Geld“, dem einschlägigen Kapitel in seinem epochemachenden Hauptwerk, Geld ebenfalls als naturwüchsig voraussetzt. Was verwundert, denn immerhin soll es sich dabei um die „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ handeln. Gleichzeitig beendete er die liberale Linie aber auch, weil er diejenigen Eigenarten des Geldes herausarbeitete, die es von allen anderen Waren unterscheidet. Betont wurde nicht mehr seine Allgemeinheit, herausgestellt wurden vielmehr seine Spezifika. Dies lief auf nichts anderes hinaus als aufs bewusste Ende des laissez-faire. Darauf, die geldpolitische Kontrollierbarkeit der Gesetze der Wertform unmittelbar evident zu machen, nachdem die Weltwirtschaftskrise die Notwendigkeit, dies zu tun, auf die Tagesordnung gesetzt hatte.

Das allgemeine Äquivalent, das permanent gegen seinen eigenen Realismus verstoßen hatte, weil es in der Realität immer auch nationale Währung war, verwandelte sich so in nationale Währungen, die nur Bestand haben konnten, solange die nun wesentlich gewordene Geldpolitik es ihnen ermöglichte, als allgemeines Äquivalent erhalten zu bleiben. Das Geld als nationale Währung ist seitdem das Ebenbild jener gesellschaftlichen Konstruktion, als die das Erkenntnissubjekt in den Sozialwissenschaften von der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an bis heute behandelt wird. Aus der „baren Münze des Apriori“ (Alfred Sohn-Rethel) wurde das Gehalt der Angestellten des Bretton-Woods-Systems, deren erkenntnistheoretischer Relativismus dem System der Wechselkurse entspricht, dass sie verwalten. Seit dem Zusammenbruch des Systems noch zwanghafter als zuvor. Sie scheitern an der Reflexion der herrschaftlichen Genesis dieser Konstruktionen mit der gleichen Notwendigkeit wie ehemals der Liberalismus an Wertform und Geld sowie die idealistische Erkenntniskritik an derjenigen des autonomen Subjekts.

Weil zudem die geldpolitische Kontrollierbarkeit der Gesetze der Wertform aber nicht gegeben ist, musste und muss das Geld im Übergang von nationaler Währung und allgemeinem Äquivalent (und zurück) ausgetrieben werden, als sei es vom Teufel. Die unmittelbare Variante hiervon ist die esoterische Geldkritik, die in den letzten Jahren deutlich an Verbreitung gewonnen hat. Ihre grausame Verallgemeinerung ist der Antisemitismus, in dem die tatsächliche Unkontrollierbarkeit der vermeintlichen Übermacht der Juden zugeschoben wird. Er entsteht auch heute wieder im Zerfall der Erkenntnisform des Subjekts in der Krise. Diesmal aber, in seiner antizionistischen Variante, als Symptom der Unhaltbarkeit der zivilen Institutionen des Weltkapitals.

Download via AArchiv: Vortrag (1:10 h, 32 MB), Diskussion (0:34 h, 16 MB)

Eine andere Art von Rundfunk

Ein sehr gelungenes Feature über die Geschichte und Gegenwart der freien Radios in Deutschland hat Maximilian Netter für Deutschlandradio Kultur produziert. Die Sendung reist Auseinandersetzungen linker Medientheorie an und porträtiert dabei Radio Dreyeckland (Freiburg), Radio Corax (Halle), Radio Z (Nürnberg) und PiRadio (Berlin). Download: via AArchiv (mp3; 0:54 h; 123 MB)

Chronologie der Nötigung

Stets kritisch, begibt sich Sachzwang FM diesmal in die Niederungen der sogenannten Realpolitik und beschäftigt sich mit der Euro-Schuldenkrise … Was passiert, wenn zu omnipräsentem ökonomischen Sachzwang die Niedertracht politischer Nötigung hinzutritt?

Die insgesamt vierstündige Doppelsendung beschäftigt sich in mehr oder weniger kurzen, analytischen und ideologiekritischen Episoden mit den politökonomischen Vorgängen im krisengeschüttelten, deutsch dominierten Europa. Der erste Akt enthält zwölf Beiträge aus der Zeit von Mai 2010 bis Oktober 2011.

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Der zweite Akt beinhaltet sechzehn Beiträge – Reportagen, Analysen und Kommentare über die Installation der Technokraten – von November 2011 bis April 2012:

    Download: via AArchiv (2 h, 41 MB)

Update (Sep. 2013): Der dritte Akt ist inzwischen erschienen. Er deckt die Monate Mai und Juni 2012 ab.

    Download: via AArchiv (2 h, 41 MB)

Update (Juli 2014): Der vierte Akt beinhaltet Texte aus den Monaten Juli bis September 2012.

    Download via AArchiv (2 h, 41 MB)

Update (März 2015): Der fünfte Akt behandelt die Zeit von September bis Dezember 2012.

    Download via AArchiv (2 h, 41 MB)

Update (Feb 2016): Der sechste Akt behandelt die Monate Januar bis Mai 2013.

    Download via AArchiv (2 h, 41 MB)

Der siebte Akt behandelt die Monate Juni bis November 2013 .

    Download via AArchiv (2 h, 41 MB)

Die Texte sind von Anton Landgraf, Ernst Lohoff, Axel Berger, Jörn Schulz, Ilka Schröder, Rainer Trampert, Holger Marcks, Chrissi Wilkens, Felix Baum, Peter Nowak, Ralf Hess, Matthias Lehnert, Catrin Dingler, Thorsten Mense, Fabian Westhoven, Bernd Beier, Florian Wagener, Athanasios Marvakis, Panos Dionisos und allesamt der Jungle World entnommen (zu den Titeln vgl. FRN 1 / 2 / 3 / 4 / 5 / 6 / 7).

Once again: Deutschland? Nie wieder [?]

Am Tag nationaler Selbstbeweihräucherung, in einem Jahr in dem immer offensichtlicher zum omnipräsentem ökonomischen Sachzwang die Niedertracht politischer Nötigung durch die europäische Hegemonialmacht – den „Zuchtmeister“ – Deutschland hinzutritt, will das Audioarchiv einmal mehr auf (theoretische) Bemühungen verweisen, die versuchen Kontinuität und Wandel deutscher Ideologie zu bestimmen.
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JustIn Monday zum Verhältnis von Staat und Krise

Marius Meier (Klärwerk/Radio Z) im Gespräch mit JustIn Monday zum Verhältnis von Staat und Krise.

Download: Via FRN (38 MB) | via Klärwerk (~0:30 h, 27 MB) | via AArchiv (14 MB)

Lorettas Leselampe

Sie gehört zu den anspruchsvollsten Sendungen der deutschsprachigen freien Radios. Seit Mitte der 1990er Jahre werden unter ihrem Licht Veröffentlichungen besprochen, die von den Hörern und Hörerinnen sonst potentiell nicht wahrgenommen werden würden. Immer wieder gelang es mit ihr Positionierungen aufzuzeigen und Scheuklappen zu lüften. Ihre klare Position gegen den Antisemitismus in der Linken und ihre Vorliebe für die Kritische Theorie, hoben sich angenehm von vielen anderen Produktionen der freien Radios ab. Auch weil sich die Produktionsbedingungen für sie in den letzten Jahren verschlechtert haben (die Redaktion verkleinerte sich und die verbliebenen Mitglieder verteilen sich auf unterschiedliche Städte), soll sie im Folgenden gewürdigt werden: Lorettas Leselampe vom Freien Sender Kombinat Hamburg.

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Spontaner Kommunismus? Kritische Beleuchtung des Postoperaismus

Während einige Vertreter der Kritischen Theorie in der total verwalteten Welt kein revolutionäres Subjekt mehr ausmachen konnten, lösten sich in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Neuentdeckungen und Abgesängen auf das Proletariat und die Chancen gesellschaftlicher Emanzipation ab. Mit dem Bestseller Empire von Michael Hardt und Antonio Negri, die das Proletariat durch die Multitude ersetzten, keimte im Jahr 2000 gerade innerhalb der Bewegungslinken wieder Hoffnung. Slavoj Žižek sah in diesem Buch gar das Kommunistische Manifest des 21. Jahrhunderts. Die These des Buches, dass zentrale Marxsche Kategorien wie Wert und Klassenstruktur für den gegenwärtigen Kapitalismus mit seinem Primat immaterieller Arbeit bzw. der Wissensproduktion neu gefasst werden müssen, stieß allerdings auf Gegenwehr. Der Abschied vom Wert als Analysekategorie, den die Autoren in der Theorielinie des Postoperaismus vollzogen, erschien allzu wagemutig. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Postoperaismus und marxsche Wertkritik greift Philipp Metzger auf und skizziert im hier dokumentierten Vortrag die Grundkategorien der marxschen Theorien und des Postoperaismus. Metzger leistet damit mehr als eine Annäherung und Kritik der postoperaistischen Theorie.
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Wo keins ist, ist eins #8 – #11

Da ich vermute, dass auch die meisten Nutzer_innen des Audioarchivs nicht die ganzen letzten Sommertage in ihren Zimmern hocken und sich Radiosendungen über Hegel reinziehen, mögen sie es mir verzeihen, dass ich es mit der Regelmäßigkeit etwas habe schleifen lassen und nun schon wieder eine ganze geballte Ladung Philosophie, diesmal gleich vier Ausgaben der Dialektik-Sendung vom FSK auf einmal hier dokumentiere. Vielleicht sind es ja ein paar Stunden, mit denen sich die werten Hörer_innen den kommenden Herbst oder dann den Winter denkerisch versüßen können – hörenswert sind die Sendungen in jedem Fall.

Wo keins ist, ist eins #8 (13.05.2012)

In der Sendung steht die Wirklichkeit als Einheit von Inneren und Äußeren, Kraft und Äußerung, Wesen und Erscheinung im Vordergrund. Hatte die metaphysische und positivistische Tradition die formelle Wirklichkeit als das, was sich widerspruchsfrei denkbar zu erweisen hat, erfasst, so wird mit Hegel die innere Widersprüchlichkeit einer solchen Wirklichkeit aufgewiesen, die sich als zufällig erweist, d.h. nicht notwendig so ist, wie sie ist, sondern auch anders sein kann. Das nötigt Hegel von der formellen zur realen Wirklichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit überzugehen. Ein Kurzschluss von Notwendigkeit und Wirklichkeit, ein überdeterminierter Wirklichkeitsbegriff, wie der Positivismus oder kritische Rationalismus ihn haben, führt dazu, dass schließlich alles, was notwendig sein soll, sich als etwas erweist, was auch ganz anders sein kann. Die reale Möglichkeit der Totalität der Bedingungen einer Sache ist vorhanden, bevor die Sache in Existenz tritt. Fehlen Bedingungen der Veränderung in einer bestehenden Möglichkeit, sind Versuche gesellschaftliche Praxis zum Scheitern verurteilt.

    Download: via AArchiv (mp3; 1:40:36 h; 57,6 MB)

Wo keins ist, ist eins #9 (Juni 2012)

Zur Wirklichkeit gehört nicht nur das Beobachtbare, sondern auch deren Möglichkeiten, Vernunftpotentiale; so endet die objektive Logik Hegels und dies reflektiert auch die materialistische Dialektik Adornos. Der Übergang zum Subjekt oder Begriff des Begriffs hat es in sich. Die Dialektik von Allgemeinen und Besondern wird anhand von Hegels Verständnis von Begriff und deren materialistischer Kritik aufgewiesen wie u.a. Adorno sie zusammenfaßt: »Dialektik heißt nicht, wozu sie in der Parodie wie in der dogmatischen Versteinerung wurde, die Bereitschaft dazu, die Bedeutung eines Begriffs durch eine erschlichene andere zu substituieren; nicht, man solle, wie man der Hegelschen Logik es zumutet, den Satz vom Widerspruch ausstreichen. Sondern der Widerspruch selber: der zwischen dem festgehaltenen und dem bewegten Begriff, wird zum Agens des Philosophierens. Indem der Begriff festgehalten, also seine Bedeutung mit dem unter ihm Befaßten konfrontiert wird, zeigt sich in seiner Identität mit der Sache, wie die logische Form der Definition sie verlangt, zugleich die Nichtidentität, also daß Begriff und Sache nicht eins sind. Der Begriff, der der eigenen Bedeutung treu bleibt, muß eben darum sich verändern; Philosophie, die den Begriff für höher achtet denn ein bloßes Instrument des Verstandes, muß nach deren eigenem Gebot die Definition verlassen, die sie daran hindern möchte. Die Bewegung des Begriffs ist keine sophistische Manipulation, die ihm von außen her wechselnde Bedeutungen einlegte, sondern das allgegenwärtige, jede genuine Erkenntnis beseelende Bewußtsein der Einheit und der gleichwohl unvermeidlichen Differenz des Begriffs von dem, was er ausdrücken soll. Weil Philosophie von jener Einheit nicht abläßt, muß sie dieser Differenz sich überantworten.«(Adorno)

    Download: via AArchiv (mp3; 1:31:24 h; 52,3 MB)

Wo keins ist, ist eins #10 (Juli 2012)

Hegels Begriff des Begriffs als Einheit der Allgemeinheit, Besonderheit und Einzelnem, wurde in der vorherigen Folge von „Wo keins ist, ist eins“ als Ergebnis des Durchgangs durch die Kategorien der Substantialität als Ergebnis der Wesenslogik herausgearbeitet. Den Begriff bezeichnet er als absolute Einheit von Reflexion und Gesetztsein oder Anundfürsichsein. Anundfürsichsein ist der Kontrastbegriff zu allen nur verhältnisweisen, außenrelativen Bestimmungen einer Sache, wie sie bei Hegel beim Staat (Allgemeinwille), christlichem Gott und dem Lebendigen auftritt. Mit dem Gedanken der „Identität von Anundfürsichsein und Gesetztsein“ artikuliert Hegel, daß eine Sache durch sich selbst bestimmt sei, so erweist sich der Idealismus als Theorie der Freiheit. In der materialistischen Dialektik wird aufgewiesen, daß in dieser Art von Subjekt bzw. „Begriff“ gesellschaftliche Arbeit sich verbirgt. Neben einigen Lektüretips zum Idealismus und deren materialistischer Kritik, soll das Verhältnis von Allgemeinen und Besonderen, nun im Kontrast Hegel und Adornos Negativer Dialektik entfaltet werden.

    Download: via AArchiv (mp3; 56,4 MB; 1:38:35 h)

Wo keins ist, ist eins #11 (August 2012)

Die Diskussion der gesellschaftlichen Substanz, die dem Wert der Ware zugrundeliegt, aus der Juli Sendung, wird fortgesetzt. Die folgende Dialektik, die Adorno am Verhältnis vom Allgemeinen und Besonderen herausarbeitete, wird genauer diskutiert: »Je selbstherrlicher das Ich übers Seiende sich aufschwingt, desto mehr wird es unvermerkt zum Objekt und widerruft ironisch seine konstitutive Rolle. Ontisch vermittelt ist nicht bloß das reine Ich durchs empirische, das als Modell der ersten Fassung der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe unverkennbar durchscheint, sondern das transzendentale Prinzip selber, an welchem die Philosophie ihr Erstes gegenüber dem Seienden zu besitzen glaubt. Alfred Sohn-Rethel hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß in ihm, der allgemeinen und notwendigen Tätigkeit des Geistes, unabdingbar gesellschaftliche Arbeit sich birgt. Der aporetische Begriff des transzendentalen Subjekts, eines Nichtseienden, das doch tun; eines Allgemeinen, das doch Besonderes erfahren soll, wäre eine Seifenblase, niemals aus dem autarkischen Immanenzzusammenhang von notwendig individuellem Bewußtsein zu schöpfen.« (Adorno, Negative Dialektik) Es werden Kriterien zur Aneignung der idealistischen Dialektik durch eine materialistische Theorie erarbeitet, die in der Folgesendung historisch weitergeführt wird.

    Download: via AArchiv (mp3; 56,4 MB; 1:38:35 h)

Wo keins ist, ist eins.