Systemkrise. Warum der Kapitalismus an sich selber scheitert

Im Rahmen der vom Jugendhaus Erlangen in Kooperation mit der örtlichen VHS durchgeführten Veranstaltungsreihe »Krise und Ideologie« referierte Claus Peter Ortlieb (EXIT!) am 25.10.2010 über die inhärente Krisentendenz des Kapitalismus und ihre aktuelle Zuspitzung. Seine Ausführungen umfassten dabei auch Entgegnungen zur Kritik Michael Heinrichs.
Als weiterführende Literatur empfiehlt sich der ausführliche Aufsatz »Ein Widerspruch von Stoff und Form«.
In der anschließenden Diskussion, die hier ebenfalls dokumentiert wird, kamen unter anderem Daniel Späth, Roswitha Scholz und Robert Kurz zu Wort. Da aber das sonstige Pu­bli­kum schein­bar zu einem nicht un­be­deu­ten­den Teil aus Pro­pa­gan­dis­ten des Be­din­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­mens, Zins­knechts­schafts­ideo­lo­gen u.Ä. be­stand, ist dem Re­sü­mee des letztgenannten zu­zu­stim­men: Die meisten Dis­kus­si­onbei­trä­ge be­fin­den sich nicht an­nä­hernd auf dem Ni­veau des Vor­trags (bzw. auf der Höhe des Pro­blems).

Download: Vortrag (1:10 h, 24 MB), Diskussion (0:52 h, 18 MB)

Interview zum Thema mit Ortlieb:

(Radio Z, 3 Minuten)

Ankündigungstext:

25. Oktober 2010

Systemkrise – Warum der Kapitalismus an sich selber scheitert

Referent: Claus Peter Ortlieb (Hamburg)

Die vorherrschende Erklärung für die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise besteht darin, sie auf die Krise des Finanzsektors oder gar die „Gier“ und den „Größenwahn“ seiner Protagonisten ursächlich zurückzuführen. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass das Wachstum der Weltwirtschaft seit Jahrzehnten wesentlich durch spekulative Differenzgewinne und Defizitkreisläufe, also durchs Schuldenmachen in Gang gehalten wurde. Die Rede vom „Übergreifen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft“ ist deshalb irreführend.

Tatsächlich wurde die seit Anfang der 1980er Jahre wirksame Krise der Realwirtschaft durch kreditäres deficit spending nur immer weiter aufgeschoben, bis die Kreditgeber schließlich an den zunehmend fauler werdenden Krediten zu ersticken drohten. Die nahe liegende Frage nach den tieferen Ursachen der realwirtschaftlichen Krise, also der Unmöglichkeit, noch in ausreichendem Maße reale Gewinne zu machen, wird dagegen nicht gestellt, weil sie in der Tat ein Ende des Kapitalismus und nicht nur die mangelnde Tragfähigkeit besonderer Modi kapitalistischer Vergesellschaftung ins Blickfeld rücken würde. Von dieser Frage soll hier die Rede sein.

Der Versuch einer Antwort knüpft an die mehr als 150 Jahre alte Marxsche Bestimmung eines innerkapitalistischen Widerspruchs an, den Marx für geeignet hielt, die auf dem Wert beruhende Produktionsweise „in die Luft zu sprengen“. Und zwar auch dann, wenn weit und breit kein revolutionäres Subjekt zu sehen ist, das willentlich ein Ende des Kapitalismus herbeiführen wollte: „Das Kapital ist selbst der prozessierende Widerspruch dadurch, daß es die Arbeitszeit auf ein Minimum zu reduzieren sucht, während es andrerseits die Arbeitszeit als einziges Maß und Quelle des Reichtums setzt.“ Marx (Grundrisse: 593)

Dieser Widerspruch treibt die kapitalistische Wachstumsdynamik zwanghaft an, die jetzt an ihre Grenzen stößt: auf die innere Schranke der unmöglich werdenden Mehrwertproduktion und auf die äußere, ökologische Schranke.

Claus Peter Ortlieb, Jahrgang 1947, ist Professor für Mathematik an der Universität Hamburg und Redakteur der Zeitschrift EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft. Arbeitsschwerpunkte: Wissenschafts- und Erkenntniskritik, Ökonomiekritik, Krisen-theorie.

3 Gedanken zu „Systemkrise. Warum der Kapitalismus an sich selber scheitert

  1. argolis

    Die Files sind auf Mediafire leider nicht mehr zu haben. Habt ihr die noch irgendwo rumliegen?

  2. O)(O

    Was ne geile Diskussion! Das beste Publikum das ich je gehört habe. Da ist ja wohl alles an regressivem Pack versammelt, was nur zusammen kommen kann.

    Realsatire!

Kommentare sind geschlossen.