Wo die Liebe zu den Ge­set­zen im Staa­te ruht

Über den Zu­sam­men­hang von Weib­lich­keit und Na­ti­on

Im Rückgang an die Anfänge der bürgerlichen Gesellschaft untersucht Karina Korecky in diesem Vortrag Wesen und Entstehung des Geschlechterverhältnisses und der Geschlechtscharaktere. Diese erweisen sich dabei als irrationale Zuschreibungen, die anders als andere Vorstellungen des Aufklärungsdenken – z. B. die Notwendigkeit des Staates – nicht einmal versuchsweise logisch begründet oder rational bestimmt worden sind. Weiblichkeit bzw. die Unterordnung und Unmündigkeit von Frauen bleiben im Medium der Philosophie ebenso unbegründet wie unbegründbar und können daher als »gefühlte Gewissheit« nur Thema von Kunst oder Poesie, nicht aber eines analytischen Denkens sein. Darin ist Weiblichkeit der ebenfalls nur mythisch »bestimmbaren« Nation ähnlich. Wie beide auch innerlich zusammenhängen, zeigt der Vortrag.

Das Referat wurde auf dem wertabspalungskritischen Sommerworkshop (EXIT!) am 23.08.2011 aufgezeichnet.

Ankündigungstext:

Die linke Kri­tik an Staat und Na­ti­on glaubt üb­li­cher­wei­se ohne jene des Ge­schlechts aus­zu­kom­men. Das Ge­schlech­ter­ver­hält­nis spielt keine Rolle für die Kri­tik am Na­tio­nal­staat selbst, son­dern bleibt der Ab­satz »zum Thema Frau­en«, der in Flug­blät­tern auch noch ge­schrie­ben wer­den muss. Auf der Seite der fe­mi­nis­ti­schen Theo­rie ver­hält es sich nicht viel an­ders: wo der Staat über­haupt zum Thema wird, sind Weib­lich­keit und Na­ti­on so etwas wie »Struk­tur­ka­te­go­ri­en« oder auch »Dis­kur­se«, die qua ana­ly­ti­scher Tren­nung nur noch äu­ßer­lich auf­ein­an­der be­zo­gen wer­den kön­nen.

Statt­des­sen müss­te aber die bür­ger­li­che Ge­sell­schaft als Ganze be­trach­tet wer­den. Die Ent­ste­hung der Ge­schlechts­cha­rak­te­re und jene der Na­ti­on gin­gen Hand in Hand, so viel ist of­fen­sicht­lich. Bei Rous­seau et al sind es die Frau­en, in deren Hän­den »die Liebe zu den Ge­set­zen im Staa­te« ruht. Die Ge­sell­schaft der Frei­en und Glei­chen brach­te und bringt in ihrem Wer­de­gang ihr Wi­der­spre­chen­des her­vor: die Frau­en als Dif­fe­ren­te, die Na­tio­nen als be­stimm­te. Sie sind nicht ein­mal in die Welt ge­kom­men und gut war, son­dern müs­sen sich per­ma­nent neu re­pro­du­zie­ren. Darin setzt sich ihre Ent­ste­hung in der Dia­lek­tik der Auf­klä­rung fort – Grund genug, den Blick auf die An­fän­ge bür­ger­li­cher Ge­sell­schaft zu rich­ten. Daran wird sich zei­gen, dass die Kri­tik der Na­ti­on fe­mi­nis­tisch sein soll­te und um­ge­kehrt jene von Ge­schlecht und Liebe nicht ohne Be­zug­nah­me auf den ge­sell­schaft­li­chen Zu­sam­men­hang, der sie her­vor­bringt, aus­kommt.

Ein Gedanke zu „Wo die Liebe zu den Ge­set­zen im Staa­te ruht

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