Kritik als subversive Praxis? Gesellschaftskritik im Spannungsfeld von Kritischer Theorie und Poststrukturalismus

Vortrag von Lars Gertenbach, im Januar 2010 aufgezeichnet und dokumentiert vom Arbeits- und Aktionskreis kritischer Studierender Kiel. Es geht um unterschiedliche Typen von Gesellschaftskritik, die insbesondere hinsichtlich ihres Standpunktes und ihrer normativen Grundlage untersucht und darstellt werden.

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Ankündigungstext:

Zeiten der Krise sind – so könnte man meinen – auch Zeiten der Kritik. Doch nicht erst das Ausbleiben wirklicher Gesellschaftskritik angesichts der derzeitigen Krise wirft die Frage auf, was unter Kritik eigentlich zu verstehen ist. Ist Kritik mehr als eine bloße Empörung, mehr als eine verbalisierte Beschwerde? Wie funktioniert Kritik, was zeichnet Gesellschaftskritik aus? Und vielleicht noch wichtiger: aus welchen Grundlagen schöpft sie sich, von welchem Standpunkt aus operiert sie? Was also sind die Fundamente der Kritik, die normativen Maßstäbe, auf die sie sich gründet und von denen aus etwas als falsch, problematisch oder fatal kritisiert wird?
Diese Fragen bilden den Ausgangspunkt des Vortrages, der unter Rückgriff auf die Diskussionen zwischen Kritischer Theorie und Poststrukturalismus der Frage nachgehen wird, ob und wie sich Gesellschaftskritik in der modernen Gesellschaft überhaupt begründen und ausweisen lässt. Dass es hierfür nicht länger einen Standpunkt außerhalb der Gesellschaft gibt, dürfte spätestens seit Adorno und Horkheimer auf tragische Weise deutlich geworden sein. Während die darauf folgenden Generationen der Kritischen Theorie (also v.a. Habermas und Honneth) dieses Problem durch eine Rückgewinnung normativer Kritikmaßstäbe zu bewältigen versuchen, gehen poststrukturalistische Positionen noch über Adorno und Horkheimer hinaus und begreifen dieses Scheitern als Chance zu einer anderen, nicht begründungsorientierten sondern subversiven Form der Kritik.
Vor diesem Hintergrund greift der Vortrag die Debatten innerhalb von Gesellschaftskritik und normativer Philosophie auf, um verschiedene Formen der Gesellschaftskritik voneinander zu unterscheiden und auf ihre Probleme hin zu befragen. Eine zentrale These dabei ist, dass die begründungsorientierten Kritikmodelle nicht nur immanente Probleme aufweisen, sondern auch

Literatur:

  • Theodor W. Adorno: Kritik, in: Kulturkritik und Gesellschaft II. Gesammelte Schriften, Bd. 10.2, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1997, S. 785-793.
  • Thomas Lemke: Andere Affirmationen. Gesellschaftsanalyse und Kritik im Postfordismus, in: Axel Honneth/ Martin Saar (Hg.): Michel Foucault. Zwischenbilanz einer Rezeption. Frankfurter Foucault-Konferenz 2001, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 259-276.
  • Axel Honneth: »Rekonstruktive Kritik unter genealogischem Vorbehalt. Zur Idee der Kritik in der Frankfurter Schule«, in: ders. (Hg.), Pathologien der Vernunft. Geschichte und Gegenwart der Kritischen Theorie, Frankfurt/M., 2007, S. 57-69.
  • Michel Foucault: Was ist Kritik?, Berlin: Merve 1992.

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